Kann das die Zukunft sein? Immer mehr Lkw-Verkehr rollt über Deutschlands Straßen, Autobahnraststätten sind überlastet und immer öfter sorgen spektakuläre Lkw-Unfälle für Aufsehen. So wie am Donnerstag, 29. Juni, als sich auf der Autobahn 4 bei Hainichen ein schwerer Verkehrsunfall ereignete, der drei Männer das Leben kostete und zwei weitere Personen verletzte.
Bisher gewonnenen Erkenntnissen zufolge war ein wohl zu schnell fahrender PKW beim Einscheren in die Parkplatzausfahrt Rossauer Wald mit einem LKW kollidiert, der dort illegal parkte.
Was Marco Böhme, Sprecher der Linksfraktion für Mobilität, daran erinnerte, dass die Personalstreichungen bei der sächsischen Polizei auch noch eine andere Folge hatten: Die Verkehrs- und Geschwindigkeitskontrollen auf Sachsens Autobahnen sind drastisch zurückgegangen. Von über 30.000 im Jahr 2004 auf gerade einmal 9.236 im Jahr 2016. So drastisch, dass selbst verantwortliche Minister eine ganze Stunde mehr Fahrzeit einplanen, wenn sie von Dresden nach Leipzig fahren – die Verzögerung durch den erwartbaren Unfall unterwegs schon mit eingeplant
„Schon heute sind die Autobahnen oft überfüllt – Sachsen steuert auf den Kollaps zu. Die Leidtragenden sind oft auch die Brummifahrer, für die es zu wenige sichere Standplätze gibt“, stellt Marco Böhme fest. „Das gefährdet Menschenleben. Die Zulassung sogenannter Gigaliner wird diese Situation sicher nicht verbessern.“
Nötig ist aus seiner Sicht ein verkehrspolitisches Umdenken: „Güterverkehr muss, soweit es irgend möglich ist, auf die Schiene verlagert werden. Dazu sollten sowohl das Schienennetz ausgebaut als auch die Trassengebühren für Güterzüge gesenkt werden. Zudem sollten Gütertransportwege verkürzt werden – der Aufwand, der betrieben wird, um ein Gut von A nach B zu bringen, ist laut Umweltbundesamt in den letzten zehn Jahren statistisch gesehen um mehr als ein Viertel gewachsen. Eine wichtige Maßnahme wäre eine Prüfung, ob die LKW-Maut eine wünschenswerte Steuerungswirkung entfaltet. LKW-Langstrecken mit einer Länge von mehr als 300 Kilometern sollten drastisch verteuert werden.“
Aber ein gewachsenes Problem ist leider auch die Raserei. Wo die Polizeipräsenz so stark zurückgegangen ist wie in Sachsen, haben viele Kraftfahrer die Autobahnen regelrecht zur Rennstrecke gemacht. Mit tödlichen Folgen.
„Um Unfallquellen wie jene bei Hainichen zu entschärfen und Raserei zu ahnden, ist eine größere Polizeipräsenz auf den Autobahnen notwendig. In Sachsen zeigt sich allerdings erneut, wie der jahrelange Personalabbau die Sicherheitslage verschlechtert hat“, stellt der Landtagsabgeordnete fest. „Kleine Anfragen meines Kollegen Enrico Stange haben alarmierende Zahlen zutage gefördert. So sank die Zahl der Geschwindigkeitskontrollen auf sächsischen Straßen seit dem Jahr 2000 um mehr als 70 Prozent, die Zahl der Kontrollstunden ging um drei Viertel zurück. Zivile Polizeifahrzeuge mit ProVida-Videoüberwachung sind wesentlich seltener auf den Autobahnen unterwegs – die Zahl ihrer Kontrollstunden ist seit dem Jahr 2000 sogar um mehr als 80 Prozent zurückgegangen.“
Und das bei einem sich drastisch erhöhenden Transitverkehr. Und da die Polizei aus guten Gründen lieber nicht gesondert berichtet, wie sich die Dinge auf Sachsens Autobahnen entwickeln, haben wir lieber noch beim Statistischen Landesamt nachgeschaut. Dort gibt es zumindest einen Hinweis in der Unfallstatistik 2016. Danach sind die Unfälle mit Personenschaden im Freistaat in allen Kategorien seit 2011 ziemlich stabil. Nur eine Zahl ist 2016 völlig aus dem Rahmen gesprungen: die Unfälle mit Personenschaden auf Autobahnen. Die Zahl sprang von 557 auf 616, nahm also um 10,6 Prozent zu.
Was dann natürlich auch die mediale Wahrnehmung schärft. Auch weil Autobahnunfälle meistens wesentlich schwerwiegender sind und spektakulärer als die vielen tausend Unfälle innerorts, die meist nur mit Blechschaden abgehen.
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