Die ganz große Klinger-Ausstellung hat das Museum der bildenden Künste in Leipzig auf die Beine gestellt. Aber dort, wo Klinger seine letzten Lebensjahre verbracht hat, nahm man den 100. Todestag ebenfalls zum Anlass, den Künstler mit besonderen Ausstellungen zu würdigen. Eine davon wurde am Samstag, 3. Oktober, in der Galerie im Schlösschen am Markt in Naumburg eröffnet.

Allmählich neigt sich das 100. Todesjahr Max Klingers seinem Ende zu. In zahlreichen Ausstellungen wurde des Leipziger Künstlers gedacht, das Museum der bildenden Künste widmete ihm ein Großprojekt, das ab 15. Oktober in Bonn eine noch gewaltigere Fortsetzung finden wird.

In bescheidenerem Umfang thematisierte das Stadtmuseum Naumburg im Max-Klinger-Haus Großjena dem Anlass entsprechend den Tod Klingers, das Begräbnis und die Grabgestaltung, während in der Galerie im Schlösschen unter dem Titel „Griffelkunst“ eine umfangreiche Ausstellung von Radierungen stattfand, die Klingers Meisterschaft in den grafischen Künsten abermals eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Was nach wie vor offenbleibt, ist die Frage nach Klingers Nachwirken. Mit diesem Thema beschäftigt sich eine Schau, die seit dem 3. Oktober ebenfalls in der Galerie im Schlösschen am Markt zu sehen ist. Unter dem vielsagenden Titel „Wahlverwandtschaften“ hat der Kunsthistoriker Dr. Richard Hüttel – vor seiner Pensionierung als stellvertretender Leiter des Museums der Bildenden Künste in Leipzig – zusammen mit dem Leipziger Sammler Bodo Pientka eine umfangreiche Auswahl von Arbeiten zusammengestellt, die unmittelbar aus dem Künstler-Kreis um (und in der Nachfolge von) Max Klinger stammen.

Als eine „fast magische Anziehungskraft gegeneinander“ hatte Goethe in seinen „Wahlverwandtschaften“ die sanfte Gewalt, die Liebende zusammenhält, beschrieben. Man kann wohl von einer solchen Wahlverwandtschaft zwischen Max Klinger und zahlreichen Künstlern seiner Zeit sprechen, die zu einer mal stärkeren, mal schwächeren, ja manchmal auch – wie in Goethes Roman – zu einer leidenschaftlichen Anziehungskraft führte. Max Klinger war die Zentralgestalt eines lebhaften, inspirierenden Kreises, der aus Otto Greiner, Sascha Schneider, Bruno Héroux, Paul Horst-Schulze, später auch Richard Müller, Otto Richard Bossert, Alois Kolb, Erich Gruner, Fritz Zalisz, Walter Hammer, Otto Weigel und anderen bestand.

Es gehört zu den Ironien der „Geschichte der Moderne“, dass Max Klingers Impulse und seine Bedeutung für die Kunst des 20. Jahrhunderts heute weitgehend vergessen zu sein scheinen, obwohl er „ein ganzes Universum neuer Inhalte“ geschaffen hat. Noch vergessener ist sein Kreis, dem man erst in letzter Zeit zubilligt, dass er wie Klingers „Griffelkunst“ sowohl technische als auch geistige Maßstäbe weit über Leipzig hinaus gesetzt hat.

Es wird Zeit, sich des Vergessenen zu erinnern, Künstler wiederzuentdecken, von denen man sehr lange nichts mehr gehört hat. Die Sammlung Bodo Pientka, von der mit rund 100 Arbeiten nur ein geringer Teil gezeigt werden kann, gibt eine hervorragende Gelegenheit, auf Entdeckungsreise zu gehen.

Zur Ausstellung, die vom 3. Oktober bis 22. November läuft, ist eine vom Museumsverein Naumburg herausgegebene, aufwendig gestaltete Begleitbroschüre erschienen, die neben kurzen Aufsätzen zum Thema knappe Biographien aller beteiligten Künstler und zahlreiche Abbildungen aufweist. Erhältlich ist sie für 5 Euro.

In Naumburg gibt es ab dem 12. September gleich drei Ausstellungen zu Max Klinger zu sehen

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Die neue „Leipziger Zeitung“ Nr. 83: Zwischen Ich und Wir

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