Das Amtsgericht hat am Mittwoch einen Chemie-Fan wegen Beteiligung an einer Schlägerei zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der 26-Jährige hatte sich am 23. März 2013 in einer Regionalbahn zusammen mit weiteren Chemikern eine Auseinandersetzung mit Polizisten geliefert, die die Fußballfans von Zwickau zurück in die Messestadt begleiteten.
Marco H. hatte eingeräumt, während der Rückfahrt in Rangeleien mit den Polizisten verwickelt gewesen zu sein. Mehrere Beamte hatten den Ultra als Mittäter identifiziert. Die Ordnungshüter sahen sich bemüßigt, auf die Fußballfans zuzugehen, da diese durch ein Fahrradabteil hüpften und mit Schlägen auf das Interieur einwirkten.
Die 20 bis 30 Chemiker waren nicht gewillt, ihr störendes Verhalten zu unterlassen, sondern suchten den Konflikt. Dabei versetzte H. dem Beamten Stefan F. (34) einen Schlag gegen die Schulter. “Wir wurden sofort angegriffen”, erinnerte sich der Bereitschaftspolizist am Mittwoch bei Gericht. Nach Angaben des Polizisten schlugen und traten die Fans auf die Beamten ein, die sich notdürftig mit körperlicher Gewalt verteidigt hätten.
Der Einsatzleiter ordnete daraufhin eine Identitätsfeststellung an. Die umfangreiche Kontrolle sollte alle der rund 200 mitreisenden Fußballfans betreffen und am Leipziger Hauptbahnhof stattfinden. Als der Zug am Bahnhof Markkleeberg-Mitte hielt, versuchten Chemie-Fans, die Bahn zu verlassen, um der Kontrolle zu entgehen. In einem Türbereich entflammte das nächste Handgemenge, das die Polizei letztlich für sich entscheiden konnte. Dabei soll Marco H. dem Polizisten Maik J. (28) gegen den Oberschenkel getreten haben.
Verteidiger Robert Oeltz ging von einer Notwehrsituation aus. “Der Schlag gegen Herrn F. ist erfolgt, als die Fäuste schon flogen”, meinte der Rechtsanwalt und plädierte auf Freispruch. Der Angeklagte habe sich in der aufgeheizten Situation schützen wollen. Dieser Argumentation folgten weder Staatsanwalt Ulrich Jakob noch Richterin Julia Weidelhofer. Der Anklagevertreter beantragte unter Einbeziehung einer früheren Geldstrafe acht Monate Haft. Diese könnten trotz umfangreicher Vorstrafen zur Bewährung ausgesetzt werden.
Weidelhofer ging in ihrem Urteil noch über den Antrag des Staatsanwalts hinaus. Sie verurteilte Marco H. wegen vorsätzlicher Körperverletzung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu zehn Monaten Gefängnis. “Der Angeklagte hat das Ziel gehabt, aus dem Zug zu kommen, um die Identitätsfeststellung zu verhindern”, war die Amtsrichterin überzeugt. Dass Beamte, die sich zahlenmäßig in der Unterzahl befunden hätten, ohne jeden Anlass ein Zugabteil betreten, um auf Fußballfans einzuschlagen, hielt die Vorsitzende für abwegig. Die Strafe setzte die Amtsrichterin jedoch wie beantragt zur Bewährung aus. Der Chemie-Fan muss im Gegenzug 1.000 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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