Man staunt durchaus, was so im Jahr 2016 alles an Kunst passiert. Als hätten einige junge Leute beschlossen, die Zukunft wieder ganz vorn anzufangen, in jener unter Staub und Schrott begrabenen Zeit, als die Zukunft noch frisch war, nach Robotern, Raketen und Raumreisen schmeckte und ein Illustrator namens Hans Ticha sie in Szene setzte. Als hätte er sich mit Benjamin Dittrich bei einem Ausflug „Zurück in die Zukunft“ getroffen.

Ganze Serien utopischer Romane hat der 1940 geborene Grafiker illustriert, hat der Zukunft ein Gesicht gegeben, das mit plastischen Elementen spielte und die handelnden Menschen den Robotern und Künstlichen Intelligenzen immer ähnlicher machte. Die Figuren wirken selbst im Jahr 2016 noch frisch und gegenwärtig, als hätte er den Zwang der technologischen Gesellschaft zur Selbstperfektionierung zum Thema gemacht.

Das ist der Punkt, an dem sich seine Bilderwelt mit den Bildfindungen des 1987 in Düsseldorf geborenen Benjamin Dittrich trifft. Der studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, wo er 2012 sein Diplom mit Auszeichnung und 2015 den Meisterschülerabschluss bei Prof. Annette Schröter absolvierte. Seine Arbeiten wurden außerhalb Deutschlands bereits in Mexico City, New York, Budapest und Wien gezeigt. Er erhielt einige Stipendien und Preise, darunter den Preis der 23. Leipziger Jahresausstellung, dessen Preisträgerausstellung in der Galerie b2 zu sehen ist. Er lebt und arbeitet in Leipzig.

Anlässlich der Eröffnung der 23. Leipziger Jahresausstellung „Immer und ewig“ im Juni 2016 wurde ihm der Preis der Leipziger Jahresausstellung verliehen. Der Preis ist in diesem Jahr dem sächsische Künstler Klaus Hähner-Springmühl (1950 – 2006) gewidmet.

Gestiftet von der Sparkasse Leipzig, der Elke und Thomas Loest Stiftung und der Doris-Günther-Stiftung ist der mit 10.000 Euro Preisgeld der höchst dotierte jährlich vergebene Leipziger Kunstpreis. Über die Vergabe des Preises entschied eine fünfköpfige unabhängige Jury, der neben dem Preisträger des vergangenen Jahres, Thomas Taube, die Kunstwissenschaftlerinnen Adina Fahr und Dorothea List und die Kunsthistoriker Thorsten Hinz und Martin Schieder angehörten. Präsenz und Fernwirkung sowie die technische und künstlerische Auseinandersetzung mit S/W-Kontrasten in dem Beitrag beeindruckte die Jurymitglieder.

In der Preisträgerausstellung der Leipziger Jahresausstellung mit dem sprechenden Titel „Lokaler Superhaufen“, die am heutigen Freitag, 21. Oktober, eröffnet wird, werden zwei neue Werkzyklen zu sehen sein. Einmal die gesamte 67-teilige Linoldruckserie „KEN67“, sowie mit der Serie „AW“ seine neuesten Arbeiten mit Lack auf Leinwand.

Den Ausgangspunkt der Arbeiten Benjamin Dittrichs bilden ausrangierte, oftmals überholte Naturbildbände und Enzyklopädien sowie populärwissenschaftliche Sachbücher. In ihnen findet der Künstler den vom Menschen gefilterten Blick auf die Natur, ihre Phänomene und die zugehörigen Erklärungsmodelle, die ihn im eigenen Schaffensprozess antreiben. Dabei faszinieren ihn insbesondere das in Buchform komprimierte Wissen, sowie die Idee, das ganze Universum in einem einzigen Band abzubilden und zu beschreiben. Wir kategorisieren, klassifizieren, katalogisieren. Wir bezeichnen Dinge, suchen unablässig nach Ähnlichkeiten. Dies greift er in seinen Arbeiten auf — das existenzielle menschliche Bedürfnis, die Umwelt zu ordnen, bzw. den Versuch einer Ordnung.

Zur Ausstellung erscheint das Künstlerbuch „Ferne Laute“ mit 65 schwarz-weißen Original-Linolschnitten im Lubok Verlag Leipzig.

Die Preisträgerausstellung der Leipziger Jahresausstellung „Lokaler Superhaufen“ von Benjamin Dittrich wird am Freitag, 21. Oktober, um 19 Uhr in der Galerie b2_ (Spinnerei, Spinnereistraße 7, Gebäude 20) gemeinsam mit dem Verein der Leipziger Jahresausstellung eröffnet.

Ausstellungszeitraum: 22. Oktober bis 19. November 2016. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 13 bis 18 Uhr, samstags 11 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.

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