Die Staatsanwaltschaft hat im Zusammenhang mit dem Naziangriff am 11. Januar 2016 erste Anklagen am Amtsgericht erhoben. Dies geht aus den Antworten von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (Linke) hervor. Die allermeisten der mittlerweile 216 Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.
Die Leipziger Staatsanwaltschaft kommt bei der Aufklärung des Überfalls auf Wohnhäuser, Kneipen und Geschäfte in der Wolfgang-Heinze-Straße nur schleppend voran. Zwar hatten Polizisten 215 Tatverdächtige unmittelbar nach dem Gewaltexzess in einer Seitenstraße festgesetzt. Die Staatsanwaltschaft muss jedoch allen Tatverdächtigen einzeln die Beteiligung an dem Landfriedensbruch im besonders schweren Fall nachweisen. Ein Vorgang sticht bei der Antwort Gemkows an Nagel dennoch hervor. Ein Verfahren ist dem Generalbundesanwalt zur Prüfung vorgelegt worden – ein Anfangsindiz, dass die Staatsanwälte vermuten, dass es um die Bildung einer terroristischen Vereinigung oder zumindest Elemente terroristischer Betätigung gehen könnte.
Erste Verurteilungen gab es bisher im Zusammenhang mit Prozessen gegen Mitglieder der „Freien Kameradschaft Dresden“. Der Zusammenschluss wird von der Generalstaatsanwaltschaft als kriminelle Vereinigung eingestuft. Zwei Neonazis wurden in der Landeshauptstadt wegen Beteiligung an den Krawallen erstinstanzlich verurteilt. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig.
Gegen vier weitere läuft die Hauptverhandlung vor dem Dresdner Landgericht. Zwei Beschuldigte müssen sich voraussichtlich 2018 vor dem Leipziger Amtsgericht verantworten. In den übrigen 208 Fällen dauern die Ermittlungen an. Eines der Verfahren liegt zur Prüfung bei der Bundesanwaltschaft. Bei dem Betroffenen handelt es sich wohl um einen der Angeklagten aus dem Terrorprozess gegen die “Gruppe Freital”, der zurzeit am Oberlandesgericht Dresden verhandelt wird.
Die Neonazis hatten sich am Jahrestag des ersten LEGIDA-Aufmarsches konspirativ zu dem Überfall verabredet. Treffpunkt war nach Aussage von einem der Dresdner Angeklagten eine Autobahnraststätte südlich von Leipzig. Von dort fuhren die Rechten geschlossen nach Leipzig. Ihre Fahrzeuge parkten sie in einem Gewerbegebiet in der Threnaer Straße. Von dort aus gelangten die Angreifer im Schutze der Dunkelheit weitgehend unbemerkt zur Wolfgang-Heinze-Straße. An 16 Fahrzeugen und 23 Geschäften entstand über 112.000 Euro Sachschaden.
Die Anfrage von Juliane Nagel und die Antworten aus dem Justizministerium (PDF)
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“Die Staatsanwaltschaft muss jedoch allen Tatverdächtigen einzeln die Beteiligung an dem Landfriedensbruch im besonders schweren Fall nachweisen.”
Ah. Das weiß man in Hamburg wahrscheinlich noch nicht, oder? Oder gibts für verschiedene politische Richtungen auch verschiedene Gesetze?