Es ist Sommer. Geht man da ins Museum oder doch lieber an den See? - Gute Frage. Für Freunde der bildenden Kunst bietet das Museum der bildenden Künste trotzdem etwas Besonderes. Für eine Kabinettausstellung hat die Graphische Sammlung die Türen ihres Magazins geöffnet und präsentiert eine eindrucksvolle Auswahl musealer Ankäufe der letzten zehn Jahre, die nur mit der großzügigen Unterstützung von Stiftungen und Privatpersonen möglich waren.
Das Augenmerk liegt auf zeitgenössischer Kunst und spannt einen Bogen von Zeichnungen, Grafik und Fotografie hin zum Papierschnitt. Von Jorinde Voigt (*1977) werden eine großformatige Zeichnung und eine Grafikfolge gezeigt. In ihren zart anmutenden Arbeiten entwickelt die Künstlerin eine eigene visuelle Sprache und einen abstrakten Zeichencode, der einem strengen Regelwerk unterworfen ist. Durch diesen Prozess sucht sie die Welt in die ihr zugrunde liegenden Parameter wie Distanz, Geschwindigkeit, Himmelsrichtung, Frequenz, Popcharts und Genres aufzufalten und die Gleichzeitigkeit der Möglichkeiten zu offenbaren.”Fake Spaces” präsentiert die Leipziger Künstlerin Kerstin Flake (*1967) als Fotografin. Flakes inszenierende Fotografie stellt die konventionelle Ordnung in Frage und schafft rätselhafte Momente und bizarre Konstellationen.
Das Werk des Dresdner Künstlers Ralf Kerbach (*1956) ist mit der Präsentation des Zyklus “Totenreklame” von 1982, den die Graphische Sammlung im Jahr 2003 erwerben konnte, prominent vertreten. In dem aus der Idee der Illustration eines konventionellen Reisebuches heraus entstandenen Projekt versucht Kerbach anhand der Peripherie Dresdens den Innenraum deutscher Geschichte und Mythologie auf dem Gebiet der damaligen DDR zu erforschen. Eine Art Werbung für einen in Kerbachs Augen toten Staat sollte geschaffen werden. In den über 90 Blättern des Zyklus und den dazu entstandenen Radierungen versucht Kerbach, Landschaften, Personen und Gebäude als eine Art historisches Relikt zu sehen und sie für sich zu interpretieren. Dafür erforscht er unterschiedliche Quellen: Archive, Gespräche mit Augenzeugen und Literatur diverser Gattungen. Der Zyklus “Totenreklame” wurde auf Kontenblättern festgehalten. Diese dienten Kerbach als Ideen-, Skizzen- und Musterbuch für seine Gemälde zur deutschen Geschichte und Mythologie und prägten Kerbachs Malerei der 1980er Jahre in West-Berlin.
Die Übersetzung einer alten in eine neue Form ist Thema des Zyklus “Arbeiterklasse und Intelligenz” von Margret Hoppe (*1981). Sie setzt sich mit dem gemalten Monumentalwerk des Leipziger Künstlers Werner Tübke in einem eindrucksvollen fotografischen Zyklus auseinander. Die Fotografien verfolgen den langen Weg des Gemäldes vom eigentlichen Präsentationsort in der Aula der Universität Leipzig bis ins Museum der bildenden Künste Leipzig.Den Abschluss bilden ein großformatiger Papierschnitt der Malerin Annette Schröter sowie grafische Werke von Oliver Kossack, Rosa Loy, Olaf Nicolai, Neo Rauch, Christoph Ruckhäberle, David Schnell und Matthias Weischer. Die Leipziger Mappe stammt aus dem auf dem Spinnerei-Gelände in Leipzig beheimateten Atelier für Radierungen von Vlado und Maria Ondrej und verbindet eine Vielzahl von Malern, die sich für diese Zusammenstellung erstmals oder seit langem wieder mit der Radierung auseinandersetzten.
Die Ausstellung “Gekauft” wurde von Dr. Jeannette Stoschek, Leiterin der Graphischen Sammlung, und Stefanie Hennig, wissenschaftliche Volontärin, konzipiert und realisiert. Die Kabinettausstellung ist bis zum 10. November zu sehen.
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