Eigentlich war alles geklärt: Am 4. Oktober hatte das Landgericht Leipzig sein Urteil zu den Vorfällen beim Spiel Lok Leipzig gegen den Berliner AK gesprochen. Und der FCL, wie L-IZ noch am gleichen Tag berichtete, hat zum Großteil Recht bekommen. Nahezu alle Behauptungen seitens des BAK zu Vorfällen gegen Ende der Partie darf der Berliner Fußballclub nicht mehr wiederholen. Doch am Dienstag, den 8. Oktober, sorgte eine neue Pressemitteilung des BAK für weiteren Ärger, eine Flut von Onlineartikeln und anschließende anwaltliche Schreiben.

Rechtsanwalt René Krüger hält es am Dienstagmittag, 8. Oktober, in den Händen, vorzeitig per Fax gesandt. Das Urteil über den Rechtsstreit zwischen dem 1. FC Lok und dem BAK. Der BAK hatte in einer Pressemitteilung vom 4. September behauptet, man sei beim Auswärtsspiel bei Lok Leipzig auf der Tribüne erstens brutal angerempelt, zweitens mit Bier überschüttet und drittens rassistisch beleidigt worden. Viertens seien Autos beschädigt worden und fünftens hätten Zuschauer Absperrungen überklettert. Krüger stellte im Namen seiner Mandantschaft, dem 1. FC Lok, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung. Lok fühlte sich verleumdet und wollte so erreichen, dass der BAK keine aus Sicht der Leipziger falschen Behauptungen mehr verbreiten darf. Am 23. September traf man sich vor Gericht, am 4. Oktober fällte das Landgericht sein Urteil (liegt L-IZ.de vor). Darin sah es den Antrag des 1. FC Lok in drei Fällen als begründet an.

Demnach darf der BAK laut Urteil “wörtlich oder sinngemäß” nicht mehr behaupten, verbreiten und/oder behaupten und verbreiten zu lassen, dass es “am Rande der Regionalliga-Partie 1. FC Lok Leipzig und dem BAK 07 am Sonntag, dem 1. September 2013 … zu körperlichen Übergriffen gegen Fans des Hauptstadtclubs gekommen sein soll”, “dass Vertreter des Präsidiums, deren Familienangehörige sowie einige deutsche und türkische Väter von BAK-Spielern … im VIP-Raum des Bruno-Plache-Stadions u.a. rassistisch beleidigt, mitunter brutal angerempelt und mit Bier überschüttet worden” seien.

Ebensowenig behaupten darf der BAK, dass BAK-Verteter “schließlich auch aus dem VIP-Bereich flüchten mussten. Weder Ordner noch Polizei sollen zu Hilfe gekommen sein. Ferner seien einige Autos der BAK-Delegation vor dem Stadion beschädigt worden”. Tut es der BAK trotzdem, werden bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld fällig, sind diese nicht aufzutreiben, muss der Vorstand bis zu sechs Monate in Ordnungshaft.

Das Gericht stellte ausdrücklich in seinem Urteil fest, dass “kein Unterlassungsanspruch besteht hinsichtlich der Äußerung, dass es zu zum Teil rassistischen Beleidigungen gekommen sein soll”. Im Urteil heißt es dazu: “Zwar ist nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass es solche Beleidigungen tatsächlich gegeben hat. Es liegen jedoch konkrete Verdachtsmomente vor, da von einigen Personen an Eides statt versichert wurde, dass sie solche türkenfeindlichen Sprüche gehört haben.” Mit den Zeugenaussagen, die für den 1. FC Lok eintraten, “sind die Behauptungen damit nicht direkt zu widerlegen.”

Der BAK ging am Montagabend in die Offensive. Verkündete per Pressemitteilung einen Teilsieg vor Gericht und dass das Gericht die Rassismusvorwürfe bestätigt habe. Eine reichlich weitläufige Auslegung der Gerichtsentscheidung. Denn eine Bestätigung der Rassismusvorwürfe liegt nach diesem Spruch des Landgerichtes ebenso wenig vor, wie der vollständige Freispruch einiger Fans von diesem Vorwurf.

Weswegen Lok seinerseits auf die Auslegung des Urteils seitens BAK am Dienstag reagierte. “Zunächst einmal ist es unverständlich, wie der BAK bereits Montagabend Kenntnis vom Urteil haben konnte. Auf unsere Nachfrage teilte uns das Gericht mit, dass das Urteil erst am Montag versendet worden ist”, so René Krüger. Im Namen des 1. FC Lok hat er am Dienstag den BAK aufgefordert, diese Pressemitteilung bis Mittwoch 12 Uhr von seiner Internetseite zu entfernen und eine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Außerdem hat er den Sportinformationsdienst SID, der die Pressemitteilung des BAK ungeprüft verbreitet hat und über zehn Online-Medien auf Unterlassung und Gegendarstellung in Anspruch genommen.

Die meisten änderten ihre Meldung kurz nach Eingang des Schreibens, ein Schaden für den 1. FC Lok und für die Medienlandschaft bleibt trotzdem. Denn keine der Online-Zeitungen und auch nicht der SID machte sich die Mühe, René Krüger oder den 1. FC Lok vor Verbreitung der BAK-Sicht zu kontaktieren. Auch das Urteil selbst scheint niemand der eiligen Verbreiter wirklich selbst gelesen zu haben, so zumindest stellt sich nun das derzeitige Bild auch bei Spiegel Online dar. Hier sah man sich zu einer klarstellenden Anmerkung und der Veränderung des eigentlichen Artikels genötigt. Nun heißt es am Ende des Beitrages: “In der ursprünglichen Version dieses Artikels hieß es, das Gericht habe rassistische Beschimpfungen bestätigt. Diese Darstellung beruhte auf einer Meldung der Nachrichtenagentur sid und war falsch. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.”

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Und die verbreitende Agentur? Erst nach Eingang des anwaltlichen Lok-Schreibens trat SID mit dem FCL in Kontakt. Und der sah sich seit dem gestrigen Morgen wieder mit jeder Menge weitgehend unnötiger Arbeit abseits des Rasens konfrontiert. Dabei habe seine “Mandantschaft keine Zeit, sich mit diesen bewussten Falschmeldungen zu beschäftigen. Sie muss sich aufs Wesentliche konzentrieren”, so Rechtsanwalt Krüger gegenüber L-IZ. Die eigentliche Lage der Dinge also: Der BAK darf weiterhin behaupten, dass es “zu zum Teil rassistischen Beleidigungen gekommen sein soll.” Die Begründung hierzu liest sich wie folgt: “Im Hinblick darauf, dass die Pressemitteilung insoweit nur auf Berichte der betroffenen Personen hinweist und mitteilt, dass eine Überprüfung der Faktenlage erfolgt, kann diese Äußerung dem Beklagten nicht untersagt werden.”

Es bleibt also bezüglich der als letztes verbliebenen Vorwürfe gegen Lokomotive Leipzig eher bei der Lagebeschreibung: Aussage gegen Aussage. Wofür der Gesetzgeber ein kleines lateinisches Kürzel vorsieht: “In dubio pro reo”. Offen bleibt allerdings die Frage, ob dies im medialen Kesseltreiben irgendwen interessiert.

Spon am 8. Oktober 2013 (abgemilderte Version online)

Streit zwischen BAK und Lok Leipzig: Gericht untersagt Rassismus-Vorwürfe zum Teil

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