Es ist Krieg. Die Hälfte der großen Industrienationen bereitet sich gerade auf einen Militärschlag gegen Syrien vor. Warum eigentlich? Wer schreibt das Drehbuch für solche Kriege? Und wer schreibt alles mit? - Im März schon veröffentlichte die Lyrikgesellschaft ihr neues Poesiealbum "Gegen den Krieg" und ging damit auf Lesetour. Jetzt liegt auch eine CD vor zum Reinhören. Und Filmemacher sind eingeladen, Videoclips zu den Gedichten zu drehen.

Das Poesiealbum bot Gedichte von fast 60 Autorinnen und Autoren – über den Krieg, die Erinnerung an vergangene Kriege und die bis heute sichtbaren Wunden, die Angst vor neuen Kriegen, das Mitleiden mit den Völkern, die in unserer Zeit Opfer eines Krieges wurden. Und immer wieder mittendrin Gedichte wie kleine Blitze, die zeigen, wie der Krieg unter uns lebt und wie eifrig daran gearbeitet wird, ihn immer wieder denkbar zu machen.

Natürlich hat das mit Versagen von Politik zu tun. Eine Politik, die den Krieg nicht wirklich als allerletzte Option betrachtet, ganz am Ende, wenn diplomatische Schweißarbeit nichts half und auch wirtschaftliche Sanktionen nicht, hat versagt. Hat auf ganzer Linie versagt. Sie steckt noch da fest, wo einst selbst Carl Clausewitz sie nicht verortete: In der Unfähigkeit zu gestalten. Dazu gehört Wissen und Kompetenz. Doch davon scheint es, obwohl die Mächte der Welt gigantische elektronische Überwachungsmaschinen gebaut haben, immer weniger zu geben. Medien treiben zum Krieg wie vor 100 Jahren. Als hätten auch sie nichts dazugelernt, nicht das notwendige Maß an Skepsis und Wissen um Kosten und Destabilisierungen. Eingelullt vom Geplärr der Unternehmenskolportage, es müssten heuer Kriege um Rohstoffe geführt werden. Und Menschenrechte seien mit Waffengewalt durchzusetzen.

Kein Wort über die wirtschaftlichen Ambitionen hinter der Kriegshysterie.

Aber viele Werbeblasen, als könne man den eigenen Allmachtswahn mit schönen Worten verbrämen.

Brigitte Struzyk schreibt in ihrem Gedicht “Auf Befehl, Mensch! (Männer!)” einen mehr als wahren Vers beim Betrachten einer Hundertschaft nackter, zum Baden befohlener Männer: “Schöne nackte Männerleiber, sie könnten auch gefallen, / sie könnten auch gefallen sein im Verteidigungsfalle / organisierten Verbrechens.”

Da lässt sie Tucholsky anklingen mit seinem “Soldaten sind Mörder.” 1931 klagte deshalb ja bekanntlich Reichswehrminister Wilhelm Goener gegen den “Weltbühne”-Herausgeber Carl von Ossietzky, der das Denkproblem des amtierenden Kriegsministers deutlich auf den Punkt brachte: “Aber es ist falsch, wenn man annimmt, dass es sich in dem ?Weltbühnen?-Artikel um die Diffamierung eines Standes handelt; es handelt sich um die Diffamierung des Krieges.”Doch genau das war bei den Kriegstrommlern der späten Weimarer Republik wieder höchst unerwünscht. Und es sieht ganz danach aus, dass es heute wieder so ist, wo kein Tag vergeht, an dem der US-Präsident Obama nicht hingestellt wird wie einer, der sich nicht zum Krieg aufraffen kann oder will und es trotzdem tut. Als stünden dahinter nicht Leute genug, die seit Jahren dafür sorgen, dass ein Land wie die USA der Kriegswirtschaft opulente Aufträge verschafft. Und Krieg verschafft Aufträge. Auch in Deutschland, wo die Exporte der Rüstungsindustrie in den letzten Jahren drastisch angezogen sind. Hauptzielgebiet der Exporte: der Nahe Osten, wo die Kriegsfeuer brennen.

Auch nur ein kritisches Überlegen auf höchster politischer Ebene, wie man gegensteuern könnte? – Fehlanzeige. Eine intensive Arbeit an einer neuen Friedenspolitik? Fehlanzeige. Der Versuch, eine europäische Friedenspolitik zu schaffen? Fehlanzeige.

Was kann man da tun?

Für Lyriker bleibt eigentlich nur der Weg zu mahnen, zu warnen, ihre Furcht zu bekennen vor dem, was da geschieht.

