Wer viele Kindertagesstätten planen und bauen muss, der muss auch damit rechnen, dass Projekte nicht rechtzeitig fertig werden oder gar steckenbleiben. Drei Kitas, die eigentlich 2012 fertig werden sollten, rutschen nun in die Planungen der Stadt für 2013. Andere entfallen sogar - meistens, weil sie zu teuer sind.

Recht sicher ist die Inbetriebnahme des Buchkindergartens in der Josephstraße im Frühjahr – 120 Plätze. Völlig offen aber scheint zu sein, was mit den beiden Kita-Bauprojekten der Outlaw Gesellschaft für Jugendhilfe wird. Fünf Kindertagesstätten hat die Gesellschaft in Leipzig in Trägerschaft. Eigentlich sollte schon in diesem Jahr eine neue Outlaw-Kindertagesstätte mit 163 Plätzen in der Schulze-Delitzsch-Straße am neuen Volkmarsdorfer Stadtteilpark entstehen. Das Sozialdezernat gibt nun den Fertigstellungstermin September 2013 an.

Im vierten Quartal 2013 soll auch eine neue Outlaw-Kindertagesstätte in der Blumenstraße 9 – 11 eröffnen. Ein Blick durch den Zaun zeigt: Begonnen haben da noch keine Bauarbeiten. Sie soll die bisherige Outlaw-Kindertagesstätte in einer alten Villa in der Coppistraße 19 ersetzen und die Zahl der betreuten Kinder von 49 auf 90 erhöhen. Nach Angaben von Outlaw selbst werden in der Coppistraße 19 aber nur 34 Kinder betreut.

Mit der Vielzahl Freier Träger hat Leipzig natürlich auch ein kompliziertes Handlungsfeld, bei dem ein Großteil der Initiative eben nicht mehr bei der Stadt liegt. Zwar fordern immer wieder einzelne Fraktionen, dass die Stadt selbst wieder verstärkt als Investor und Träger von Kindereinrichtungen in Aktion tritt. Aber so lange das kein Stadtratsbeschluss wird, wird es wohl auch beim recht komplizierten Zusammenspiel von Stadt und Trägern bleiben. Mit unerwarteten Rückschlägen und Verzögerungen.

“Wir haben deshalb extra eine Projektgruppe gegründet, die sich allein darum kümmert”, sagte Sozialbürgermeister Thomas Fabian am Freitag, 23. November, bei der Vorstellung der Pläne für Kita-Neubauten und Erweiterungen im nächsten Jahr. In der Projektgruppe arbeiten Sozialdezernat und Finanzdezernat zusammen, um die vielfältigen Projektabläufe zu steuern. 2.488 zusätzliche Betreuungsplätze sollen 2013 entstehen. Darunter auch die 324 aus den Neubauten, die eigentlich 2012 schon fertig sein sollten.

Dazu kommen 741 Plätze in Neubauten und Ergänzungsbauten. Eine davon – in der Thietmarstraße 1-11 in Neulindenau – baut die Stadt selbst: 165 Plätze, Inbetriebnahme im 3. Quartal. Was für die Neubauten 2013 die Norm ist: Alle geplanten Neu- und Ergänzungsbauten werden erst in der zweiten Jahreshälfte fertig. Damit kann der abzusehende Mehrbedarf ab dem 1. August, wenn das Recht auf einen Betreuungsplatz für die Unter-Dreijährigen in Kraft tritt, nicht aufgefangen werden.

Also braucht es eine menge Hauruck-Maßnahmen, die noch in der ersten Jahreshälfte kräftig Kapazität schaffen.

Dazu gehören Nutzungserweiterungen in vier bestehenden Einrichtungen, die zusätzlich 192 Plätze schaffen. Der Fröbel-Kindergarten in der Rietschelstraße 52 verdoppelt zum Beispiel seine Kapazität von 60 auf 120 Plätze durch die Einbeziehung des benachbarten Gebäudeteils – Fertigstellung der Erweiterungsmaßnahme aber erst im Dezember. Der Gedanke kam früh auf, das wachsende Dilemma einfach auch mal komplikationslos zu lösen und binnen kürzester Zeit mehrere Kindertagesstätten in Modulbauweise hinzustellen.

“Keine Container”, betont Thomas Schmidt vom Jugendamt. “Es gibt mittlerweile richtig qualitätvolle Angebote, die fast dieselben Standards wie ein fester Neubau haben. Wir haben mittlerweile stapelweise Kataloge auf dem Schreibtisch liegen. Wir sind ja was Besonderes. So eine wachsende Stadt ist interessant für die Anbieter.”

