Wo doch immer Liebe, Ehe und Familie betont werden - soll es nun ums Fremdgehen, gar um Anstiftung dazu gehen...! Und das als Komödie! Im Theater fact kann man sich getrost darauf einlassen, obwohl dort nun nicht – wie gern beim Sommertheater – mit Verwechslungen, Verkleidungen, List, Hinterlist und Tücke der Marke Shakespeare gefochten wird.
Wie im Theater fact öfters zu sehen, stehen hier zwei Darstellergenerationen auf und hinter der Bühne. Ohne dass man das als extra Projekt-Idee verkauft. Bei Oscar Wildes „An ideal husband“ holte sich Prinzipalin, Autorin und Regisseurin Ev Schreiber die Ideen für dieses neue Duell einer Partnerschaft.
Man kann nicht sagen Schlacht der Geschlechter, denn hier haben zwei Herren mit gut 13 Jahren Altersunterschied gemeinsam Tisch und Bett. Sie feiern gerade Fünfjähriges, zumindest einer hat daran gedacht. Da schenkt man auch schon mal einen Nasenhaarschneider, und Weihnachten gab es Fußwärmer. Warum auch nicht, in einem Haushalt wo der Jüngere gebeten wird, die Pantoffeln zu holen.
Überhaupt gibt’s anfangs eine Hitparade der Klischees zu sehen, mit ein paar Irrläufern, da ein Putzlappen plötzlich zur Tischdecke wird, einer der Herren Sekt aus dem Glas schlürft, der andere an der Flasche hängt… Unter den Menschen geht es bunter zu als in der Strich-Code-Struktur der Tapeten gegenüber ambitioniert-modernen Gemälde…
„Alle gehen fremd, nur wir nicht!“
Frank ist der Ältere, gespielt von Uwe Kraus, schon in Gewohnheiten erstarrt. Als Jan wirbelt André Ryll in Küchenschürze durch den Haushalt. Fünf Jahre Schnitzel, meint Jans Schwester Sandy, wären Grund genug, es wäre Zeit, Sushi zu probieren. Der Sohn des Älteren, Hajo, gespielt von Till Petri, von Beruf zufällig Scheidungsanwalt, sieht das auch so. Kaum ist das bis dahin vermeintlich glückliche Paar allein, nimmt der Kampf um Sushi seinen Lauf… „Alle gehen fremd, nur wir nicht.“ Also los – aber nur für die nächsten zwei Wochen! Via Internet und SMS hat jeder schnell das erste Date und auch das zweite.
Hier endet die Nacherzählung der Geschehnisse. Es kommt alles anders und schon gar nicht so wie geplant. Oder letztlich doch?
Für Szene und Kostüme zeichnet Regisseurin Ev Schreiber mitverantwortlich, da wird sich neu eingekleidet und aufgedonnert, die Dame präsentiert edlen Goldfummel und hochhackige Spinatstecher. Theresa Neumann zeigt ein ehe- und fremdgehenerfahrenes Luder.
Verblüffend ist, wie Rhythmus und musikalische Einspiele zuerst behäbig daher kommen, und dann die Story wie in Atemzügen durchkomponiert scheint. Unmerklich entstehen da auch Denk- und Atempausen, wo im realen Alltag echten Lebens drüberweg gequasselt wird. Da haben Frank und Jan auch Gelegenheiten, mannigfaltig aneinander vorbeizugucken. So was ist Kammerspiel. Als das wird heute üblicherweise alles bezeichnet, wenn nur wenige Darsteller auf großer Rampe stehen.
„Sex ist innovativ“
Es hat mit diesem Theaterabend nicht direkt zu tun, trifft aber das Thema: „Sex ist innovativ“, meinte nämlich das Landesmuseum Liechtenstein, und beschrieb es so: „…jedes Kind ist anders. Damit können sie auf Änderungen in ihrer Umwelt besser reagieren als ihre Eltern. Das ist schneller und wirksamer als der Zufall. Der Preis dafür ist die aufwändige Partnersuche. Nicht alle finden einen Liebsten: einige sterben beim Versuch, andere können nicht überzeugen. Nur die Besten oder die Innovativsten kommen zum Erfolg.“ So stand es im Begleitbuch zur Ausstellung „SEXperten“, bei der es hauptsächlich um Tiere ging, und nur beiläufig um das Tier Mensch. Dort war auch zu lesen (Seite 82): „Den Kopf bei der Paarung zu verlieren, ist immer noch besser als sich gar nicht zu verpaaren und manchmal sogar besser als ihn zu behalten.“
„Ich dachte, wir wollten das Kribbeln, ein bisschen Spannung!“
Beziehungskisten haben gegenüber der Weltgeschichte mit Tötungsdelikten meist den Vorteil, dass man nach Kommunikationsproblemen und großem Krach doch noch mal drüber reden kann. „Ich dachte, wir wollten das Kribbeln, ein bisschen Spannung! Feuer entfachen“. Wenn man auf besserwissender Leute Rat reingefallen ist, lässt sich auch leicht ein Schuldiger finden. Ob nun beim früheren Problem „Bist Du bereit, die Zahnpastatube zuzuschrauben?“ oder ähnlichen punktgenauen Lebensentscheidungen, das Theater fact hat es nun mal gern mit solchen Problemen und Möglichkeiten ihrer Lösung.
Drei Schlüsse gibt es an diesem Abschied. Das zumeist paarweise erschienene Publikum einer Repertoirevorstellung, entspannt bei Getränken auf die Vorstellung und ihre Dramen lauernd, hatte seinen Spaß am Zusehen, applaudierte freudig und ausgiebig. Die kleine, feine Welt scheint in Ordnung zu sein.
Wenn der hauseigene Kommentar lautet: „Aber dieses Scheitern ist urkomisch“ steckt da Erfahrung, Einsicht und Erleichterung drin, die man freilich erst mal haben muss.
Man kann ja hinterher sagen, das Theater fact habe einen angestiftet!
Nächste Vorstellungen: 22., 23., 26., 27., 28.02.2015
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