Im Oktober 2011 soll Benjamin H. (24) seinen Bekannten Jonathan H. (23) in seine Lindenauer Wohnung gelockt haben. Dann, so die Anklage, vergewaltigte er seinen besten Freund, meuchelte ihn mit 20 Messerstichen, zerstückelte die Leiche und warf sie ins Elsterbecken. Vor dem Leipziger Landgericht schilderte am Montag Kriminalistin Carmen W. die Jagd nach dem brutalen Mörder.
Eines der grausamsten Kapitel in Leipzig jüngerer Kriminalgeschichte beginnt mit einem schrecklichen Fund: Am 6. November entdeckt ein Pilzsammler am Ufer einen abgehackten Arm. Im Zuge einer groß angelegten Suche kommen weitere Leichenteile ans Licht. Wer war der unbekannte Tote? Am 24. November erhalten die Ermittler den entscheidenden Hinweis. Eine Zeugin meldet, sie würde einen engen Freund vermissen: Jonathan H. Der 23-Jährige gilt unter Bekannten als Eigenbrödler mit Vorliebe für japanische Mangas. Am ersten November-Wochenende möchte er eine Convention besuchen, wird dort aber nicht gesehen. Das teure Ticket muss er dennoch bezahlen. “Weil er wenig Geld hatte, sei dies sehr ungewöhnlich gewesen”, berichtet die Kommissarin.
Die Fahnder durchsuchen seine verwahrloste Wohnung, um DNA-Proben zu nehmen. Schließlich die traurige Gewissheit: Der Tote aus dem Elsterbecken ist Jonathan H. Die Ermittler fokussieren sich nun auf das Umfeld des angehenden Physiotherapeuten, bitten sogar die Öffentlichkeit um Hilfe. Der entscheidende Hinweis kommt allerdings von Max M., einem engen Freund Jonathan H.s. Er erzählt den Polizisten, dass mit Benjamin H. ein guter Bekannter der beiden abgetaucht sei. Die Fahnder befragen dessen Mitbewohnerin, doch sie kennt H.s Aufenthalt nicht. In seiner Heimat Arnstadt plante der stotternde Masseur ein Praktikum. Nach zwei Tagen bricht er die Stelle ab, taucht in Kassel unter. Die Ermittler laden ihn zunächst als Zeugen vor. Ohne Erfolg.
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Was Benjamin H. nicht ahnt: Mit dem Ignorieren der Post lenkt er unfreiwillig den Verdacht auf sich. Als der Computerfreak mit Milchbubi-Gesicht zu Weihnachten nicht bei seinen Eltern vorbeischaut, melden sie ihren Sohn als vermisst. Grund für die Beamten, sich dessen Leipziger WG-Zimmer näher anzuschauen. Über einen Einzelverbindungsnachweis verfolgen sie seine Spur nach Hessen. Das Landeskriminalamt (LKA) analysiert derweil einen Abschiedsbrief, der in Jonathan H.s Wohnung gefunden wurde. Sein bizarrer Inhalt: Er habe einen Bekannten kennengelernt, mit dem er in eine andere Stadt zusammen ziehen möchte. “Ich habe keine Lust, Teil des Systems zu werden, das ich nicht mag.” Die Forensiker entdecken auf dem Schreiben Benjamin H.s Fingerabdrücke. Der Durchbruch.
Das Amtsgericht erlässt Haftbefehl. Pech für die Fahnder, dass sie den Aufenthaltsort des mutmaßlichen Mörders nicht kennen. Wieder bitten sie die Öffentlichkeit um Mithilfe. Im April reist eine Leipziger Delegation in den Westen. Seit Mitte Februar haben die Kriminalisten die Handys von H.s engsten Freunden abgehört. Am 11. April hatte sein Kasseler Kumpel mit einem Bekannten telefoniert. Im Gespräch meldet sich plötzlich stotternd eine dritte Stimme. Max M. und Nicole K. identifizieren den Anrufer: Es ist ihr Freund Benjamin.
Dann geht alles ganz schnell. Nach kurzer Observation stürmt das Spezialeinsatzkommando (SEK) H.’s mutmaßliches Versteck. Der Mann, dem die Leipziger Kripo im Nacken saß, hatte zuletzt in einer Wohnung gelebt, in der nicht eine einzige Lampe hing. “Er sah zu dem Zeitpunkt sehr blass aus”, erinnert sich Carmen W. Auf dem Weg in die Zelle äußert sich der Verdächtigte zu den Polizisten. “Es tut mir Leid.” Eine Beamtin fragt, was er meine. “Na Sie wissen schon. Das, was ich getan habe.”
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