Der AfD-Landesverband Sachsen gilt seit letztem Dezember laut Sächsischem Verfassungsschutz offiziell als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ – berechtigterweise, wie jetzt das Verwaltungsgericht Dresden entschied. Die dort zuständige Kammer wies einen Eilantrag der AfD gegen die Einstufung als erwiesen rechtsextrem zurück.

Ausgangspunkt des Streits war ein Antrag des AfD-Landesverbands Sachsen vom 5. Januar 2024 auf einstweiligen Rechtsschutz. Dieser richtete sich gegen den Freistaat Sachsen, vertreten durch das in Dresden ansässige Landesamt für Verfassungsschutz (LfV). Die Behörde hatte den sächsischen AfD-Landesverband nach vierjährigem Prüfprozess im Dezember 2023 als „erwiesene rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft.

Dies gibt den Verfassungsschützern die Handhabe zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, wie etwa dem Anwerben von V-Leuten und Observationsmaßnahmen. Zuvor hatte der AfD-Landesverband als Prüffall und dann als Verdachtsfall gegolten, sozusagen die Vorstufen. Hier sind tendenziell weniger Maßnahmen durch den Verfassungsschutz zulässig.

Gericht: AfD Sachsen agiert gegen Menschenwürde und Demokratieprinzip

Mit dem Eilantrag wollte die AfD Sachsen die Einstufung anfechten und auch die Veröffentlichung eines 134-seitigen Gutachtens erzwingen, welches im Rahmen der Prüfungen durch den Verfassungsschutz erstellt worden war.

Erfolglos, wie sich jetzt zeigte: Das Verwaltungsgericht in Dresden erkannte ausreichend Anhaltspunkte dafür, „dass nach summarischer Prüfung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsteller Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind“, heißt es in einer Mitteilung vom Dienstag.

So bestehe der begründete Verdacht, dass die AfD Sachsen etwa Menschen mit Migrationshintergrund herabwürdige, diesen nur einen niedrigeren Rechtsstatus zuerkennen wolle. Namentlich Asylbewerbern gegenüber gäbe es Haltungen, die Betroffenen verächtlich zu machen und weitgehend rechtlos zu stellen, was nicht mit der Menschenwürde vereinbart werden kann.

Grundlage für diese gerichtliche Einschätzung bildeten zahlreiche öffentliche bzw. öffentlich zugängliche Äußerungen von Funktionsträgern des Antragstellers, also der AfD Sachsen.

Rassismus, Antisemitismus, Verächtlichmachung

Hinzu kommt: „Mit der Betonung eines ‚ethnisch-kulturellen Volksbegriffs‘ verfolge der Antragsteller politische Ziele, mit der die rechtliche Gleichheit aller Staatsangehörigen bzw. die Garantie der Menschenwürde für alle Menschen infrage gestellt werde.

Grundlage für die Einschätzung seien eine Vielzahl von gegen Ausländer und deutsche Staatsangehörige mit ausländischen Wurzeln gerichteten Äußerungen, die auch bei deren Integration in die deutsche Mehrheitsgesellschaft systematisch ausgegrenzt werden und bei denen – bei deutscher Staatsangehörigkeit – die vollwertige Zugehörigkeit zum deutschen Volk infrage gestellt wird“, so die Mitteilung vom Dienstag.

Obendrauf kämen die Kooperation der AfD Sachsen und ihrer führenden Mitglieder mit als verfassungsfeindlich klassifizierten Organisationen und Bestrebungen. Nicht zuletzt gäbe es antisemitische und gegenüber der Verfassung und dem Rechtsstaat verächtliche Äußerungen, befand die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts.

Auch Veröffentlichung eines Gutachtens abgelehnt

Diese lehnte zugleich die Veröffentlichung des 134-seitigen Gutachtens ab, das der Einstufung der AfD Sachsen zugrunde liegt, da hierauf kein Rechtsanspruch bestünde. Der gesamte Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, den Beteiligten steht eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen zu.

Auch die Landesverbände der AfD Sachsen-Anhalt und Thüringen gelten den dortigen Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem, der Bundesverband ist laut Bundesamt für Verfassungsschutz bisher „nur“ ein Verdachtsfall. Die „Junge Alternative“ Sachsen, die Jugendorganisation, hat schon seit April 2023 den Status einer erwiesen rechtsextremen Bestrebung.

Bereits im Dezember 2023 hatte Sachsens LfV-Präsident Dirk-Martin Christian konstatiert, dass es dem AfD-Landesverband um keine sachliche Auseinandersetzung mit politischen Verhältnissen ginge, sondern um die generelle Herabwürdigung der Demokratie.

Vollständiges Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden zur Einsichtnahme

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