Ein Hotel in Leipzig-Sellerhausen war im November Schauplatz eines grausigen Verbrechens: Mitarbeiter fanden eine 31-jährige Frau erstochen in einem der Zimmer auf. Jetzt muss sich der mutmaßliche Täter wegen Mordes verantworten: Danny M. (43) soll das Opfer aus blanker Wut darüber getötet haben, dass es keine Beziehung mit ihm eingehen wollte.
Aus der Stimme des Anrufers sprach nackte Panik: „Ich brauche dringend Hilfe! Die bewegt sich nicht mehr!“ Es war am späten Abend des 8. November 2022, als sich Marco F. (35) per Notruf an die Polizei gewandt hatte. Kurz zuvor hatten der Geschäftsführer eines Hotels in Leipzig-Sellerhausen und dessen Rezeptionist die Tür eines Zimmers aufgebrochen – und fanden Malina N. (31) dort leblos auf dem Boden zwischen Doppelbett und Fenster auf. Die Bulgarin war erstochen worden.
Für die Staatsanwaltschaft ein heimtückischer Mord
Über vorliegende Buchungsdaten konnten die Ermittler rasch einen Verdächtigen fassen: Danny M. (43) hatte sich kurz zuvor über booking.com unter seinem Klarnamen das Zimmer für eine Nacht reserviert und vor Ort bar bezahlt. Der Sachsen-Anhaltiner, bislang wegen kleinerer Delikte polizeibekannt, soll Malina N. am frühen Morgen des 8. November 2022 zwischen 5:55 Uhr und 8:10 Uhr mit mehreren Messerstichen getötet haben.
Der angenommene Hintergrund: Die Prostituierte, mit der er im Hotel verabredet war, habe das Verhältnis rein geschäftlich betrachtet und den Wunsch von Danny M. nach einer dauerhaften Beziehung abgelehnt. Aus Sicht der Ermittlungsbehörde ein Tatmotiv auf sittlich niedrigster Stufe.
Dazu kommt Heimtücke, da Malina N. mit keinem Angriff rechnen konnte und völlig wehrlos war, sagte Staatsanwältin Vanessa Fink zum Prozessauftakt. Die Anklage lautet auf Mord, nachdem zunächst wegen Totschlags ermittelt worden war. Danny M. schweigt vor Gericht bislang zu dem schweren Vorwurf.
„Ich habe Panik gehabt, ich habe geweint“
Das Schwurgericht vernahm am Freitag eine Reihe von Zeugen, darunter mit Marco F. auch den Geschäftsführer des Hotels, der die Verstorbene am Abend kurz nach 21 Uhr im Hotelzimmer auffand. Zuvor war das Personal stutzig geworden, da Danny M. nach der gebuchten Nacht den Zimmerschlüssel nicht zurückgegeben hatte, obwohl der Check-out spätestens 11 Uhr hätte stattfinden sollen. Als der vermeintlich eingenistete Hotelgast weder auf Klopfen noch Anrufe im Zimmer reagierte und Wasserrauschen aus der Toilette im Bad zu hören war, brachen die Mitarbeiter notgedrungen die Tür auf, da sie keinen Ersatzschlüssel hatten.
Dort fanden sie Malina N. tot auf, Danny M. war verschwunden.
„Es waren überall Blutspritzer. Ich habe Panik gehabt, ich habe auch geweint“, schilderte der 35-jährige Marco F. eindringlich sein Empfinden. Auch Rezeptionist Abdel S. (27), der seinen Chef zum Zimmer begleitete und ihn schockiert wegrennen sah, erinnerte sich an den Abend: „Sie lag auf dem Boden und es war überall Blut. Ich war unter Schock, konnte nicht glauben, dass so etwas passiert.“ Die Männer setzten umgehend einen Notruf ab, der am Freitag im Gerichtssaal abgespielt wurde.
Keine auffälligen Beobachtungen
Was genau sich vor und während der Tat am 8. November 2022 im Hotel abspielte, soll nun der weitere Prozessverlauf klären. Fest steht, dass die Mitarbeiter des Hotels offenbar keine direkten Beobachtungen im Zusammenhang mit der Gewalttat gemacht hatten.
Geschäftsführer Marco F., der Danny M. nach eigener Aussage noch nie zuvor gesehen hatte, hatte ihm beim Check-in persönlich den Schlüssel ausgehändigt und war in der Nacht, nur wenige Stunden vor der Tat, noch seinem Wunsch nachgekommen und hatte ihm Besteck gebracht.
Auch die Getötete kenne er nicht, sagte Marco F. aus. Anders Rezeptionist Abdel S., der sich zumindest an ihr Gesicht zu erinnern meinte. Ob es damit zusammenhängt, dass Hotels im Allgemeinen auch für Prostitution genutzt werden, blieb unklar. Es sei eine Thematik mit viel drumherum reden, bemerkte der Vorsitzende Richter Hans Weiß.
Damenunterwäsche beim mutmaßlichen Mörder
Die ersten Polizisten, die nach dem Notruf am Tatort eintrafen, hatten alle Mühe, den Geschäftsführer des Hotels nach dem Fund der Leiche zu beruhigen: „Seine Hände zitterten, er hatte Angst, dass der Beschuldigte zurückkehrt“, sagte Polizeikommissar Philipp K. (21) am Freitag. Wenig später übernahmen Kriminaldauerdienst und Mordkommission die weitere Arbeit. Danny M. wurde bereits am nächsten Tag festgenommen.
Besonders bizarr: Im alten Kinderzimmer seines Elternhauses in Sachsen-Anhalt, seiner letzten Meldeadresse, stießen die Fahnder bei einer Durchsuchung auf haufenweise Damenunterwäsche. Was es damit auf sich hat, ist noch nicht geklärt.
Näheren Aufschluss über die Persönlichkeit von Danny M. könnte ein psychiatrisches Gutachten ergeben, das im Laufe der Verhandlung erwartet wird. Dem 43-Jährigen, der lediglich eine abgebrochene Lehre als Florist im Lebenslauf hat, droht eine lebenslange Haftstrafe.
Der Prozess wird fortgesetzt, ein Urteil könnte Anfang Juli fallen.
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