Am Donnerstag, 17. Dezember 2020, durchsuchten Beamte der Soko Rex des Landeskriminalamts zwei Wohnungen und ein Lager in der Stadt und im Landkreis Leipzig. Die Razzien stehen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Betreiber des Szeneversands „Der Schelm“. Der Verlag vertreibt über das Internet strafrechtlich relevante und indizierte Nachdrucke nationalsozialistischer Literatur, darunter Adolf Hitlers „Mein Kampf“.
Bei den Durchsuchungen von mehreren Geschäfts- und Lagerräumen sowie zwei Wohnungen stellten die Ermittler umfangreiches Beweismaterial sicher, darunter versandfertige Bücher und elektronische Speichermedien. In einer Lagerhalle im Landkreis Leipzig beschlagnahmten die Kriminalisten etwa 80 Euro-Paletten mit einer Vielzahl von Paketen, die mehrere tausend Bücher aus dem Verlagsprogramm beinhalteten. Unter diesen befanden sich zahlreiche unkommentierte Nachdrucke des Buchs Mein „Kampf“ von Adolf Hitler.„Aufgrund des Umfangs der Sicherstellungen dauert die Erfassung der Gesamtzahl der Bücher und die Ermittlung von deren Verkaufswert noch an“, teilte LKA-Sprecher Tom Bernhardt am Freitag mit. Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt wegen Volksverhetzung. Bereits im April 2020 hatten die Ermittler sich mit der Auswertung von vorliegenden Beweisen befasst.
Der Schelm-Verlag vertreibt sein Programm seit mindestens 2016 über den Online-Handel, erste Spuren der Verkaufstätigkeiten finden sich bereits ab 2014. Die Website ist derzeit unter einer russischen Domain erreichbar. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich der Verlagsinhaber Adrian Preißinger gegenwärtig in Osteuropa aufhält, das Impressum gibt eine Adresse in Thailand an.
Die Logistik vor Ort übernahm nach Recherchen des Online-Magazins Funk der Leipziger Enrico Böhm.
Der 38-Jährige, der von 2014 bis 2019 für die NPD dem Leipziger Stadtrat angehörte, stammt aus der örtlichen Hooliganszene. Böhm ist vielfach vorbestraft – vornehmlich wegen Gewaltdelikten.
Politisch fiel der Rechtsextremist zuletzt durch die Teilnahme an der Querdenken-Demonstration am 7. November in der Leipziger Innenstadt auf. Weiterhin handelt er im Internet mit Szenedevotionalien. Den Funk-Reportern war bei einem Testkauf aufgefallen, dass ihrer Bestellung beim Schelm-Versand ein Werbeflyer von Böhms eigenem Shop beilag.
Während einer Observation konnten sie den Leipziger schließlich beim Abliefern von Sendungen vor einem Gohliser Paketshop filmen. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.
Zum ersten Beitrag der Reihe zum “Schelmverlag” (2016): “Ein Schelm”
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“Mein Kampf” ist wahrscheinlich noch der legalste unter den Funden …