Es jähren sich nicht nur wieder etliche geschichtliche Ereignisse, zu denen auch wieder neue Buchtitel zur Leipziger Buchmesse erscheinen. Geschichte scheint mittlerweile wieder wie ein Spiegel zu sein, in dem wir erschrocken Parallelen zur Gegenwart entdecken. Ganz so, als würden wir als Menschheit einfach nichts draus lernen. Oder vielleicht doch? Ein paar Lesungstipps zu „Leipzig liest“.
Volker Ullrich: Acht Tage im Mai. Die letzte Woche des Dritten Reiches
8. Mai 2020 – 75. Jahrestag des Kriegsendes. Vor 75 Jahren: Die letzte Woche des Dritten Reiches hat begonnen. Hitler ist tot, aber der Krieg noch nicht zu Ende. Alles scheint zum Stillstand zu kommen, und doch ist alles in atemloser Bewegung. Volker Ullrich schildert Tag für Tag diese „zeitlose Zeit“ und entführt den Leser in eine zusammenbrechende Welt voller Dramatik und Hoffnung, Gewalt und Angst. Volker Ullrichs Buch ist eine Zeitreise in den Untergang.
Volker Ullrich war von 1990 bis 2009 Redakteur bei der „Zeit“ und dort für das Ressort „Politisches Buch“ zuständig. Er hat zuletzt eine auch international erfolgreiche zweibändige Hitler-Biographie vorgelegt.
Termintipp: Acht Tage im Mai, 12. März, 15:30 Uhr im Zeitgeschichtlichen Forum (Grimmaische Str. 6).
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Susan Neiman: Von den Deutschen lernen. Wie Gesellschaften mit dem Bösen in ihrer Geschichte umgehen können
Lässt sich – politisch gesehen – etwas von den Deutschen lernen? Als Susan Neiman, eine junge jüdische Amerikanerin, in den achtziger Jahren ausgerechnet nach Berlin zog, war das für viele in ihrem Umfeld nicht nachvollziehbar. Doch sie blieb in Berlin und erlebte hier, wie die Deutschen sich ernsthaft mit den eigenen Verbrechen auseinandersetzten: im Westen wie im Osten, wenn auch auf unterschiedliche Weise.
Als dann mit Donald Trump ein Mann Präsident der USA wurde, der dem Rassismus neuen Aufschwung verschaffte, beschloss sie, dorthin zurückzukehren, wo sie aufgewachsen war: in die amerikanischen Südstaaten, wo das Erbe der Sklaverei noch immer die Gegenwart bestimmt. Susan Neiman verknüpft persönliche Porträts mit philosophischer Reflexion und fragt: Wie sollten Gesellschaften mit dem Bösen in der eigenen Geschichte umgehen?
Susan Neiman,1955 in Atlanta, Georgia, geboren, war Professorin für Philosophie an den Universitäten Yale und Tel Aviv, bevor sie im Jahr 2000 die Leitung des Einstein Forums in Potsdam übernahm. Auf Deutsch erschien von ihr zuletzt Warum erwachsen werden. Sie lebt in Berlin.
Termintipp: Von den Deutschen lernen, 15. März, 10:30 bis 11:00 Uhr, Das Blaue Sofa Glashalle, Stand 4.
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75 Jahre nach Kriegsende: Ein radikal neuer Blick auf Hitlers Leben, Denken und Handeln
Brendan Simms „Hitler. Eine globale Biographie“. Hitlers Denken kreiste nicht um den „Bolschewismus“ sondern um „Anglo-Amerika“. Die USA und das Britische Empire waren ihm Vorbild für ein deutsches Weltreich, das sich ebenfalls auf Landgewinn, Rassismus und Gewalt gründen sollte.
Brendan Simms ist Professor für die Geschichte der internationalen Beziehungen an der Universität Cambridge. Er forscht und publiziert zur Geschichte Europas sowie Deutschlands und ist Autor zahlreicher Bücher, die breite Beachtung fanden. Dazu gehören „Kampf um Vorherrschaft. Eine deutsche Geschichte Europas 1453 bis heute“ (2014) sowie „Die Briten und Europa. Tausend Jahre Konflikt und Kooperation“ (2018).
Termintipp: Samstag, 14. März, 18 Uhr im Grassisaal der Stadtbibliothek
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Michael Martens: Im Brand der Welten. Ivo Andric. Ein europäisches Leben
„Für die epische Kraft, mit der er Motive und Schicksale aus der Geschichte seines Landes gestaltet“, wurde Ivo Andric 1961 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Michael Martens zeigt in seiner meisterlich geschriebenen Biografie einen außergewöhnlichen Lebensweg nach: Es führt von der Kindheit in Bosnien über das Attentat von Sarajevo 1914 bis zu Andrics Zeit als Diplomat des Königreichs Jugoslawien in Hitlers Berlin. Diesen bewegten Zeiten folgen Jahre im von den Deutschen okkupierten Belgrad, als Andric in völliger Zurückgezogenheit die großen Romane schreibt, die ihm Weltruhm einbringen werden – selten hat es ein bemerkenswerteres Dichterleben gegeben.
Termintipp: Im Brand der Welten, 14. März, 12:30–13:30 Uhr im Common Ground-Traduki Forum Halle 4, Stand D507
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Fragmente aus der Endzeit
Am Donnerstag, 12. März, 18 Uhr, laden das Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow und Vandenhoeck & Ruprecht Verlage dazu ein, mit Günther Anders (1902–1992) einen Philosophen und Schriftsteller kennenzulernen, an dessen Werk sich die Veränderungen des Geschichtsbewusstseins vom 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart aufzeigen lassen.
