Franz Wittenbrink erlangte mit thematischen Liederabenden bundesweite Berühmtheit. Der Komponist und Regisseur formt bekannte und weniger bekannte Songs, vornehmlich aus allen Bereichen der Popularmusik, zu Collagen, die inhaltlich einen Roten Faden aufweisen, der um ein Sujet zirkuliert. In der Musikalischen Komödie steht Wittenbrings Evergreen "Sekretärinnen" auf dem Spielplan.

In “Sekretärinnen” nimmt Wittenbrink den Alltag in deutschen Büros unter die Lupe. Neun Figuren singen, rappen und tanzen sich durch einen Arbeitstag. Der Zuschauer erlebt acht grundverschiedene Frauen, die der triste Bürojob eint.

Die Arbeitsstätte (Bühne: Frank Schmutzler)  ist alles andere als attraktiv: Ein graues Großraumbüro, acht Schreibtischchen, ein kleiner Steg in den Zuschauerraum. Im  überdimensionalen Fenster ziehen Wolken an der Silhouette einer Großstadt vorbei. Eine Treppe führt zu einer Tür. Dahinter befinden sich wohl die Büros der Chefetage.

Regisseurin Anna Evans überzeichnet die Figuren. Die Karrieristin (Angela Mehling), die ihren Kolleginnen ein Dorn im Auge ist, rappt sich technisch akkurat “Zu geil für diese Welt” von den Fantastischen Vier.

Die Poetin (Heike Fischer) rezitiert sich zum Leidwesen der Belegschaft durch die deutsche Literaturgeschichte. Die Schöne (Verena Barth-Jurca) hat ein Auge auf den Büro-Boy (Jeffery Krueger) geworfen. Der Mann mit Sexappeal imponiert vor der Pause in wehendem Hemd mit Eros Ramazotttis “Se Bastasse Una Canzone”.

Carolin Masur begeistert als bunter, schriller Farbtupfer mit knallroter Perücke, Claudia Schütze ist das temperamentvolle Biest, Nora Lentner die Aufgetakelte, Anne-Kathrin Fischer der Familienmensch. Sabine Töpfer spielt das hässliche, abgehalfterte Entlein, das stimmgewaltig “Respect” einfordert. Die Hommage an Aretha Franklich zählt zu den musikalischen Höhepunkten des Abends.

Der erfolglose Wiederbelebungsversuch an einer defekten Schreibmaschine: Angela Mehling, Heike Fischer, Nora Lentner & Sabine Töpfer. Foto: Kirsten Nijhof
Der erfolglose Wiederbelebungsversuch an einer defekten Schreibmaschine: Angela Mehling, Heike Fischer, Nora Lentner & Sabine Töpfer. Foto: Kirsten Nijhof

Ein optischer Hingucker ist die Performance von Lady Gagas “Bad Romance”. Den Song fügten Evans und Arrangeur Frank Nowicky nachträglich in das Werk ein. Das Büro wird zur Disko. Bunte Lichter blinken im Büro. Von der Decke blitzen Stroboskopeffekte. Im Fenster weicht der blaue Himmel schwarzen Wolken und die Akteure tanzen zu den Beats.

Musikalisch geht der Abend über Wittenbrink hinaus. Die MuKo spielt “Sekretärinnen” mit einer kleinen Musical-Combo unter Leitung von Susanne Fiedler. Die Songs klingen grooviger als bei einer reinen Klavierbegleitung, wie sie andernorts zu hören ist.

Nowicky bezieht in ausgewählte Arrangements Alltagsgegenstände ein. Beim “Typewriter” von Leroy Anderson darf das Klappern der mechanischen Schreibmaschinen nicht fehlen. Das Ensemble hämmert mit Stempeln den Takt von Queens “We Will Rock You” und klopft auf Joghurtgläsern den Strauß-Walzer “An der schönen blauen Donau”.

Der nahezu dialogfreie Abend funktioniert unter Evans mit viel Schauspielerei. Während die Figuren die Songs nutzen, um Gefühle und Botschaften auszudrücken, sorgt Situationskomik für viel Heiterkeit im Publikum.

Das Highlight: Der erfolglose Wiederbelebungsversuch an einer defekten Schreibmaschine, die anschließend würdevoll beigesetzt wird. Zwei Stunden dauert das kurzweilige Büro-Musical, bei dem garantiert kein Auge trocken bleibt.

Sekretärinnen
Regie: Anna Evans
Mit: Verena Barth-Jurca, Anne-Kathrin Fischer, Heike Fischer, Nora Lentner, Carolin Masur, Angela Mehling, Claudia Schütze, Sabine Töpfer, Jeffery Krueger

Nächste Termine: 1., 7. und 8. Februar.

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