Sechs Kindertagesstätten sollen im Frühjahr auf diese Weise neu entstehen oder erweitert werden.An der Ecke Hermann-Liebmann-Straße / Marcusgasse schafft ein Freier Träger auf diese Weise 165 neue Plätze, in der Bornaischen Straße 184 ist es die Stadt selbst, die eine neue Kita mit 165 Plätzen hinsetzt, An der Querbreite 4 ist es wieder ein Freier Träger, der die Modulbauweise nutzt, um 60 neue Plätze zu schaffen, an der Kasseler Straße entstehen so 165 neue Plätze und in der Haydnstraße im Musikviertel ist es wieder die Stadt, die in Modulbauweise 75 neue Plätze schafft. In Modulbauweise will die Stadt auch drei Kindertagesstätten in Grünau (Grünauer Allee 18, Tarostraße 17-19 und Alte Straße 106) erweitern. Es entstehen hier je 54 zusätzliche Plätze – insgesamt also 162. Und die Kita am Meininger Ring 41 wird ebenfalls um 67 Plätze erweitert.

Was dann 849 neue Betreuungsplätze ergibt, die meisten im Kindergartenbereich. “Aber auch das ist wichtig”, betont Thomas Schmidt. “Denn weil die Kindergärten voll sind, sitzen jetzt oft noch Kinder auf Krippenplätzen, die eigentlich längst im Kindergarten sein müssten vom Alter her.” Man gewinne also – wenn man die Kindergartenkapazitäten aufstocke – auch wieder Krippenplätze.

Insgesamt 327 weitere Plätze sollen in Tagespflege entstehen. Was zumindest auf dem Papier erst einmal 2.488 neue Plätze ergibt – 1.582 im Kindergarten, der Rest für die Unter-Dreijährigen.

Die Modul-Kindertagesstätten seien übrigens kein Provisorium, betont Schmidt. Sie seien alle auf eine Nutzung von 15 Jahren angelegt.

Und das Neubauprogramm ginge auch nach 2013 weiter. 16 neue Projekte listet das Sozialdezernat für die Planungen auf. Und die Summen, die in neue Einrichtungen investiert werden, hat das Dezernat für 2013 und 2014 auch mal zusammenaddiert. Es kommt auf rund 32 Millionen Euro. Davon trägt die Stadt selbst 4,8 Millionen Euro als Eigenanteil. Die Freien Träger, die auch die Mehrzahl der Bauprojekte stemmen, stehen mit 17,8 Millionen Euro in der Planung. Dazu kommen 9,7 Millionen Euro als Fördermittel.

Mit dem “Befreiungsschlag” 2013 könnte sich die Situation mit den Betreuungsplätzen in Leipzig vielleicht schneller entspannen als bisher gehofft, sagt Thomas Fabian. Wenn es alles so kommt. Den Blick auf die Geburtenzahl 2012 erspart das nicht. Denn was Thomas Schmidt aus den Kindertagesstätten so hört, macht zumindest aufmerksam: Immer mehr junge Eltern wünschen sich nicht nur ein oder zwei Kinder. “Der Trend geht zum Drittkind”, so Schmidt. Was den zuständigen Bürgermeister dazu bewegt, auch in den nächsten Jahren weiter steigende Geburtenzahlen zu erwarten.

2012 zumindest sieht es so aus, dass es wieder 5.600 Geburten werden wie 2011.

Man kann zwar auch darüber diskutieren, ob die neuen, deutlich attraktiveren Kindertagesstätten ebenfalls ein Grund dafür sind, dass die Nachfrage wächst und wächst. Aber es sind tatsächlich zwei ganz simple Gründe, die das Problem seit Jahren befeuern: Die andauernde Zuwanderung vor allem junger Menschen nach Leipzig. Und der zunehmende Bedarf der Wirtschaft an jungen, gut ausgebildeten Arbeitskräften – gekoppelt mit einem extrem niedrigen Einkommensniveau. Da brauchen auch die jungen Eltern jedes Einkommen – und natürlich dringend einen Kita-Platz.

In der Regel nach Vollendung des ersten Lebensjahres des Knirpses. Die Betreuungsquote der Unter-Einjährigen liegt bei 1,6 Prozent, bei den Ein- bis Dreijährigen schnellt sie sofort auf 68,8 Prozent hoch. Und wenn alle Bauprojekte 2013 so kommen, rechnet Thomas Fabian sogar mit 75 Prozent.

Die Leipziger Kita-Neubau-Liste seit 2007: www.leipzig.de/imperia/md/content/51_jugendamt/2011_12_12_neubau_kita.pdf

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