Im Prozess um den Mord an Dolmetscher Farhad S. (35) hat der Hauptangeklagte am Dienstag sein Schweigen gebrochen. Zehn Monate nach Prozessauftakt räumte Mohammad A. (22) ein, den Unternehmer erstochen zu haben. Für Irritationen sorgte derweil ein mysteriöser DNA-Fund.

Verteidigerin Dana Schwarz beantragte überraschend, mögliche Verbindungen mit einem anderen Mordfall zu überprüfen. In Dessau-Roßlau müssen sich derzeit Sebastian F. (21) und seine gleichaltrige Ex-Freundin Xenia I. wegen brutaler Vergewaltigung und anschließender Ermordung einer Architekturstudentin verantworten. Auf der Plastikplane, mit der Kriminalisten und Rechtsmediziner den Leichnam von Farhad S. sicherten, entdeckten die Ermittler winzige DNA-Spuren von Sebastian F.

Santa A. hatte mit dem Mordopfer eine Beziehung. Foto: Martin Schöler
Santa A., hier zusammen mit ihrem Verteidiger Matthias Luderer, hatte mit dem Mordopfer eine Beziehung. Foto: Martin Schöler

Während die Verteidigung nach dem Strohhalm greift, ist Staatsanwalt Klaus-Dieter Müller sich sicher: „Hinsichtlich des Herrn F. ist nicht einmal der Anfangsverdacht einer Straftat zu bejahen.“ Die Angeklagten, neben Mohammad A. müssen sich seine Freundin Santa A. (17) und deren Mutter Entessar A. (39) wegen gemeinschaftlichen Mordes verantworten, hätten weder eine Verbindung nach Dessau noch zu dem mutmaßlichen Mörder. Wahrscheinlich sei die Plane in einem Aufbewahrungsraum der Rechtsmedizin kontaminiert worden. In demselben Raum hatten die Ermittler nämlich auch Spuren aus dem Dessauer Verfahren eingelagert.

Die 2. Strafkammer verhandelt gegen Mohammad A., Entessar A. und Senta A. Foto: Martin Schöler
Die 2. Strafkammer verhandelt unter Vorsitz von Norbert Göbel gegen Mohammad A., Entessar A. und Senta A. Foto: Martin Schöler

Nachdem die Vernehmung einer Schwester des Opfers am Vormittag wenig Erhellendes zutage förderte, sprach Mohammad A. nach der Mittagspause Klartext. Endlich. Seit August 2016 hatte das Trio beharrlich geschwiegen. Die Staatsanwaltschaft geht in der Anklageschrift von einem Mord aus Habgier aus. Schließlich hätten die drei sich nach der Tat am Vermögen des Getöteten bereichert.

Entessar A. stand der Liason zwischen Tochter Santa und Farhad S. ablehnend gegenüber. Foto: Martin Schöler
Entessar A. stand der Liason zwischen Tochter Santa und Farhad S. ablehnend gegenüber. Foto: Martin Schöler

Mohammad A. präsentierte nun eine andere Version der Geschichte. Aufgewachsen in Saudi-Arabien, zog der Leipziger nach der Schule zum Studieren nach Russland. Dort kam er mit Drogen in Berührung. Ein Neustart in Deutschland ging in die Hose. „Ich habe mein Leben nicht mehr in den Griff bekommen“, verrät A. 2014 versuchte er, sich das Leben zu nehmen. Nach dem Selbstmordversuch verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Leipzig. Beim Deutschkurs lernte er Entessar A. kennen. Die Familie, die vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland geflohen war, nahm den Landsmann bereitwillig in ihren Reihen auf. Über Santa kam er mit Farhad S. in Kontakt.

Staatsanwalt Klaus-Dieter Müller. Foto: Martin Schöler
Staatsanwalt Klaus-Dieter Müller geht von einem Mord aus Habgier aus. Foto: Martin Schöler

Als er erfuhr, dass der Übersetzer Santa schlug und sie sogar zum Sex gezwungen haben soll, habe er den Plan gefasst, Farhad S. zu töten. „Die zahlreichen Messerstiche habe ich ihm zugefügt“, schildert Mohammad A. mit trockener Stimme. „Ich weiß, dass ich mir mein Leben zerstört habe. Am liebsten würde ich alles rückgängig machen.“ Entschuldigende Worte für die Geschwister seines Opfers, die dem Prozess als Nebenkläger beiwohnen, hatte der mutmaßliche Mörder allerdings nicht übrig. Zu tief sitzt offenbar die Wut über das, was Farhad S. seiner Freundin angetan haben soll.

Der Prozess wird am 4. Juli fortgesetzt. Dann möchte sich Santa A. zu den Vorwürfen äußern.

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Die Leipziger Zeitung Nr. 44: Über die Grenzen hinaus

 

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