Die Aussicht auf schnellen Sex endete für zwei Männer in Oschatz ganz anders als gedacht. Statt der vereinbarten „Dienstleistung“ soll es Drohungen und Schläge gegeben haben. Für diese hinterhältige Masche stehen seit Freitag, 30. November 2018, eine Frau und ein Mann vor dem Leipziger Landgericht.
Am 23. April 2018 soll es in der Oschatzer Wohnung des Angeklagten Marcel S. (33) zur ersten Tat gekommen sein. Demnach lockte dessen Freundin Stephanie R. (27) einen Freier dorthin, mit dem sie zuvor sexuelle Leistungen für 180 Euro vereinbart hatte. Doch den Mann erwarteten stattdessen, so die Anklage, Marcel S. und ein unbekannter Mittäter, die ihn massiv bedrohten, schlugen und neben dem schon bezahlten Honorar weiteres Geld verlangten. Am Ende händigte das Opfer ihnen fünf Euro extra aus, zudem fiel bei einem Gerangel dessen Handy zu Boden.
Wenige Wochen danach, am 29. Mai 2018, wurde laut Ermittlern ein weiterer Freier in der Wohnung von Marcel S. mit einem Stock bedroht und geschlagen. Der Mann übergab aus Angst 200 Euro und den geforderten Ausweis.
Geplante Abzocke statt Vergnügen
Beiden Taten lag offenbar ein abgekartetes Spiel zugrunde. Stephanie R. bot auf einer einschlägigen Online-Plattform ihren Körper an, soll jedoch gemeinsam mit Marcel S. seit Anfang 2018 geplant haben, den Kunden das Geld ohne Gegenleistung abzunehmen. Nach ihrem Kalkül würden die Betroffenen aus Scham auf eine Anzeige verzichten. Tatmotiv des Duos, das von Hartz IV lebte, soll Geldnot und Drogensucht gewesen sein. Beide konsumierten Haschisch und Crystal.
Das einstige Paar präsentierte am Freitag abweichende Versionen vom Tatgeschehen. Während Marcel S. vom Nebenerwerb seiner zeitweiligen Freundin und der Nutzung seiner Wohnung nichts gewusst haben will – er habe geglaubt, Stephanie R. habe sich aus dem Prostitutionsgeschäft zurückgezogen – räumte seine Mitangeklagte den Vorwurf der Staatsanwaltschaft ein und belastete damit auch ihren Ex-Freund. Sie ziele auf eine Bewährungsstrafe ab, sagte ihr Verteidiger André Röhrich.
Ihr mutmaßlicher Komplize behauptete dagegen, er sei beim ersten Fall nicht vor Ort gewesen, bei der zweiten Tat sei er nur zufällig dazugestoßen und habe dem Freier aus Wut eine Ohrfeige vepasst.
Richter und Staatsanwalt mahnen Angeklagte
Doch obwohl sie die Vorwürfe nicht bestritt, verhedderte sich Stephanie R. am Freitagnachmittag während der mehrstündigen Auftaktverhandlung in Widersprüche bei vielen Details, die der Vorgabe nach einem glaubhaften Geständnis zuwiderliefen. „Sie dürfen uns alles erzählen, aber wir müssen nicht alles glauben“, mahnte der Vorsitzende Richter Rüdiger Harr die junge Frau. Staatsanwalt Christoph Brückner ergänzte: „Wenn Sie sich hier um Kopf und Kragen reden und wollen auf eine Bewährungsstrafe hinaus, weiß ich nicht, was das sein soll.“
Opfer: „Ich wollte bloß raus“
Gleichwohl fand Stephanie R. bei der Vernehmung des ersten Opfers ein paar Worte des Bedauerns: „Ich hoffe, Sie können mir irgendwann verzeihen“, sagte sie dem Geschädigten Thomas S. (47). Der reagierte nur verhalten auf den Entschuldigungsversuch. Dem Gericht schilderte der Selbständige, wie er im Internet auf das Profil der Angeklagten stieß und sich mit ihr verabredete. Am Ende sah er sich in einer fremden Wohnung zwei Männern gegenüber, die lautstark auf ihn einredeten und ihn bedrohten. „Ich dachte, ich bin nicht im richtigen Film, ich wollte bloß raus.“
Immerhin habe Stephanie R. ihm den finanziellen Schaden inzwischen ersetzt, bestätigte der Zeuge.
Da das zweite Opfer trotz Vorladung am Freitag nicht erschien, wurde der Prozess schließlich auf kommenden Dienstag vertagt. Stephanie R., deren Haftbefehl momentan außer Vollzug ist, dürfte noch einiges zu tun haben, um mit Bewährung davonzukommen. Dem vorbestraften Marcel S. dagegen, seit Mai in Untersuchungshaft, drohen wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung mehrere Jahre hinter Gittern.
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