Nach ausgedehnter Asien-Tournee sind die Thomaner und das Gewandhausorchester wieder in Leipzig gelandet. Am Donnerstag führten Musiker und Chor die Matthäus-Passion in ihrer Heimstätte auf.
Die alljährlichen Passionsaufführungen in der Thomaskirche ziehen nach wie vor Menschen von nah und fern in großen Scharen in den Bann. Für viele Bach-Fans ist es freilich das höchste der Gefühle, das Opus Magnum einmal mit dem Thomanerchor an der Uraufführungsstätte zu hören. Dafür nehmen Musikfans nicht nur weite Anreisen in Kauf. Die Karten kosten bis zu 65 Euro. Die Akustik ist beileibe nicht mit dem klinisch reinen Klang eines Konzertsaals vergleichbar. Die hölzernen Kirchenbänke sind hart und von den allermeisten Plätzen hat man keine Sicht auf die Orgelempore. Dennoch sind die beiden jährlichen Konzerte stets bis auf den letzten Platz ausverkauft.
Am Donnerstag erlebte das Publikum eine ganz besondere Aufführung. Da der Thomanerchor nach wie vor einen Nachfolger für Altkantor Georg Christoph Biller sucht, stand in diesem Jahr Gotthold Schwarz am Pult. Der Stimmbildner hat die vakante Chorleiterposition noch bis Ende der Saison interimsweise inne. Bis zu den Sommerferien soll Billers Nachfolger engagiert sein. Vier Bewerber stehen in der engeren Auswahl.
Auf die Qualität der musikalischen Darbietungen hat die Ungewissheit über die Besetzung des Kantorats keine Auswirkungen. Schwarz, der Anfang der Neunziger selbst als Kantor gehandelt wurde, stellte am Donnerstag einmal mehr seine Kompetenzen als Chorleiter unter Beweis. Der Thomanerchor trug die anspruchsvollen doppelchorigen Chöre und Choräle gewohnt zuverlässig vor.
Im Mittelpunkt der Aufführung standen diesmal die Solisten. Das Gewandhaus hatte keine Kosten und Mühen gescheut. Tenor und Bass waren doppelt besetzt, natürlich mit Spitzen des Fachs. Benjamin Bruns gab einen donnernden Evangelisten. Klaus Häger trug den Christus mit erregendem Timbre vor. Die Tenor-Arien hörten sich aus dem Munde von Opernsänger Martin Petzold betont eloquent an. Der Bass Florian Boesch überzeugte die Zuhörer auf ganzer Linie. Altistin Marie-Claude Chappuis war mit ihrer aalglatten Stimmlage, mit der sie manch Arie interpretierte, der Gewinn des Abends. Sopranistin Sibylla Rubens hatte derweil mit der Akustik des Kirchenschiffs zu kämpfen.
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