In einem Selbsthilfeprojekt in Eutritzsch kam es im Juni 2024 zu einem Feuer, das Gebäude wurde unbewohnbar. Die Behörden gehen von Brandstiftung aus: Seit Dienstag muss sich eine 41 Jahre alte Ex-Bewohnerin unter anderem wegen versuchten Mordes am Landgericht verantworten, die gezündelt und den schlafenden Mitbewohner einer Lebensgefahr ausgesetzt haben soll.

Die Anklage nimmt unter anderem einen Mordversuch an: Die Vorwürfe, die Staatsanwalt Moritz Diekmann am Dienstagmorgen im Leipziger Landgericht gegen Beatrice E. vortrug, wiegen äußerst schwer. Demnach soll die 41-Jährige, die durch Justizbeamte aus der Chemnitzer Untersuchungshaft ins Leipziger Landgericht gebracht wurde, vor über einem halben Jahr in einem Eutritzscher Mehrfamilienhaus gezündelt haben.

An Textilien und Gegenständen gezündelt?

Der Tatort des Geschehens, das sich am 9. Juni 2024 zwischen 02:00 Uhr und 03:00 Uhr zugetragen haben soll, war ein Wohnprojekt.

Dort, im Bereich des Schuhregals am unteren Ende einer Holztreppe, soll Beatrice E. in der fraglichen Nacht vor allem Textilien entzündet haben, so die Anklageschrift. Dies sei im Wissen geschehen, dass Peter O. (Name geändert), damals neben ihr einziger Bewohner des Hauses, in einem Hochparterre-Zimmer wenige Meter entfernt arglos schlief, keine Lebensgefahr befürchtete.

Im Bewusstsein, der Mitbewohner könne im Schlaf an den Brandfolgen sterben, habe sich die Angeklagte kurz nach dem Zündeln in ein angrenzendes Waldgrundstück zurückgezogen, die Flammen lodern lassen.

Lebensrettender Fenstersprung

Zwischenzeitlich sei Peter O. zwar aufgewacht, weil er auf Toilette musste, und habe auf dem Weg dorthin die wahrgenommenen Glutnester an Kleidern und der Treppe mit einem Feuerlöscher beseitigt. Anschließend habe sich der stark alkoholisierte Mann aber wieder ins Musikzimmer schlafen gelegt – im Glauben, das Feuer, dessen Ursprung er nicht hinterfragte, sei beseitigt. Ein gefährlicher Trugschluss: Die Glut verrichtete weiter ihr tückisches Werk, erfasste Textilien und Gegenstände, bevor das Feuer erneut aufflammte.

Diesmal erreichten die Flammen das hölzerne Treppenhaus, drangen über das Obergeschoss bis zum Dachboden vor. Letztlich war es der Rauchmelder, der Peter O. wahrscheinlich das Leben rettete: Aufgeschreckt vom Alarm, wurde der Bewohner erneut munter, nahm das Feuer und die schwarze Rußwolke im Flur war, als er die Tür öffnete. Mit einem Sprung aus dem Erdgeschossfenster konnte er ins Freie flüchten, erlitt durch die eingeatmeten Partikel eine Rauchgasvergiftung.

Die Angeklagte Beatrice E. sei in der Zwischenzeit zurückgekehrt, wählte kurz nach 05:00 Uhr selbst den Notruf. Einsatzkräfte der Hauptfeuerwache und der Feuerwache Nord löschten den Brand. Doch sie konnten nicht mehr verhindern, dass das Haus unbewohnbar wurde: Der Eingangsbereich und das Treppenhaus konnten weder betreten noch genutzt werden, Räume waren verrußt, Fensterrahmen weggebrannt, Glasscheiben zerstört, der Dachstuhl teilweise eingestürzt. Geschätzter Sachschaden: 500.000 Euro.

Angeklagte äußert sich nicht – und erhält überraschende Rückendeckung

Die 41-jährige Beatrice E. war im Zuge der Ermittlung unter Verdacht geraten, wurde im Juli verhaftet. Ein mögliches Tatmotiv benannte die Anklageschrift am Dienstag nicht. Doch geht die Staatsanwaltschaft unter anderem davon aus, dass die Frau versucht habe, einen Menschen heimtückisch zu töten bzw. schwerste Schädigungen der Gesundheit billigend in Kauf genommen habe.

Sie selbst ließ dies über ihre Verteidigung zurückweisen: Beatrice E. bestehe auf ihrer Unschuld, wolle sich aktuell aber nicht weiter äußern, sagte Rechtsanwältin Angela Schröder-Scherrle zum Prozessauftakt. Rückendeckung bekommt die Angeklagte dabei vom Geschädigten selbst: Peter O. wollte Beatrice E., die er als seine Verlobte bezeichnet, im Gerichtssaal den Rücken stärken, kam jedoch zu spät, da der erste Verhandlungstag schon nach Anklageverlesung endete. Beatrice E. könne die Tat nie und nimmer begangen haben, zeigte sich der Mann felsenfest überzeugt.

Ob sich das bewahrheitet, muss der Prozessverlauf zeigen. Die 1. Strafkammer noch neun Termine bis Ende März geplant.

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