Die Lyrikgesellschaft hat es mit dem Poesiealbum “Gegen den Krieg” schon recht eindrucksvoll getan. Für die CD wurden alle Gedichte sehr einfühlsam von Maja Gille, Claudia Müller und Axel Thielmann eingelesen. Da auch Mundartgedichte darunter sind, haben Manfred Jung und Fitzgerald Kusz ihre Texte selbst eingelesen.

Das Ganze wirkt recht melancholisch. Was auch an den Klangbildern des Trios “Die lyrischen Saiten” liegt, die einen recht feierlichen, sehr nachdenklichen Hallraum schaffen. Ganz so, als wäre der Krieg schon da und gelte es, schon Abschied zu nehmen von den zum Heldsein verdammten jungen Männern. Wie sehr die aktuelle Ausstellung “Helden nach Maß” im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig einen ganz wunden Punkt getroffen hat, zeigt schon das erste Gedicht von Guntram Vesper “Wandertag”, in dem Geschichtslehrer Rentzsch seine Klasse zur Wanderung auf das Schlachtfeld bei Leipzig führt.

So nebenbei erwähnt Vesper, dass dieser Lehrer wenig später in Bautzen saß. Wohl auch, weil er seinen Schülern so etwa Wahres mitgab wie: “eure Völkerschlacht kommt erst, morgen / übermorgen, in ein / paar Jahren, erst die Kartoffelkampagne / dann der Krieg um die Rüben, am Ende die Rempelei / um die Posten, die Frauen, die Kohle, zu allerletzt / der Abmarsch in die / ewigen Jagdgründe, nach Wallhall, nennts / wie ihr wollt, liegt / alles noch vor euch, haltet mal schon / zur Übung / die Ohren steif, ihr kommenden / Helden.”Womit man dann schon bei den Prägungen wäre, der frühen Erziehung zum Heldsein. Und zum Heldseinwollen. Damit verdienen heute ganze Medienunternehmen ihr Geld.

Und sorgen dafür, dass Heldenideale und Kriegsphantasien weiter wirken. Und auch Alternativen verbauen, auch in der Erziehung von Jungen.

Aus der Sammlung von Anti-Kriegs-Gedichten wird jetzt ein drittes Projekt.

Für den Zeitraum 1. September 2013 bis 30. Juni 2014 schreibt die Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik e.V. ihren 2. Gedichtfilm-Wettbewerb aus. Eingeladen sind Filmemacherinnen und -macher, Videokünstlerinnen und -künstler sowie Laien aller Couleur, aller Länder und jeden Alters, sich mit bis zu zwei Gedichtfilmen an diesem Wettbewerb zu beteiligen. Dazu laden jetzt die SAEK und die Lyrikgesellschaft gemeinsam ein.

Insgesamt stehen Geld- und Sachpreise im Gesamtwert von 2.650 Euro zu Verfügung. Die Auszeichnungsveranstaltung findet am 14. Oktober 2014 in der Leipziger Stadtbibliothek statt. Am 20. Oktober 2014 werden im DOMFORUM Köln gleichfalls die besten Clips gezeigt.

Vorgegeben werden von der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik die 59 Texte, die in der Ausgabe 1/2013 der Reihe “Poesiealbum neu” mit dem Titel “Gegen den Krieg. Gedichte & Appelle” veröffentlicht und auf dem Hörbuch “Schwarze Ängste” als Audio-CD produziert worden sind. Preisstifter sind die Saxonia Media GmbH, die Leipziger Buchmesse, ein Großteil der Autorinnen und Autoren des Hörbuchs “Schwarze Ängste”, der “Belantis”-Park und die Hugendubel-Filiale Leipzig.

Unterstützt wird der Gedichtfilm-Wettbewerb “Schwarze Ängste – Poetry Clips gegen den Krieg” von den Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanälen (SAEK). Interessierte Filmemacher können sich bei den SAEK-Standorten in ganz Sachsen melden und erhalten hier fachliche und technische Unterstützung.

Für die Teilnahme am Wettbewerb ist eine schriftliche Anmeldung mit Angabe der Adresse unbedingt notwendig. Die Teilnahmegebühr beträgt 15 Euro (für Anmeldungen aus dem Inland) bzw. 18 Euro (bei Anmeldungen aus dem europäischen Ausland).

www.saek.de/gedichtfilm-wettbewerb-geht-in-die-zweite-runde/

www.lyrikgesellschaft.de/gedichtfilm-wettbewerb.php

http://de.wikipedia.org/wiki/Soldaten_sind_M%C3%B6rder

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