Der Stadtrat hat in der Sitzung vom 20. Juni den gemeinsamen Antrag der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen „Familien beraten – Alleinerziehende in Leipzig wirksam unterstützen und entlasten“ beschlossen. Ein Antrag, der ursprünglich vor allem auf die Gruppe der Alleinerziehenden in Leipzig zielte, die – gerade wenn es um finanzielle Unterstützung geht – meist besonders benachteiligt ist. Und die im Dschungel der Maßnahmen ziemlich allein gelassen wird.
Was Familien, die mit wenig Geld über die Runden kommen müssen, ebenso erleben, verschärft sich bei Alleinerziehenden noch einmal. Ihnen fehlt auch noch die Zeit, sich Hilfe zu sichern, Beratungsangebote einzuholen und sich zu informieren im Dschungel der 150 Maßnahmen, die es zur Unterstützung von Familien gibt.
Ursprünglich ein reiner Antrag der Linken, tat sich die Fraktion mit der Grünen-Fraktion zusammen und schrieb zu ihrem Antrag eine Neufassung, die nicht mehr detailliert alles vorgibt, was die gewünschte FamilienServiceStelle leisten soll. Eine solche Stelle gibt es schon in Dresden, die vor allem die Informationsangebote für Familie und Alleinerziehende bündelt.
Die Idee wird seit einem Jahr diskutiert
Und die Idee war nicht einmal die Idee einer einzelnen Fraktion, wie die für Familie zuständige Dezernentin Vicki Felthaus erklärte: Im Jugendhilfeausschuss wurde schon seit einem Jahr darüber diskutiert, wie diese Beratungsangebote gebündelt werden könnten. Und während Linke und Grüne ihre Anträge schrieben, warb die Stadt beim Land schon einmal Fördermittel für die Beratungsstelle ein.
Dummerweise sind diese Fördermittel aber nur bis zum Jahresende gesichert. Im September wird ein neuer Landtag gewählt und es ist völlig unklar, wann der neue Landes-Doppelhaushalt 2025/2026 verabschiedet wird und ob auch entsprechende Fördergelder darin zu finden sein werden.
Und so beschreibt das Amt für Jugend und Familie den Rahmen für das neue Beratungsangebot erst einmal möglichst zurückhaltend: „Bei der Fachtagung des Amtes für Jugend und Familie ‚Familien stärken. Alleinerziehende und Soloeltern im Blick‘ im September 2023 wurde von der großen Teilnehmendenschaft sehr klar der Bedarf an einer Beratung zum Gesamtsystem familienbezogener Leistungen artikuliert.
Eine leistungsübergreifende Beratung zu finanziellen Unterstützungsleistungen ist in Leipzig kaum vorzufinden. Der für die Zielgruppe der Alleinerziehenden formulierte dringende Bedarf besteht zwar ganz besonders für sie, grundsätzlich aber für alle Familienformen.
Daher wird aktuell für das Jahr 2024 ein temporäres Angebot aus Fördermitteln des Landes Sachsen vorbereitet und umgesetzt. Unter dem Namen FamilienServiceStelle wird das Amt für Jugend und Familie in Kooperation mit dem Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf (KEE) umfassende Beratung zu finanziellen Familienleistungen mobil und angedockt an das Familieninfobüro am Burgplatz für alle Familienformen anbieten. Die Ausschreibung für die Mitarbeitenden läuft bis zum 31.03.2024. Anfang 2025 wird diese Maßnahme nach Abschluss evaluiert werden.
Gleichfalls wurde bei der Fachtagung festgestellt, dass sich die Fachkräfte nicht gut über Leipziger Angebote für Alleinerziehende informiert fühlen und sich in der umfassenden Beratung Alleinerziehender nicht gut qualifiziert sehen. Die FamilienServiceStelle wird im Rahmen der konzeptionellen Ausrichtung prüfen, inwiefern Multiplikator/-innenschulungen durchgeführt werden können.
Eine Prüfung, inwiefern die in 2024 zu etablierende FamilienServiceStelle über den 31.12.2024 heraus verstetigt werden kann und soll, ist im Rahmen der Evaluation der Maßnahme durchzuführen.“
Kann man das Beratungsangebot verstetigen?
Und: „Nach Abschluss der temporären Maßnahme FamilienServiceStelle ist im ersten Quartal 2025 im Rahmen der Evaluation zu prüfen, ob und in welcher Form ein Beratungsangebot für finanzielle Familienleistungen kommunal verstetigt werden kann und soll. Der Prüfbericht wird dem Stadtrat zum 31.03.2025 vorgelegt.“
Am 1. August soll es losgehen, sagte Vicki Felthaus. Die antragstellenden Fraktionen rannten also eine offene Tür ein. Trotzdem fiel die Zustimmung zu ihrem gemeinsamen Antrag deutlich aus, mit 39 Stimmen dafür und elf Gegenstimmen.
„Als Stadt sollte es uns eines der wichtigsten Anliegen sein, Familienfreundlichkeit zu stärken und denjenigen, die es besonders benötigen, unter die Arme zu greifen“, kommentiert Beate Ehms, Sprecherin für Gleichstellung der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat, den Beschluss und beschreibt auch die Problemlagen, um die es hier geht.
„Vor allem Alleinerziehende – auch Soloeltern oder Einelternfamilien genannt – sehen sich oft vor großen Herausforderungen im Alltag mit Kind. Dabei sind nach aktuellem Stand in Leipzig derzeit 15.000 Personen alleinerziehend. Neben den psychischen und organisatorischen Aufgaben müssen sie oft auch finanzielle Nachteile schultern. Gründe dafür sind, dass eine Berufstätigkeit nur schwer in Vollzeit ausgeübt werden kann und zustehende Unterhaltszahlungen der Ex-Partner/-innen ausbleiben. Oder aber Familienleistungen werden bei geringem Einkommen gegengerechnet.
Es fehlt an Zeit, um nötige Recherchearbeiten nach Hilfsmöglichkeiten zu leisten, gleichzeitig aber Kinderbetreuung, Job (oder Jobsuche) und Ausbildung, Freizeitaktivitäten und Haushaltsführung zufriedenstellend zu bewältigen. Das soll sich nun ändern!
Wir hoffen, dass die von Linken und Grünen geforderte FamilienServiceStelle Unterstützung für Eltern bringen und auch zu den speziellen Bedürfnissen der Alleinerziehenden beraten kann.“
Das wird sich dann mit „Betriebsaufnahme“ der ServiceStelle im August zeigen. Auch wenn dann schnell die Frage im Raum steht: Wie sichert man das Projekt auch in den nächsten Jahren?
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