Bruno Griesel ist ein Maler der so viel zitierten Neuen Leipziger Schule, die eigentlich gar nicht mehr so neu ist. Aus den einstigen Geheimtipps sind längst feste Größen der internationalen Kunstszene geworden. Stars, wie Neo Rauch oder Michael Triegel, verdienen mit ihren Bildern teilweise fünfstellige Summen und sind da, wo viele junge, talentierte Maler vielleicht nie hinkommen werden. Sie waren die Wegbereiter zurück zur gegenständlichen Malerei. Wobei gegenständlich sicherlich mehr zu bedeuten hat, als dass man erkennt, was der Maler abbildet.
Denn auch hinter gegenständlicher Malerei kann sich bei genauem Hinsehen mehr verbergen, als es der erste Blick zu offenbaren vermag. Das widerfuhr auch den Gästen der Vernissage Griesels anlässlich der Eröffnung des renovierten Weißen Hauses in Markkleeberg.
Eine sinnige Verbindung. Griesel, 1960 in Jena geboren, ging im Alter von elf bis 17 Jahren in Markkleeberg aufs Gymnasium. „White Cube“ ist der Titel der Ausstellung, was sich natürlich auf den Kubus des Weißen Hauses bezieht. Griesel, der bei Bernhard Heisig Meisterschüler war, ist jedoch im Gegensatz zu manchen seiner Kollegen ein eher zurückgezogener, stiller Künstler. Keiner, der das Licht der Öffentlichkeit sucht. Leise spricht er, wenn er sagt, dass er sich eigentlich nur für die Kunst interessiert und für sonst nichts. Den ganzen „PR-Kram“ hätte er am liebsten vom Hals, um sich ganz dem Malen zu widmen.
Das gelingt ihm am besten auf dem Land. In einem kleinen Dorf bei Zerbst hat er sein Atelier in einem idyllisch gelegenen Landhaus direkt neben der Dorfkirche eingerichtet. Hier, weitab vom Trubel der Vernissagen in New York, Shanghai oder Salzburg, findet er die Ruhe, die er braucht, um zu arbeiten. Dann kann er auch einer anderen Liebe nachgehen, nämlich den Naturwissenschaften, die ihn von jeher fasziniert haben, und die er teilweise auch in seinen Gemälden thematisiert. Dabei taucht er in seine Themen ein und arbeitet oft monatelang an seinen Kunstwerken. Dies ist auch der sorgsamen Konzeption und handwerklich erstaunlichen Präzision geschuldet, mit der er arbeitet.
Neben der Präzision vermitteln besonders seine Porträts bzw. die Darstellung von Personen auch Emotionen. Denn Griesel schafft es, das Wesen der abgebildeten Menschen zu erfassen. Das erschließt sich einem, je länger man das Werk betrachtet. Da braucht es erst gar keine jener lästigen Interpretationsversuche, die die meisten Künstler eh hassen. Sie wollen, dass die Bilder für sich sprechen. Und genau das gelingt Griesel wie wenigen anderen Künstlern. Es lohnt sich in jedem Fall, die 28 Bilder, die Bruno Griesel in dieser Ausstellung zeigt, genau zu betrachten. Und dann nicht nur die Oberfläche wahrzunehmen, sondern viel mehr zu entdecken. Bruno Griesel liebt es, mit seiner Malerei Grenzen des Verstehens zu überschreiten.
„Schrödingers Katze“ ist so ein Beispiel, wo sich auch seine Affinität zur Physik widerspiegelt. 2012 entstanden, ist es eines der berühmtesten neueren Bilder Griesels und spielt auf den Physiker Erwin Schröder an, der 1935 feststellte, wie paradox es ist, wenn man versucht, quantenmechanische Begriffe und Theorien auf unsere Welt zu übertragen. Es wäre dann nämlich möglich, eine Katze nach den Regeln der Quantenmechanik in einen Zustand zu bringen, in dem sie zugleich lebendig und tot ist. Eine Theorie, die schon viele Physikstudenten in die Verzweiflung getrieben hat. Physik, die in die Philosophie hineinspielt und den Verstand herausfordert. Sind deshalb auf dem Bild zwei Katzen statt einer zu sehen? Dann kann man es auch mit den Worten des amerikanischen Schriftstellers und Berufszynikers Ambrose Bierce sagen: „Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben“.
Die Ausstellung im Weißen Haus in Markkleeberg ist noch bis zum 16. März zu sehen.
Der Künstler Bruno Griesel führt am 24. Februar von 15:00 – 16:00 Uhr persönlich durch die Ausstellung „White Cube“.
Am Freitag, 12. Februar um 19 Uhr Vernissage „Objet Trouvé“ mit Werken von Bruno Griesel im Museum der Stadt Zerbst/Anhalt, Weinberg 1, 39261 Zerbst/Anhalt.
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