Der sächsische Innenminister Markus Ulbig machte es sich am 25. März recht einfach, als er vor allem die Droge Crystal für die steigende Zahl von Einbrüchen in Sachsen verantwortlich machte. Im ganzen Land macht sich die vermehrte Zahl an Diebstählen und Wohnungseinbrüchen bemerkbar. Aber ist wirklich nur Crystal daran schuld? Das bezweifeln selbst die Handwerker in der Region Leipzig.
Fakt ist: Vor allem der Anstieg im Bereich der Eigentumskriminalität sorgt dafür, dass die Kriminalitätszahl in Sachsen wieder steigt. Und zwar nicht erst seit 2014, sondern schon seit 2010. Das Sächsische Innenministerium verkündete am 25. März mit tiefer Überzeugung: “Ursache für die wachsende Zahl von Diebstählen ist der gestiegene Konsum von Crystal. Die Droge erzeugt bei den Betroffenen eine hochgradige Abhängigkeit und einen damit verbundenen hohen Beschaffungsdruck.”
Ein wenig später in der zwar langen, aber nicht wirklich ausführlichen Mitteilung zum Thema klang es dann nicht mehr ganz so eindeutig: “Eine vorläufige methodisch nicht abschließende Analyse des Landeskriminalamtes legt den Schluss nahe, dass ein erheblicher Teil der Eigentumsdelikte tatsächlich Drogenbeschaffungskriminalität ist. Die Untersuchung deutet an, dass inzwischen rund ein Drittel aller Fälle von besonders schwerem Diebstahl durch Konsumenten harter Drogen begangen wird. Im Jahr 2009 lag dieser Anteil noch bei 15 Prozent und damit halb so hoch. – Statistisch gab es im Bereich Eigentumskriminalität ein Plus von 5,4 Prozent oder absolut 7 369 Straftaten. Das ist mehr als die Hälfte des Gesamtkriminalitätsanstieges (+14 696 Fälle) innerhalb der Polizeilichen Kriminalstatistik 2014.”
Schwerer Diebstahl – das bedeutet in der Regel gewaltsam verschaffter Zugriff auf das Diebesgut, Einbruch in Keller und Dachböden, Wohnungen und Ladengeschäfte zum Beispiel.
Aber schon die Auswertung der Leipziger Polizei zur Kriminalitätsentwicklung in der Stadt vier Tage später deutete an, dass der seit 2010 ansteigende Crystalkonsum wohl doch nicht der alleinige Grund für den starken Anstieg der Diebstahlsdelikte sein könnte. Denn auch in diesem Fall gilt der alte Spruch: “Gelegenheit macht Diebe”. Und zur Gelegenheit gehört auch die Tatsache, dass sich seit 2010 die Personalsituation bei der sächsischen Polizei deutlich verschärft hat. Und durch die “Polizeireform 2020” noch weiter verschärft wurde.
Nicht nur in Leipzig ist die Polizei mit der ausgedünnten Personaldecke teilweise überlastet, in den Landkreisen sieht es nicht besser aus. Leipzigs Polizeipräsident will das Problem der zunehmenden Diebstahlskriminalität dadurch angehen, dass er erst einmal eine Einheit aus 130 Beamten schafft, in der verschiedene Kompetenzen zum Thema gebündelt sind.
Und dass Crystal allein nicht Ursache für die Entwicklung ist, bestätigt indirekt auch eine Erhebung der Handwerkskammer zu Leipzig. Die hat nämlich von ihren eigenen Mitgliedern die Rückmeldungen, dass sich die Lage verschärft hat. Man hat deswegen erst einmal eine Kurzumfrage bei Mitgliedern in der Region gestartet. Das ist zumindest eine Art Blitzlicht.
Danach wurde in jedem dritten der befragten Handwerksunternehmen in den letzten Jahren eingebrochen oder es versucht. Besonders betroffen waren Bäckergeschäfte (35 Prozent) und Friseursalons (29 Prozent), so das Ergebnis einer Befragung von 164 Mitgliedsbetrieben durch die Betriebsberater der Handwerkskammer zu Leipzig.
Eine Überraschung – so Volker Lux,amtierender Geschäftsführer der Handwerkskammer – war auf jeden Fall, dass keineswegs (wie eigentlich erwartet wurde) die Stadt Leipzig bei den Einbrüchen hervorsticht. Tatsächlich sind Betriebe in den Landkreisen genauso häufig betroffen wie die im Leipziger Stadtgebiet.
Von Einbrüchen betroffen sind die Unternehmen in der Stadt Leipzig zu 32 Prozent und in den Landkreisen Leipzig zu 32 Prozent und Nordsachsen zu 35 Prozent gleichermaßen. Die Schadenshöhen variieren zwischen 40 und 5.000 Euro. Am häufigsten wurden Geldkassetten, Trinkgeldkassen, Kommunikationstechnik und Spezialwerkzeuge entwendet.
“Die allgemeine Sicherheitslage wird von den Unternehmen als schlecht wahrgenommen”, stellt die Handwerkskammer fest. Und auch für Volker Lux hat die Entwicklung mit der spürbaren Überlastung der Polizei zu tun. Crystal mag eine Rolle bei vielen Einbrüchen spielen – aber dem gegenüber steht eine mit der “Polizeireform” auch kräftig ausgedünnte Präsenz der Polizei gerade in den ländlichen Regionen. Der Versuch, die Kriminalität in Sachsen quasi mit einer “Verschlankung” der Polizeistrukturen zu bekämpfen, ist eindeutig schief gegangen.
Und wo die Polizeistation in der Nähe fehlt, sind die Betroffenen natürlich zu eigenen Schutzmaßnahmen gezwungen: Die betroffenen Betriebe haben mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen reagiert, dazu zählen Einbau von Sicherheitstüren und -fenstern, Installation von Kameras und Alarmanlagen.
Und da mit einer verstärkten Präsenz der Polizei in den nächsten Jahren nicht unbedingt zu rechnen ist, will die Handwerkskammer zu Leipzig ihre Mitgliedsunternehmen noch stärker für betriebliche Sicherheitsmaßnahmen sensibilisieren.
Zudem wurde eine Beratungshotline unter Tel. (0341) 2188-314 geschaltet. Mitgliedsbetriebe erhalten darüber eine Erstinformation zu allen Fragen rund um die Kriminalprävention und werden im Schadensfall beraten.
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