Die erste Filmadaption von Stephen Kings Romandebüt erlangte Kultstatus. Brian De Palma setzte 1976 Horror-Maßstäbe, die bis heute gelten. Trotz alledem wagte sich Hollywood an eine Neuverfilmung. Herausgekommen ist kein plattes Remake, sondern eine sehenswerte Neuinterpretation des Klassikers.
Die Story ist schnell erzählt: Carrie (Chloë Grace Moretz) ist Einzelkind, wächst bei ihrer religiösen Mutter (Julianne Moore) auf und verfügt über telekinetische Fähigkeiten. Von ihren Mitschülern wird die Teenagerin gemobbt. Weil sie Schwierigkeiten hat, Anschluss zu finden, ist sie das perfekte Opfer für fiese Hänseleien. Doch ihr Talent, Dinge mit Kraft ihrer Gedanken bewegen zu können, verleiht ihr ein neues Selbstbewusstsein. Am Tage des Abschlussballs kommt es zur tödlichen Katastrophe.
Regisseurin Kimberly Peirce orientiert sich bewusst nicht an De Palmas Meilenstein. Deswegen ist “Carrie” keines dieser plumpen Remakes von Horrorklassikern der Siebziger und Achtziger, die seit den 2000er-Jahren über die Leinwände flimmern. Die Filmemacherin transformiert den Stoff nicht nur ins Facebook-Zeitalter. Sie interpretiert ihn auch neu. Im Fokus steht nicht der Grusel vor dem Unbekannten. Die meisten Zuschauer dürften die Geschichte ohnehin kennen.
Deswegen richtet Peirce ihr Augenmerk auf den inneren Konflikt ihrer Hauptfigur. Mit Chloë Grace Moretz fand sie eine Darstellerin, die das Innenleben Carries, ihre Gefühle, ihre Sehnsüchte, mit Mimik und Gestik wiederzugeben weiß.
Einerseits möchte Carrie liebend gern am weltlichen High-School-Leben partizipieren. Sie ist ein Mädchen mit typisch pubertären Interessen. Andererseits sieht sie sich zuhause den strengen Zwängen und Regeln ihrer Mutter ausgesetzt. Eine christliche Fundamentalistin, großartig gespielt von Julianne Moore, die ihrer Tochter jeden Draht zur Außenwelt außerhalb des Schulalltags verbietet. Carrie habe sich ihrem religiösen Wahn zu beugen. Die Eskalation ist eine Frage der Zeit.
Peirce liest die Carrie-Figur als ein Opfer seiner Umwelt, das in einer extremen Stresssituation zum Täter mutiert. Die Figuren ihrer Inszenierung bewegen sich geradlinig auf die unausweichliche Katastrophe zu.
Der Film beschreibt treffend die Anatomie einer pubertären Clique, deren Credibility auf dem Ausgrenzen Einzelner fußt. Erst im Angesicht der tödlichen Konsequenz bittet wenigstens eine Schulkameradin Carrie sinnbildlich um Vergebung. Zu spät.
USA 2013, R: Kimberly Peirce, D: Chloë Grace Moretz, Julianne Moore, Judy Greer, Portia Doubleday, Gabriella Wilde, 100 Min, FSK 16.
Filmstart ist der 5. Dezember, zu sehen im Cineplex, CineStar, Regina Palast und UCI Nova Eventis.
Die Seite zum Film:
www.carrie-movie.net
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