Große Jubiläen werfen ihre Schatten voraus. Jubiläen, da würden andere Flecken im Land Kopfstände machen, um sie zu feiern. Leipzig beklebt erst mal zwei Straßenbahnen. Hat ja noch ein bisschen Zeit. 2012 geht es los, wenn die Thomaner, die Thomasschule und das St. Georg zusammen ihren 800. Geburtstag feiern.

Und sie werden so laut feiern, dass ein etwas jüngeres Jubiläum dabei fast untergehen wird: der 500. Geburtstag der Nikolaischule. – 2013 feiert das Völkerschlachtdenkmal seinen 100. Geburtstag (und damit die Völkerschlacht bei Leipzig ihren 200. Jahrestag), 2014 jährt sich die Friedliche Revolution zum 25. Mal, dann wird es wieder den großen Lichterlauf um den Ring geben – und vielleicht wird auch das Freiheitsdenkmal eingeweiht. Und 2015 ist dann die 1.000 dran. Dann jährt sich die erste urkundliche Erwähnung von urbs libzi zum 1.000. Mal.

Dass das gestern mal wieder einen Pressetermin wert war, hat einen fotogenen Grund: Die LVB hat zwei neue Leoliner mit einer neuen Werbe-Beklebung der Leipzig Tourist und Marketing (LTM) GmbH in Betrieb genommen. Dass die LTM GmbH an Straßenbahnen wirbt, ist nicht neu. “Das machen wir gern und auch schon länger”, sagt Peter Nebe, der Marketing-Chef der LVB. “Und es nützt ja auch. Wenn das Marketing neue Touristen nach Leipzig lockt, haben wir automatisch auch mehr Fahrgäste.”Seit 2005 hatte die LTM GmbH schon eine Straßenbahn im Werbeeinsatz. Nicht ganz so spezifisch, wie seit gestern, aber augenfällig: Eine Niederflurstraßenbahn fuhr mit dem großen Schriftzug “Leipziger Freiheit” durch die Stadt.

“Doch die Bahn musste jetzt in die Generalinspektion. Und die ist bei uns natürlich gründlich. Da muss dann auch die Beklebung dran glauben”, erklärt Peter Nebe den Grund des Wechsels.

“Da haben wir uns natürlich Gedanken gemacht”, was wir jetzt auf die Straßenbahn kleben könnten”, sagt Volker Bremer, Geschäftsführer der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH. “Und da bot sich die Reihe der großen Jubiläen, die jetzt auf uns zukommen, geradezu an.”

Die gibt es freilich nicht als simple Blanko-Erklärung. Sie tauchen auf den beiden Straßenbahnen, die vor allem auf den Linien 7, 3 und 15 unterwegs sein werden, eher in kurzen Motiven auf, die der Leipziger, der sich mit seiner Stadt beschäftigt, sicher bald entschlüsselt. Für das “Thomaner”-Jahr 2012 etwa stehen die Schlüsselworte aus dem Weihnachtsoratorium “Jauchzet, frohlocket”, für das Jahr 2013 steht nicht nur “Lützows wilde Jagd” (1813 von Theodor Körner in Leipzig gedichtet), sondern auch “Mein lieber Schwan!”, Anspielung auf den “Lohengrin” und damit auf Richard Wagner, der im Völkerschlachtjahr in Leipzig geboren wurde. “Wir sind das Volk!” weist dann auf das Jubiläumsjahr der Friedlichen Revolution hin und “in urbe libzi” und “Leipzig feiert!” auf das Jahr 2015.Entworfen hat das Ganze Rayan Abdullah, Professor für Typografie an der HGB Leipzig. Und bezahlt hat’s diesmal im Wesentlichen die Ströer Deutsche Städte Medien GmbH. Immerhin kostet die Ganz-Beklebung einer Straßenbahn um die 10.000 Euro, erklärt Peter Nebe. Wäre die LTM GmbH ein kommerzieller Auftraggeber, müsste sie auch noch 2.000 Euro Miete pro Monat zahlen. Aber in diesem Fall verzichten die LVB darauf. Grund: siehe oben. Es bringt der Stadt ein bisschen Werbung. Einer der beiden Leoliner, die jetzt mit Werbung für die Leipziger Jubiläen durch die Stadt fährt, ist Baujahr 2006, der andere kommt nagelneu aus dem Werk der Heiterblick GmbH in Plagwitz.

Und unübersehbar haben die beauftragten Agenturen diesmal auch darauf geachtet, die Fenster nicht zu verkleben. Immerhin sollen die Bahnen mindestens zwei Jahre so durch die Stadt rollen. Lieber noch länger, wünscht sich Volker Bremer. Mindestens bis 2015 wäre schon schön. Danach hätte man dann schon wieder eine Idee für ein großes Jubiläum: Der Thesenanschlag Martin Luthers jährt sich 2017 zum 500. Mal.

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