Auch das Leipziger Vokalsextett voicemade hätte in der Adventszeit nur zu gern zu richtig feierlichen Weihnachtskonzerten eingeladen. Aber auch das macht der Lockdown nun unmöglich. Dabei hatte das Sextett für diese Weihnachtssaison extra das nahezu vergessene Weihnachtsoratorium von Kurt Thomas erarbeitet und wollte es in Konzerten in Döbeln, Bad Düben, Pegau und Leipzig zur Aufführung bringen.
„Da dies nun leider aufgrund der pandemischen Lage nicht möglich ist, wollen wir das Werk als Videoproduktion in zwei Teilen zumindest auf YouTube präsentieren“, sagt Johann Jakob Winter als Sprecher für voicemade.
Das „Weihnachtsoratorium nach Worten der Evangelisten“ für sechs Stimmen a Cappella op. 17 wurde 1931 als eines der frühen Chorwerke des aus Schleswig-Holstein stammenden Komponisten Kurt Thomas durch den Berliner Domchor uraufgeführt. Im Jahr seiner Entstehung wurde das anspruchsvolle Werk noch mehrfach an verschiedenen Städten in Deutschland aufgeführt, sogar im Rundfunk gesendet und sehr positiv aufgenommen. Am 18. und 19. Dezember 1931 erklang es unter anderem auch in Leipzig, unter der Leitung von Kurt Straube mit dem Thomanerchor.
„In der Folge ist es jedoch zu Unrecht in der Versenkung verschwunden und wurde nur noch wenige Male überhaupt zur Aufführung gebracht“, sagt Johann Jakob Winter. „Belegt ist eine einzige Schallplattenaufnahme aus den 1970er Jahren.“
Und dabei war Kurt Thomas nicht nur Student am Leipziger Konservatorium, sondern auch späterer Thomaskantor von 1957 bis 1960 und langjähriger Chorleitungsprofessor in Berlin und Frankfurt.
Sein musikalisches Erbe sei von hoher Bedeutung für die deutsche Musikkultur, so Winter. „Der vor allem auch als Pädagoge bekannte Thomas hinterließ ein breites Œuvre anspruchsvoller Chorliteratur, welches jedoch oft hinter seinen Lehrbüchern der Chorleitung zurückbleibt und in den Spielplänen wenig Beachtung findet.“
Margareta Jalkeus: Bereden väg för Herran (Bereitet dem Herrn den Weg)
Dass der Lebensweg des einstigen Thomaskantors Ecken und Kanten hat, ist ihm durchaus bewusst. Winter: „Die sehr kritisch einzustufende Verbindung Thomas´ zum nationalsozialistischen Regime (Parteieintritt 1940, Ergebenheitsbekundungen, Auftritte im offiziellen Rahmen) ist bekannt und keineswegs zu verharmlosen. Das Weihnachtsoratorium ist jedoch bereits zuvor entstanden und steht in keinerlei Verbindung zu parteipolitischen Zwecken und Ideologien. Auch ist dem Chorleiter und Pädagogen Thomas nach neuestem musikwissenschaftlichem Stand ein pragmatischer und nicht doktrinärer Umgang mit dem damaligen System nachgewiesen.“
Inhaltlich stellt das Weihnachtsoratorium ein Kompendium verschiedener Evangelientexte der Weihnachtsgeschichte verbunden durch Variationen verschiedener bekannter Kirchenliedmelodien, wie z. B. „In dulci jubilo“ und „Kommt und lasst uns Christum ehren“ dar. Das Werk ist aufgeteilt in vier Abschnitte, wobei die ersten beiden von der Verkündigung und Geburt Jesu handeln, während der dritte und vierte Abschnitt die Ankunft der Könige sowie die Geschichte des weisen Simeon behandeln.
Die Online-Premiere des ersten Teils, aufgenommen in der St.-Nikolai-Kirche Döbeln wird am zweiten Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember, um 15 Uhr auf dem voicemade-YouTube-Kanal stattfinden.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten unter anderem alle Artikel der LEIPZIGER ZEITUNG aus den letzten Jahren zusätzlich auf L-IZ.de über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall zu entdecken.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Keine Kommentare bisher