"Ich geh' meine eigenen Wege..." sang Heinz Rudolf Kunze einst gewohnt bedeutungsschwanger. In diesen Refrain könnte der Intendant des Centraltheaters getrost einstimmen. Denn eigene Wege, die geht er in der Tat. Sehr eigene sogar. Denn nach der L-IZ vorliegenden Informationen geht es um eine abgelehnte Vertragsverlängerung, die wieder zurückgenommen wurde.
Und um andere sehr überraschende Dinge, die wohl wieder für Irritationen sorgen werden.
Doch der Reihe nach. Ausgangspunkt war eine Vollversammlung im Centraltheater vom vergangenen Dienstag, 15. März. Auf selbiger soll der Intendant des Hauses in der Bosestraße verkündet haben, dass er die Vertragsverlängerung von 2013 bis 2018, die ihm der in diesem Falle als “Kultur-Oberbürgermeister” fungierende Burkhard Jung anbot, ablehne und Leipzig zu verlassen gedenke.
Das allein wäre schon sehr bemerkenswert, war doch Sebastian Hartmann als Hoffnungsträger angetreten, um aus der grauen Leipziger Theatermaus eine provokante, schillernde Bühnendiva zu machen, die junges Publikum anlocken und für Gesprächsstoff in den Feuilletons sorgen sollte.
Beides durchaus gelungen, auch wenn die Auslastung nach wie vor zu wünschen übrig lässt. Doch erwies sich der streitbare Theatermann einmal mehr als unberechenbar. Denn es waren nach Angaben von Insidern keine fünfzehn Minuten vergangen, da besann sich Sebastian Hartmann offenbar seiner Rolle als Theatermann und ließ ein Talent erkennen, das Shakespeare zur Ehre gereicht hätte. So soll er angeboten haben, seinen Rücktritt noch einmal zu überdenken, wenn man ihm “positivere finanzielle Zusicherungen von Seiten der Stadt machen würde”. Touché! Ein ebenso meisterhaft geführter, schmerzhafter Stich, bedenkt man die klamme Haushaltslage der Stadt.Doch damit nicht genug. Fast im gleichen Atemzug soll der Intendant verkündet haben, die Neue Szene noch in diesem Jahr zu schließen. Weiter solle die Interimsspielstätte “Das weiße Haus” mit einer Halle umbaut werden und in die Disco Schauspielhaus eine Spielstätte sowie die Verwaltung Einzug halten. Das Pikante an der ganzen Sache: Zu diesen ambitionierten Plänen existieren keinerlei Beschlussvorlagen im Stadtrat.
Aber (wir erinnern uns an Heinz-Rudolf), Sebastian Hartmann ging schon seine eigenen Wege, als er das Schauspiel umbenannte und die Eintrittspreise ohne Einwilligung des Stadtrates ändern ließ (L-IZ berichtete). Nun handelt es sich beim Centraltheater nachweislich um eine städtische Einrichtung, die eine gewisse Auskunftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit hat. Also rief man von Seiten der L-IZ-Redaktion blauäugig an und fragte um die Hintergründe jener Versammlung nach. Das Gespräch war indes kurz und bündig, ja fast schroff. Man würde zurückrufen. “Ganz bestimmt?” fragte der naive, unerfahrene und junge Reporter.
“Ja, ganz bestimmt.”
“Wenn es geht, heute noch, bitte”, äußerte der Journalist den bescheidenen Wunsch.
“Ja, heute noch.” Der Rest war Schweigen.
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Im Rathaus war derweil niemand erreichbar, da sich Burkhard Jung samt PR-Entourage in Fernost tummelte. Verständlich, gehört ja zum Job. Auch wenn man um eine kurze Stellungnahme via Handy gebeten hatte. In Zeiten der Hochtechnologie eigentlich keine Hürde, sollte man meinen. Kam aber nix zurück. Na ja, der “Kultur-Oberbürgermeister” kann schließlich nicht überall und für jeden da sein. Wiewohl er sich die städtischen Eigenbetriebe, also auch das Hartmann’sche Bühnenhaus, ans eigene, ohnehin schon schwer belastete Bein gebunden hatte, weil er mit seinem Kulturbürgermeister Faber nicht zufrieden gewesen war.
Hat er das nun davon? Oder hat er damit eigentlich nicht rechnen müssen, dass er als Boss von Sebastian Hartmann eine echt harte Nuss zu knacken haben würde? Wie dem auch sei. Wir lauern weiter auf erhellende Antworten in diesem interessanten Stück, das ganz nach dem Geschmack jenes altehrwürdigen Mannes aus Stratford-upon-Avon gewesen wäre. Oder hielten es die Beteiligten am Ende gar mit “Othello”, wo es heißt: “Aufrichtig sein und ehrlich bringt Gefahr!”
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