Am Donnerstag, 9. Oktober, setzt das "Ur-Licht" ein Zeichen: "Leuchte für deine Rechte!" lautet die Botschaft, die heute aktueller denn je ist und den freiheitlichen Geist der Friedlichen Revolution ins Jahr 2014 bringt. - Man kann historischen Ereignissen ein Denkmal setzten, sie auf einen Sockel heben und damit für die Nachwelt unantastbar machen. Alternativ kann man das Leben als Prozess begreifen und Geschichte als lebendiges Kontinuum, das sich in unserer Gegenwart manifestiert.
Grundsätzliche Ideen von Freiheit und einem selbstbestimmten Leben, die 1989 wesentlich mit zur Friedlichen Revolution beitrugen, sind meist latente, manchmal auch explizite Begleiter politischen Lebens. Diesen Grundgedanken greift Helge Hommes mit seiner Plastik “Das Ur-Licht” auf und setzt ihn in seiner eigenen künstlerischen Sprache um. Der Blick auf die Antriebskräfte, die die Friedliche Revolution möglich gemacht haben, ist ein aktueller. In den letzten 25 Jahren hat sich Vieles verändert: Die Umwelt, die politische Weltordnung, die ökonomische Verteilung und schließlich die Menschen selbst. Das 25-jährige Jubiläum der Friedlichen Revolution und das auf dem Fuße folgende Jubiläum der Wiedervereinigung lassen diese Veränderungen in der Rückbesinnung besonders deutlich werden.
“Wie die Motten vom Licht angezogen werden, so soll auch die Menschen vom ‘Ur-Licht’ angezogen werden”, beschreibt der Künstler Helge Hommes die Idee seines Kunstprojektes. Der erste Einstieg ist also zunächst ein intuitiver. Der Eingangstunnel des “Ur-Lichts”, der von der alten Hauptpost direkt auf den Leipziger Innenstadtring führt, saugt, durch die grelle Lichtwirkung und die dynamisch ins Innere ziehende Holzmaserung, die Menschen in den Körper hinein. Hat man die Reuse durchschritten, öffnet sich der Raum kathedralenartig über neun Meter in die Höhe bis unter die Decke der Alten Hauptpost.Es ist ein Körper entstanden, zirka 15 Meter im Durchmesser, der die Wurzel eines riesigen, virtuell über den Raum hinauswachsenden, Mammutbaumes symbolisiert. Der Besucher betritt einen neuen Lebensraum, der sich in der vor allem historisch bedeutsamen Schalterhalle eingenistet hat. Ein neues Raumgefühl und ein neues Raumerleben stellen sich ein. Das Ur-Licht in seiner grellen Beleuchtung ist in seinem Inneren mit überdimensional wuchernden Pflanzen bemalt. Assoziationen mit einem riesigen Gewächshaus werden wach. Als ob ein “zu viel an Energie” in dem Raum vorherrschen würde, so dass Wachstumskräfte ungehemmt und fast schon im Übermaß nach außen und zur Erscheinung drängen. Somit steht die gemalte Pflanzenwelt für den ersten und den unmittelbarsten Kontakt mit dem “Ur-Licht” und seiner Energie.
Zum 9. Oktober hat das “Ur-Licht” seine eigene, neue Form und Ästhetik gefunden. Durch die monolithische Bemalung und organische Form ist es zu einer eigenständigen, in sich geschlossenen Plastik geworden. Dass die Bausubstanz des “Ur-Lichtes” Holzsperrmüll Leipziger Bürger ist, die Erbauer, neben dem Künstler Helge Hommes, viele unterschiedliche engagierte freiwillige Helfer sind, und die Idee des “Ur-Lichtes” sich an der sozialen Plastik orientiert, bleibt dem ersten Blick verborgen.
Aber auch die Entstehungsphase des Großprojektes, die bereits Anfang August begann, spiegelt Gedanken der Friedlichen Revolution wieder: Je mehr Menschen sich einbringen, desto kraftvoller und letztlich schöner wird das Kunstwerk. Es ergingen Aufrufe an die Bevölkerung, Holzsperrmüll abzugeben und sich am Aufbau der Großplastik zu beteiligen. So besteht das “Ur-Licht” aus unzähligen Türen verschiedener Gebäude, aus Fensterrahmen, einer Badewanne, einer Gitarre und unzähligen Videokassetten. Alles Alltagsgegenstände, die die Lebenswelt unterschiedlicher Menschen ausgemacht haben und von unbrauchbarem Abfall zu einer begehbaren Kathedrale, einer sozialen Plastik, umgestaltet wurde. Die vielen direkt und indirekt an der Großplastik beteiligten Menschen finden sich durch Gegenstände oder aber durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft in dem “Ur-Licht” widergespiegelt und können so hautnah nachvollziehen, wie jede Form der Umgestaltung Energie freisetzt und Freiheit formal und gedanklich gefördert wird.Der Künstler Helge Hommes wurde 1964 in Schwelm (NRW) geboren und beschäftigt sich in seiner Kunst vor allem mit Arbeiten, die gesellschaftliche Ur-Themen aufgreifen: 1995 – 1997 entstanden gestisch heftige Übermalungen von gesellschaftskritischen Arbeiten aus den Jahren 89 / 90 mit dem Werktitel “Begrünungen”, 1998 entstand eine Werkgruppe mit dem Arbeitstitel “Die Waldarbeiten.” Die Architektur der Natur wurde mit der späteren Hinzunahme des Baumportraits zum Mittelpunkt seiner Arbeit, ab 2008 öffnete er seine Arbeitsweise für Themen wie Architektur der Natur, Das Baumportrait, “… into the trees”, 2011 schuf er seinen ersten Sperrmüllbaum im Rahmen der “Grenzkunstroute – Übergriffe”, einem Land-Art-Festival im Belgisch-Aachener Wald. Seit 2012 lebt und arbeitet er in Leipzig und Aachen und arbeitet seit 2014 an der Werkgruppe Morgenland.
Am 9. September darf zuerst die Politprominenz das Kunstwerk besichtigen, danach darf die Presse zur Preview in die alte Hauptpost. Ab 17 Uhr ist das Gebäude am Augustusplatz für die Öffentlichkeit geöffnet.
Die weiteren Öffnungszeiten: vom 10. bis 12. Oktober von 12 bis 22 Uhr, vom 16. bis 19. Oktober und vom vom 23. bis 26. Oktober jeweils von 16 bis 22 Uhr.
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