Vor und hinter dem „Eisernen Vorhang“, auf der Hinterbühne des Schauspiels Leipzig ist es am 2. März zum ersten Mal zu erleben: Vier Darsteller im Dunkeln suchen „den Autor der beiden Deutschland“ Uwe Johnson. Ein weiteres Mal suchen sie einen Zugang zu seinem 1.703 Seiten starken Roman „Jahrestage“ und der Lebensgeschichte der Hauptfigur Gesine Cresspahl.

Sie haben geprobt, sind bereit zur Premiere – doch der Roman bleibt stumm. Plötzlich steigen Erinnerungen auf an geprobte Szene und den großen Erinnerungsroman der deutsch-deutschen Nachkriegszeit und Literaturgeschichte.

Persönliche Reflexionen über den Roman, seine Themen, Figuren und viele Fragen. Die Gedanken über die „Jahrestage“ aktivieren Erinnerungen des Ensembles, an die eigenen Biografien und Familiengeschichten, die mit den großen politischen Fragen aus Johnsons Text in Bezug treten. Assoziativ leuchten Konflikte der Vergangenheit und Gegenwart in der persönlichen und der globalen Geschichte auf.

Reise in einen Jahrhundertroman

In „Jahrestage. Zweiter Teil“ nach Uwe Johnson entfaltet sich erneut das große Thema des Autors. Kein Land, nirgends und kein Weggehen könnten ihn aus dem Eingebundensein in politische Konflikte erlösen und zur Ruhe bringen. Es entsteht ein Echoraum einer Lektüre, in dem eine gespaltene deutsche Geschichte und eine gespaltene Wirklichkeit in einer mannigfaltigen globalen Gegenwart nachhallen.

Am Schauspiel Leipzig unternimmt Hausregisseurin Anna-Sophie Mahler nach „Eriopis“, „La Bohème. Träume //Leipzig“ und „Undine“ eine zweiteilige theatrale Reise in Uwe Johnsons Jahrhundertroman — und inszeniert damit die Uraufführung des Textes auf einer Theaterbühne. Ihre Theaterarbeiten zeichnen sich oft durch das Verweben von dokumentarischen Texten und Musik aus.

Sie arbeitet sowohl an großen Schauspiel- und Opernhäusern, u.a. am Thalia Theater Hamburg oder der Deutschen Oper Berlin, als auch in der freien Szene mit ihrer Gruppe CapriConnection.

Jahrestage. Zweiter Teil. Ein Erinnerungsraum zu Uwe Johnsons „Jahrestage“, ein Projekt von Anna-Sophie Mahler und Ensemble

Premiere ist am 2. März um 19.30 Uhr auf der Hinterbühne des Schauspiels Leipzig. Weitere Vorstellungen gibt es am 9. und 16.März, am 6. April und am 8. Mai ebenfalls auf der Hinterbühne.

Inszenierung: Anna-Sophie Mahler, Bühne & Kostüme: Katrin Connan, Text- & Konzeptionsmitarbeit: Falk Rößler, Dramaturgie: Benjamin Große

Mit: Bettina Schmidt, Thomas Braungardt, Andreas Keller, Denis Petković
Live-Musik: Maria Schneider aka Mascha Juno, Martin Wenk, Michael Wilhelmi

Im Frühjahr 2024 sind „Jahrestage. Erster Teil“ und „Jahrestage. Zweiter Teil“ auch an zwei Tagen in Folge zu erleben, nämlich am 15. und 16. März sowie am 5. und 6. April.

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