Fast vier Jahre liegt der Wohnhausbrand in Beilrode (Landkreis Nordsachsen) nun zurück, der ein Todesopfer forderte: Jetzt muss der Fall erneut vor Gericht verhandelt werden, entschied der BGH. 2022 hatte das Landgericht Leipzig einen 72-jährigen Rentner nach einem Indizienprozess zu zwölf Jahren Haft wegen Brandstiftung mit Todesfolge verurteilt.
Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) stufte dieses Urteil des Landgerichts Leipzigs vom Oktober 2022 als fehlerhaft ein: Diesem zufolge sei es erwiesen, dass Rentner Detlev B. am 21. Juni 2020 vorsätzlich ein Feuer in der Scheune eines Beilroder Einfamilienhauses gelegt hatte.
Die Flammen griffen damals rasch auf den angrenzenden Wohnbereich über. Die Scheune und das Neubauernhaus bei Torgau brannten völlig ab. Für den 47-jährigen Thomas Z. kam jede Hilfe zu spät: Der Mann verstarb, auf seinem Bett im Obergeschoss des Hauses liegend, qualvoll durch eine Kohlenmonoxid-Vergiftung. Er war leiblicher Sohn der Partnerin von Detlev B., alle drei hatten seit Jahren zusammen auf dem Gehöft gelebt.
Staatsanwaltschaft ging von kaltblütigem Mord aus, Angeklagter beteuerte Unschuld
Aus Sicht der Anklagebehörde war die Tat nichts anderes als ein Mord: Detlev B. habe gezündelt, um sich und seiner Partnerin einen Neustart durch eine hohe Versicherungsprämie zu ermöglichen. Den grausamen Tod seines gehbehinderten und chronisch kranken Stiefsohns, den er ohnehin als faul und nutzlos verachtet haben soll, habe der Rentner zumindest billigend in Kauf genommen, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft.
Für einen Mord hatte das Landgericht Leipzig am Ende keinen ausreichenden Beleg gesehen. Die wiederholten Unschuldsbeteuerungen des Angeklagten, der es nicht gewesen sein will, hielt die Strafkammer aber auch für unglaubhaft: Vielmehr sei es dem ehemaligen Bauschlosser darum gegangen, sich und seine Lebensgefährtin aus einer Lage zu befreien, in der Haus, Hof und Wohnsituation mit dem ungeliebten Stiefsohn, der in einem vermüllten Zimmer hauste, aus seiner Sicht zu einer Belastung geworden seien, hieß es im Urteil vom 7. Oktober 2022.
Die Richter sahen Detlev B. hier aufgrund verschiedener Indizien der Täterschaft überführt, wegen Brandstiftung mit Todesfolge wurde der 72-Jährige zu zwölf Jahren Strafvollzug verurteilt.
Revision seitens des Angeklagten verworfen
Gegen diese Entscheidung legten sowohl Anklage als auch Verteidigung Revision ein. Die Staatsanwaltschaft wollte ursprünglich auf lebenslange Haft hinaus, der Anwalt von Detlev B. dagegen auf einen Freispruch wegen zu vieler Zweifel. Er hatte unter anderem die Ermittlungsarbeit heftig kritisiert.
Am Mittwoch nun verwarf der 5. Strafsenat des BGH die Revision des Angeklagten. Dagegen wurde dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft stattgegeben: Die Strafkammer am Leipziger Landgericht habe nicht „beweiswürdigend unterlegt“, dass Detlev B. seine Partnerin nach der angenommenen Brandlegung „sofort“ informiert haben soll, heißt es in der Pressemitteilung des BGH vom Mittwoch.
Gleichwohl sei aus dieser unbelegten Annahme der Schluss gezogen worden, dass Detlev B. womöglich ernsthaft darauf vertraut habe, sein Stiefsohn werde nicht sterben – zumindest sei dies nicht ausgeschlossen.
Tötungsvorsatz muss laut BGH geprüft werden
Ob jedoch tatsächlich kein Tötungsvorsatz im Spiel gewesen sei, müsse noch einmal neu geprüft werden. Verschiedene Details könnten dem widersprechen: So seien etwa 20 Minuten zwischen der Brandlegung und dem Übergreifen des Feuers auf den Dachstuhl vergangen, auch habe Detlev B.s Partnerin schon herabfallende Ziegelbrocken, Bauschutt und Staub wahrgenommen, als ihr die Schocknachricht vom Feuer kommuniziert wurde, heißt es.
Mit der BGH-Entscheidung wird sich nun eine andere Strafkammer des Landgerichts Leipzig den ebenso verzwickten wie traurigen Fall demnächst wieder vornehmen und einen neuen Prozess ansetzen müssen. Termine dafür stehen noch nicht fest.
Az. 5 StR 215/23
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