Seit dem 18. Mai dürfen die Knirpse zwar wieder in den Kindergarten. Dort gelten Trennungskonzepte, die dafür sorgen sollen, dass sich die Gruppen nicht vermischen. Aber so richtig funktioniert das nicht. Zumindest aus Sicht von Eltern, die ihre Kinder in die Kindertagesstätte „Unikat“ bringen. Und möglicherweise spricht ihr Offener Brief auch anderen Eltern aus dem Herzen.
Der Elternrat der Leipziger Kindertagesstätte hat jetzt einen Offenen Brief geschrieben, den er direkt an die zuständige Sozialministerin Petra Köpping und Kultusminister Christian Piwarz richtet. Denn die Trennungsgebote beeinträchtigen aus Sicht der Eltern den Kita-Betrieb viel zu stark. Sie schlagen den Wegfall all der Einschränkungen vor und dafür mehr Corona-Tests für die Kita-Mitarbeiter/-innen.
Der Offene Brief:
Elternrat der Kindertagesstätte „Unikat“, Leipzig
Leipzig, den 02.06.2020
Offener Brief – Normalbetrieb in sächsischen Kitas und Corona-Tests für Kita-Beschäftigte
Sehr geehrte Frau Petra Köpping, Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Freistaates Sachsen,
sehr geehrter Herr Piwarz, Staatsminister für Kultus des Freistaates Sachsen,
natürlich überwog bei uns zunächst die Erleichterung bzgl. der Kita-Wiederöffnung am 18. Mai. Die meisten Familien hatten sehr anstrengende Wochen hinter sich – auch die Kinder. Jedoch mussten sowohl wir Eltern als auch unsere Kinder feststellen, dass der sogenannte eingeschränkte Regelbetrieb im Kita-Alltag zu gravierenden Beeinträchtigungen führt.
Die Aussetzung der offenen Kita-Konzepte trennt Freundschaften und führt im Kita-Alltag zu Tränen, Stress und Unverständnis bei den Kindern. Die Nutzung von Hof, Spiel- und Ruheräumen ist stark reglementiert. Auch für alltägliche Aktivitäten wie Essen ist der zeitliche Rahmen deutlich strikter, wodurch Stress erzeugt wird und individuelle Freiräume verloren gehen. Zusätzlich entkoppelt das Betretungsverbot für Eltern das Kita-Leben vom Familienleben, was in dieser Situation besonders kritisch ist.
Dies sind keine Luxus-Probleme, sondern stellen ernsthafte Beeinträchtigungen der Möglichkeiten für die Bildung und die Entwicklung der Kinder dar. Der Fokus der Kitas liegt aktuell in der Aufbewahrung der Kinder, was einer offenen, pluralistischen und demokratischen Gesellschaft nicht würdig ist. Einmal mehr müssen Kinder im Vergleich zur übrigen Gesellschaft unverhältnismäßig harte Beeinträchtigungen für die Eindämmung der Corona-Pandemie ertragen.
Eine Vielzahl pädagogischer Fachkräfte sieht den eingeschränkten Kita-Regelbetrieb ebenfalls sehr kritisch. Dieser führt zu einer „enormen Reduzierung von Bildungsanlässen durch die stark eingeschränkten materiellen und räumlichen Möglichkeiten“ und „bedeutet einen Eingriff in die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte der Kinder“.
Daher bitten wir Sie, den Normalbetrieb in sächsischen Kitas zuzulassen. Das dadurch erhöhte Risiko der Corona-Verbreitung ist moderat im Vergleich zum Risiko, dass bei der Einführung des eingeschränkten Regelbetriebs erfolgreich gemanagt wurde – die Erleichterungen wären jedoch enorm.
Des Weiteren bitten wir Sie, Corona-Tests von Kita-Mitarbeiter/-innen einfach und unbürokratisch zu ermöglichen und zu finanzieren. Kita-Mitarbeiter/-innen mit Symptomen müssen unbedingt sofort getestet werden – auch weil Kinder nur selten Symptome zeigen. Eventuelle Corona-Ausbreitungen in Kitas können daher vor allem über Tests von Kita-Mitarbeiter/-innen erkannt werden. Darüber hinaus sollten auch auf Wunsch symptomfreie Kita-Mitarbeitende Corona-Tests regelmäßig durchführen können. Die dadurch vermittelte Sicherheit trägt nicht zuletzt dem persönlichen Risiko der Kita-Mitarbeiter/-innen bei ihrer Arbeit Rechnung.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Schmidt, Martin Berwig, Philine Melzow und Jenny Räsch, für den Elternrat der Kindertagesstätte „Unikat“, Leipzig
Elternrat der Kindertagesstätte „Unikat“, Leipzig – elternarbeit-unikat@gmx.de
Die neue Leipziger Zeitung Nr. 79: Von Gier, Maßlosigkeit, Liebe und Homeschooling in Corona-Zeiten
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