Die Kulturhistorikerin Dr. Anna Pollmann stellt ihre Publikation „Fragmente aus der Endzeit“ über das negative Geschichtsdenken bei Günther Anders vor, die vor wenigen Wochen erschienen ist. Der Leipziger Historiker Prof. Dr. Ulrich Brieler moderiert das Gespräch; begleitend werden Textpassagen von Anders gelesen. Das Gespräch findet im Rahmen des Lesefestivals „Leipzig liest“ der diesjährigen Buchmesse in der Café-Bar Radrevier statt. Der Eintritt ist frei.
Wie lässt sich Geschichte von ihrem möglichen Ende her begreifen? Der deutsch-jüdische Philosoph Günther Anders ist für seine Deutungen der atomaren Endzeit bekannt. In ihrer Publikation rekonstruiert die Autorin sein negatives Geschichtsdenken von der Genese in den 1930er Jahren bis hin zur Rezeption seiner Endzeitdiagnosen in den neuen sozialen Bewegungen ab den 1960er Jahren. Sie zeigt, wie stark sich die Zerrüttung des Geschichtsbewusstseins im 20. Jahrhundert auch in der Form seines Werkes spiegelt.
Die Zäsuren von Auschwitz und Hiroshima werden dabei in ihrer unterschiedlichen Bedeutung für die Grenzen historischen Denkens behandelt. Die Topografie von Anders’ Emigration und Remigration nachzeichnend, führt die Veranstaltung an biografische Stationen wie das Exil in Paris und Los Angeles und ins Berlin und Wien nach 1945. Im Fokus stehen außerdem die ideengeschichtlichen Kontexte seines Geschichtsdenkens, das nicht nur mit Blick auf die gegenwärtigen Klimaproteste und die Kritik am digitalen Kapitalismus noch heute relevant ist.
Die Autorin Dr. Anna Pollmann war von 2009 bis 2016 als Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Dubnow-Institut tätig.
Termintipp: Lesung und Gespräch mit Anna Pollmann und Ulrich Brieler am 12. März, 18 Uhr, in der Café-Bar Radrevier (Friedrichstr. 13).
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Mitteldeutsche Geschichte. Sachsen – Sachsen-Anhalt – Thüringen
Was eint die drei Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen? Was trennt sie? Diese Fragen beantwortet der Historiker Steffen Raßloff in seiner Gesamtdarstellung zur mitteldeutschen Geschichte, die jetzt im Sax Verlag erschien. Von der Ur- und Frühgeschichte spannt er den Bogen bis in die jüngste Zeit.
Berichtet wird vom Königreich der Thüringer wie vom wettinischen Adelsgeschlecht, das einst große Teile der Region beherrschte. Beeindruckendes erfährt man aber auch über die historische Vielfalt Mitteldeutschlands: Vom klassischen Weimar über das Dessau-Wörlitzer Gartenreich bis hin zum barocken Dresden Augusts des Starken konnte sich eine einmalig dichte Kulturlandschaft entfalten.
Zahlreiche Impulse gingen vom Lande Luthers, Bachs, Goethes und des Bauhauses aus und prägen bis heute unsere Kultur. Auf unterhaltsame Weise lässt der Autor wichtige Orte, Ereignisse und Persönlichkeiten der drei Länder Revue passieren, gibt Hinweise auf bedeutende Museen und Gedenkstätten und reflektiert die heutige Erinnerungskultur.
Termintipp: Donnerstag, 12. März, 18 Uhr Führung (Treffpunkt vor dem Wustmannsaal des Stadtarchivs, Alte Messe) und 19 Uhr Buchpräsentation mit dem Autor Steffen Raßloff. Stadtarchiv Leipzig, Wustmannsaal (Straße des 18. Oktober 42).
Das Stadtarchiv und der Sax-Verlag laden zu dieser Gemeinschaftsveranstaltung ein. Der Eintritt ist frei.
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Olaf Jacobs: Die Treuhand – ein deutsches Drama
„Treuhand“ – der Begriff steht bis heute für viele Ostdeutsche synonym für Willkür, Wirtschaftsmacht und intransparente Deals. Das Buch spürt der Geschichte der polarisierenden Institution nach. Durch die Vielfalt der Geschichten wird die facettenreiche Arbeit der Treuhandanstalt in ihrer ganzen Ambivalenz deutlich: Mal war sie Helfer, mal Bremsklotz und mal Totengräber.
Olaf Jacobs „Die Treuhand – ein deutsches Drama“ erscheint im Mitteldeutschen Verlag.
Termintipp: Freitag, 13. März, 17:30 Uhr im Zeitgeschichtlichen Forum (Grimmaische Str. 6).
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Mut zum Protest: Erfahrungen von DDR-Zeitzeugen
14 Menschen hat Aleksandra Majzlic für ihr Buch „Mut zum Protest: Erfahrungen von DDR-Zeitzeugen“ porträtiert. Aleksandra Majzlic lebt in München. Die DDR lernte sie als junges Mädchen praktisch nur bei Familienbesuchen in Sachsen kennen. Aber vor zehn Jahren ließ sie das Thema nicht mehr los. Sie wollte jenen Menschen im Osten ein Buch widmen, die unter dem SED-Regime gelitten haben. Meist sind es ja ostdeutsche Autorinnen und Autoren, die sich des Themas annehmen. Da ahnte Aleksandra Majzlic wohl noch nicht, dass das kein schnell gemachtes Buch wird.
Doch das Buch ist fertig und zur Buchmesse liest sie daraus.
Termintipps: 14. März, 15:30 Uhr im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig
14. März, 19:30 Uhr im Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig (BStU, Dittrichring 24).
Mut zum Protest: 14 Porträts von Menschen, die sich ihren Widerstandsgeist nicht austreiben ließen
Mut zum Protest: 14 Porträts von Menschen, die sich ihren Widerstandsgeist nicht austreiben ließen
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