Die Selbstbedienungsmentalität mancher staatlich Bediensteter hat das Empfinden der Öffentlichkeit für solche Fälle geschärft. Wie sonst wäre es zu erklären, dass der "Fall Zimmermann" jetzt die Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) in arge Bedrängnis bringt. So hat die Staatsanwaltschaft Erfurt heute beim Thüringer Landtag um die Aufhebung von deren Immunität gebeten. Sie will ein Vorprüfungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Untreue führen.
Wie Regierungssprecher Karl-Eckhard Hahn (CDU) auf Anfrage bestätigte, hat die Staatsanwaltschaft Erfurt beim Thüringer Landtag um die Aufhebung der Immunität der Landtagsabgeordneten Christine Lieberknecht (CDU) gebeten, weil sie ein Vorprüfungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Untreue im Zusammenhang mit der Versetzung des früheren parteilosen Staatssekretärs Peter Zimmermann in den einstweiligen Ruhestand vornehmen will.
Zum 1. Juli hatte die Ministerpräsidentin Peter Zimmermann in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Zimmermann wechselt zum 1. September auf den vakanten Posten des Geschäftsführers der Leipziger Internet-Firma Unister. Ein Transfer, der wahrlich gut geschmiert ist und manchem Normalverdiener die Zornesröte ins Gesicht treiben dürfte. Denn nach knapp sechs Jahren als verbeamteter Regierungssprecher hat Zimmermann Ansprüche an den Staat erworben. Drei Monate bezieht er seine Bezüge als Staatssekretär in Höhe von 9.602 Euro weiter, drei Jahre hat er Anspruch auf 71,75 Prozent dieser Bezüge und schließlich stehen ihm lebenslang mindestens 3.361 Euro zu.
Da aber Zimmermann, der noch keine 40 Jahre alt ist, nicht allein von der Pension leben wird, werden diese Bezüge mit seinem künftigen Einkommen verrechnet, wodurch sich die Zahlungen des Landes auf monatlich 1.435 Euro mindern sollen. Auf die hätte er auch trotz des nicht minder schlecht dotierten Postens als Geschäftsführer in der freien Wirtschaft Anspruch. Weil Angriff die beste Verteidigung ist, hatte Lieberknecht schon in den letzten Tagen verkünden lassen, dass sie mit dem Schritt der Staatsanwaltschaft rechne. “Weil die Staatsanwaltschaft sich nicht dem Verdacht aussetzen darf und wird, in dieser Angelegenheit weniger konsequent vorzugehen als in anderen Fällen”, wie Frau Lieberknecht über ihren neuen Regierungssprecher mitteilen ließ.
Hahn bestätigte weiter, dass “sie erwarte, dass das Vorprüfungsverfahren die Rechtmäßigkeit ihres verwaltungsrechtlichen Handelns bestätigen werde”. Die Ministerpräsidentin will auf der Sitzung am Dienstag das Kabinett über die Umstände des Ausscheidens des früheren Staatssekretärs unterrichten und anschließend gegenüber den Medien öffentlich Stellung beziehen. Die Grünen hatten Anzeige gegen Frau Lieberknecht wegen Untreue erstattet, woraufhin nun die Staatsanwaltschaft reagiert hat.
Peter Zimmermann wird bei Unister Vorsitzender der Geschäftsführung
Das Internetunternehmen Unister in Leipzig …
Nach einer Stellungnahme aus der Staatskanzlei hätte Zimmermann um seine Entlassung bitten müssen. Zuvor hatte der Regierungssprecher Zimmermann a.D. einen Antrag auf Entlassung aus dem Amt des Staatssekretärs eingereicht, womit er dann keine Ansprüche mehr auf Versorgung hätte. Damit hatte er dem Druck nachgegeben, der von Grünen und FDP, aber auch vom Koalitionspartner SPD und zunehmend auch von der CDU als der Partei der Ministerpräsidentin ausgegangen war. Kleinlaut hatte die Ministerpräsidentin den Protesten in der Öffentlichkeit Rechnung getragen und nach einer Mitteilung aus der Staatskanzlei “ihr Verständnis für den Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger bezüglich der beamtenrechtlichen Regelungen zu Versorgungs- und Pensionsansprüchen” geäußert.
Eine Einsicht, die angesichts des Antrages der Staatsanwaltschaft möglicherweise zu spät gekommen ist. Mit dem neuen Regierungssprecher Hahn hat die Ministerpräsidentin allerdings ebenfalls nicht all zu viel Glück. Denn kaum war Peter Zimmermann weg, gab es Ärger um Karl-Eckhard Hahn. Ihm wird von dem Heft “Der rechte Rand” in der Ausgabe 143/2013 vorgehalten, “Vordenker der ‘Neuen Rechten’ und Funktionär der ‘Deutschen Gildenschaft'” gewesen zu sein. Das berichtete die Thüringische Landeszeitung (Weimar). Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) hatte angesichts dieser Anwürfe eine Begleitung durch Hahn bei der Regierungsmedienkonferenz in der Staatskanzlei abgelehnt. Machnig verlangt von Hahn eine Erklärung über die Anschuldigungen. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) stellte sich vor Hahn: Aus mehr als 20-jähriger Zusammenarbeit wisse sie, dass Hahn “über jeden Zweifel an seiner demokratischen Haltung erhaben ist. Versuche, ihn ins rechtsextreme Zwielicht zu rücken, weise ich entschieden zurück”, so Hahns Chefin.
Keine Kommentare bisher