Am Donnerstag, dem 7. März, wurde im Leipziger Tapetenwerk die multimediale Wanderausstellung „Kulturretter:innen“ eröffnet. Besucher/-innen lernen darin außergewöhnliche Menschen und ihre Nachfahr/-innen kennen, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden, Kultur bis in die Gegenwart gerettet und damit Widerstand geleistet haben. Durch die persönlichen Geschichten von acht Kulturretter/-innen aus vier Generationen schafft die Ausstellung einen interaktiven und zeitgemäßen Zugang zur NS-Geschichte.
Die Kulturretter/-innen versteckten Diamanten und verteilten heimlich Flugblätter, sie retten Musik vor dem Vergessen, verarbeiten Erinnerungen in Kurzgeschichten und Comics, verwandeln Emotionen in Kunstwerke, erforschen Familiengeheimnisse und verlegen Stolpersteine. Ihre Geschichten machen Geschichte greifbar und empowern.
„Kultur ist wie ein Netz, das uns mit anderen Menschen verbindet. Im Nationalsozialismus wurde dieses Kulturnetz stark beschädigt, Kultur wurde zerstört und geraubt, Menschen verdrängt und ermordet. Mit unserer Ausstellung zeigen wir mutige Menschen, denen es gelungen ist, Teile dieses Kulturnetzes zu reparieren“, sagt Dr. Ljiljana Heise, Kuratorin der Ausstellung.
Die Ausstellung bietet insbesondere für junge Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zu den Themen Aufarbeitung und Ausgrenzung: Die Besucher/-innen erleben die Geschichten der Kulturretter/-innen in Videos, Fotos, Graphic Novels und Hörspielen. Sie werden an interaktiven Stationen gefragt: „Was ist Kultur für Dich und was würdest Du retten?“, oder „Wann wärst Du gerne mutiger gewesen?“
Schulklassen können für den Besuch individuelle Termine vereinbaren.
Die Ausstellung in Leipzig bildet den Auftakt der Ausstellungstour. Im Anschluss gastiert sie vom 26. April bis 11. August 2024 im NS-DOK in Köln und vom 26. September bis 17. November 2024 auf Kampnagel in Hamburg.
Das Projekt wird von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert. Ein Projekt der Bildungsagenda NS-Unrecht. Konzeption und Produktion: Kooperative Berlin Kulturproduktion KBK e. V.
Kulturretter/-innen in der Ausstellung
Nora Hespers, Journalistin: Noras Opa Theo wurde von den Nazis erhängt. Ihr Vater erzählt es ihr immer wieder. Sie greift die Geschichte im Widerstandslied „Mein Vater wird gesucht“ auf. Video & Audio
Emanuel Meshvinski, Komponist: Emanuel und das Jewish Chamber Orchestra Hamburg spielen Musik von vergessenen Komponist/-innen. Video & Audio
Eva Weyl, Zeitzeugin: Ohne es zu wissen, rettet Eva Diamanten vor den Nazis. Audio
Shlica Weiß, Sozialpädagogin: Die Geschichte der Verfolgung von Sinti/-zze und Rom/-nja im NS soll endlich in den Köpfen der Menschen ankommen. Video
Gertrud ‚Mucki‘ Koch (1924–2016) und die Gruppe Edelweiß, Widerstandskämpferin: Mit Freund/-innen gründet Gertrud die Gruppe Edelweiß. Sie lieben die Natur, wandern, singen und sie sind gegen Hitler!
Klara Gorlatschowa, Zeitzeugin: Klara überlebt das KZ Petschora. Und sie rettet ein Lied aus dem KZ. Audio
Ursula Rössner, Künstlerin: Ursula ist Künstlerin. Sie erbt Objekte und Emotionen und verwandelt sie in Kunst! Video
Jaka Smerkolj Simoneti, Daramturg & Stanka Kranjc Simoneti, Zeitzeugin: Stanka ist 15 Jahre alt, als sie in das Jugend-KZ Uckermark für Mädchen und junge Frauen verschleppt wird. Stanka überlebt. Ihr Enkel Jaka ist 18 Jahre alt, als er den Gedenkort in der Uckermark zum ersten Mal besucht.
Anja-Susann Schröder & Tom-Henri Schröder, erforschen ihre Familiengeschichte und verlegen Stolpersteine: Anja findet den Namen ihrer Urgroßmutter auf einer Deportationsliste und lüftet damit ein lang gehütetes Familiengeheimnis. Video
Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig: Die Hugo Schneider AG (HASAG) ist während des Zweiten Weltkriegs Sachsens größter Waffenhersteller. 2001 wird hier die Gedenkstätte gemeinsam mit ehemaligen Zwangsarbeiter/-innen eröffnet.
Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine: Das Hilfsnetzwerk wurde mit Beginn des vollumfänglichen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine im März 2022 ins Leben gerufen. Es unterstützt Überlebende der NS-Verfolgung, ihre Angehörigen und durch den Angriffskrieg betroffene Helfer/-innen.
Initiative Dessauer Ufer: Die Initiative setzt sich für einen Gedenkort für das ehemalige KZ-Außenlager im Hamburger Freihafen ein.
Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e.V.: Die Initiative arbeitet seit 1997 auf dem Gelände des ehemaligen KZ für Mädchen und junge Frauen in der Uckermark.
„Kulturretter:innen – Die Wanderausstellung. Wie Kultur vor dem Vergessen gerettet und damit Widerstand gegen das NS-Regime geleistet wurde“
Die Ausstellung ist vom 8. März bis zum 12. April 2024 im Tapetenwerk Leipzig – Halle C, Lützner Straße 91, 04177 Leipzig, zu erleben.
Öffnungszeiten: Mi. – So., 13–18 Uhr und nach Vereinbarung. Eintritt frei.
Keine Kommentare bisher