Alle Alarmglocken läuten. Das System der Leipziger Kinderbetreuung ist überreizt. Und das, obwohl die Stadt jedes Jahr den Zubau neuer Kapazitäten plant. Auf dem Papier sieht das gut aus. Doch die Statistik verrät nicht, was passiert, wenn geplanten Bauprojekte nicht umgesetzt werden oder sich verzögern. In der Oktobersitzung des Stadtrates nannte Sozialbürgermeister erstmals die Zahl von 700 Betreuungsplätzen, die aktuell in Leipzig fehlen.

Mehrfach wurde jetzt schon in einzelnen Stadtratsfraktionen darüber diskutiert, dass letztlich die Stadt selbst als Investor vorangehen muss, wenn sich die Baumaßnahmen der diversen Freien Träger verzögern. Denn am Ende ist es egal, ob die Träger sich übernommen haben oder nur simple Bauverzögerungen die Eröffnung verhindern. Die Folgen trägt die Stadt. Und leiden müssen Eltern und Kinder.

Am Mittwoch, 24. Oktober, forderten die beiden Linke-Stadträte Rüdiger Ulrich und Juliane Nagel ein Investitionsbeschleunigungsprogramm zur Schaffung neuer Kita-Plätze. “Geplante Investitionen werden nicht rechtzeitig realisiert, und so steht nicht mal die Hälfte der geplanten neuen Plätze (ca. 1.400) in 2012 zur Verfügung”, stellen sie fest. “Da dieser Prozess sich seit Jahren so fortsetzt, hat sich die Situation in der Stadt dramatisch verschärft. Bereits im Oktober sind alle Plätze nahezu ausgebucht. Neuaufnahmen sind damit praktisch bis zum Sommer 2013 kaum möglich. Im vergangenen Zyklus war dieser Zustand erst im Januar erreicht.”

Auch wenn die Verwaltungsspitze inzwischen selbst von 700 fehlenden Kita-Plätzen spreche, sei auch diese Zahl zunächst nur aus der Luft gegriffen. “Eine tatsächlich aktuelle realistische Bedarfserfassung gibt es nicht. Eine daraus sich ergebende Maßnahmeplanung/Investitionsprogramm ebenfalls nicht.”
“Es ist 5 vor 12 Uhr”, warnen sie. “Am 1. August 2013 haben alle Kinder von 1 bis 6 Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Krippe, Tagespflege oder einem Kindergarten. Wie die Stadt das Problem lösen will, ist allerdings nicht zu erkennen. Die Aussage von Bürgermeister Bonew, dass es nicht am Geld liegt, hilft nicht wirklich weiter. Da stellt sich die Frage: Woran liegt es dann, dass sich die Situation von Jahr zu Jahr weiter zugespitzt hat? Wir benötigen ein Investitionsbeschleunigungsprogramm und erwarten, dass die Verwaltung endlich entsprechende Vorschläge unterbreitet.”

Einen entsprechenden Antrag zum Haushalt 2013 hat die Linksfraktion mittlerweile gestellt. Es ist übrigens einer von 42 Änderungsanträgen allein der Linken. Und die Sanierung und den raschen Neubau von Kindertagesstätten, um das derzeitige Defizit von mehr als 700 Plätzen schneller abzubauen, sehen sie dabei ganz obenan.

Es ist ihr Änderungsantrag Nr. 37, mit dem sie die Verwaltung auffordern, die von der Stadt geplanten drei Kita-Neubauvorhaben in der Bornaischen Straße 184, in der Gohliser Straße 5 und in der Demmeringstraße 83 bis 85 zeitlich vorzuziehen. Bereits im Haushaltsjahr 2013 sollen je Einrichtung 100.000 Euro an Planungsmitteln und 200.000 Euro für Baumaßnahmen bereitgestellt werden, was 2013 zusammen 900.000 Euro macht. Für 2014 folge daraus eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von je 1 Million Euro. Spätestens im vierten Quartal 2014 sollen die drei Einrichtungen ans Netz gehen.

Die drei genannten Neubauvorhaben der Stadt sollen laut Plan erst 2016 und später den Eltern zur Verfügung stehen. “Das ist viel zu spät”, stellt die Linksfraktion fest. “Die Plätze werden jetzt benötigt. Die Neubauvorhaben sind deshalb zeitlich vorzuziehen, damit die Plätze spätestens 2014 zur Verfügung stehen.”

Aber es ist ja nicht der einzige Punkt im Leipziger Jugendbereich, wo die Stadt seit Jahren spart und wichtige Finanzierungen immer wieder verschoben hat.

So beantragen die Linken auf diesem Feld auch die Erhöhung der Mittel für die Vereinsarbeit auf den Gebieten Soziales sowie Kinder- und Jugendarbeit, um die derzeitigen Angebote stabil und bedarfsgerecht weiterhin vorhalten zu können, und – was eigentlich schon seit zwei Jahren fällig ist – die Aufstockung des Personals beim Allgemeinen Sozialdienst (ASD), um die Rahmenbedingungen für die Arbeit in diesem verantwortungsvollen Bereich zu verbessern.

Alle 42 Änderunganträge der Linken findet man unter “Haushaltsanträge” hier:
www.linksfraktionleipzig.de

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