Die Ermittlungen im Zusammenhang mit den Randalen rund ums Bundesverwaltungsgericht am vergangenen Freitag, 5. Juni, gewinnen allmählich am Fahrt. Laut einem Bericht auf dem Szeneportal "Indymedia Linksunten" durchsuchten Polizeibeamte am Dienstag die Räumlichkeiten einer Wohngemeinschaft. OBM Burkhard Jung (SPD) wandte sich am Mittwoch in einem Offenen Brief an die Öffentlichkeit.
Glaubt man dem Indymedia-Bericht, standen die Beamten um 5.30 Uhr vor der Tür. “Die Hausdurchsuchung stand im Zusammenhang mit der Sponti vom vergangenen Freitag”, so die Meldung. Am 5. Juni hatten etwa 100 Personen spontan vom Johannapark aus gegen den G7-Gipfel im bayerischen Elmau demonstriert. Doch aus der “Sponti” wurde mehr.
Die Teilnehmer entzündeten nach Polizeiangaben Pyrotechnik, richteten hohen Sachschaden an und entzündeten Brandsätze. Mit Steinen und Glasflaschen sollen sie nach Polizeibeamte geworfen haben, die das US-Generalkonsulat bewachten. Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs.
In der Tatnacht nahmen die Beamten einen Mann vorläufig fest. “Die festgenommene Person ist zweifelsfrei dem linksextremen Spektrum zuzuordnen”, erklärte Polizeisprecher Andreas Loepki. Der Tatverdächtige ist polizeibekannt. Laut dem Indymedia-Bericht fand die gestrige Wohnungsdurchsuchung in der Wohngemeinschaft des Festgenommenen statt. Die Beamten sollen demnach Computer, Datenträger, Feuerzeugbenzin, Bücher und Schriftstücke beschlagnahmt haben. Da der Verdächtige bei der Maßnahme nicht zugegen war, habe eine geplante DNA-Entnahme nicht stattfinden können.
Die Polizei hat zur Auswertung der zahlreichen Beweise, die die Unbekannten offenbar in Tatortnähe hinterlassen haben, am Dienstag die Sonderkommission “Johannapark” eingesetzt. Dieser gehören laut einem Medienbericht elf Beamte aus den Reihen des Operativen Abwehrzentrums und des Leipziger Staatsschutzdezernats an.
Im Gegensatz zu früheren Aktionen veröffentlichten die Aktivisten bisher kein Bekennerschreiben. Allerdings erschienen auf “Indymedia Linksunten” acht Fotos, die die Randale-Demo und ihre Folgen dokumentieren. Der Urheber ist unbekannt. Offenbar war der Fotograf, der anscheinend im Vorfeld von der Aktion wusste, noch am Tatort, als dort die ersten Polizeibeamten eintrafen. Ob seine Identität den Ermittlern bekannt ist, wollte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mitteilen.
Die möglichen Konsequenzen der Krawallnacht stehen mittlerweile auf der Agenda von Kommunal- und Landespolitikern. OBM Burkhard Jung (SPD) nahm nach seinem Statement vom Samstag bereits am heutigen Mittwoch in einem Offenen Brief Innenminister Markus Ulbig (CDU) in die Verantwortung. “Ich habe in den vergangenen Monaten mehrfach an das Innenministerium in Dresden appelliert, dass das Polizeikonzept und vor allem die Personalausstattung in Leipzig überdacht werden muss”, betonte der Leipziger Verwaltungsschef. Die Einrichtung der Sonderkommission sei aus seiner Sicht ein guter und richtiger Schritt.
“Mit entsprechender personeller und finanzieller Ausstattung bin ich mir sicher, dass es auch Ergebnisse geben wird”, so Jung. Allerdings warnte der Oberbürgermeister vor Schnellschüssen. “Menschen in alternativen Lebensformen in einen Topf zu werfen mit Randalierern und vermummten Chaoten ist unredlich. Ich wehre mich dagegen, dass Leipzig angeblich Wohlfühlräume für gewalttätige Chaoten geschaffen habe.”
Am morgigen Donnerstag wird der Landtag das Thema auf Antrag der Regierungsfraktionen debattieren. Bereits unmittelbar am Samstag, den 6. Juni hatte CDU-Innenexperte Christian Hartmann in einem ersten Statement angekündigt, er und der Leipziger CDU-Landtagsabgeordnete Ronald Pohle würden sich nun neben bislang SPD, Linken und Grünen auch für mehr Polizeibeamte in Leipzig einsetzen. Diese hatten in verschiedensten Wortmeldungen und Anträgen seit spätestens 2013 einen Stopp der “Polizeireform 2020” gefordert, welche einen maßgeblichen Personalabbau bei der Polizei bedeutete. Bislang dagegegen: die CDU und Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), welcher die Reform auf den Weg gebracht hatte. Die SPD erreichte in den Koalitionsverhandlungen 2014 bereits die Prüfung der Auswirkungen bislang bis 2016. Nun könnte sich auch dieser Prozess beschleunigen.
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Sehr geehrte Herren Freitag und Schöler, danke für den Hinweis auf die Seite “Indymedia Linksunten”. Da ich neugierig war, habe ich diese Seite angeklickt und den “sehr aussagefähigen Artikel” zum Vorfall gelesen. Ich empfehle allen Leserinnen und Lesern der L-IZ , das ebenfalls zu tun. Bilden Sie sich dann selbst eine Meinung. Unfassbar! Oder doch nicht?