Messestände sind auch Zeitzeugnisse. Das zeigen die Buchwissenschaftler der Universität Leipzig in der neuen Ausstellung im Verwaltungsgebäude der Leipziger Messe. Unter dem Titel "Es ?messet' wieder. Die Messestände des Leipziger Reclam-Verlages 1945 -1990" rücken die Messepräsentationen des Verlags in den Mittelpunkt.
Anhand einer ungewöhnlichen Fotodokumentation von Messeauftritten aus 45 Jahren werden Wandlungen der Betriebs- und Sozialgeschichte eines der wichtigsten ostdeutschen Verlage erzählt. Ebenso zeigt die Ausstellung, wie sich die Buchmesse zu einem “Muss” für lesebegeisterte und buchinteressierte DDR-Bürger entwickelte.
Die Leipziger Messe setzt damit die Ausstellungsreihe im Atrium fort und bietet dieses Mal jungen Wissenschaftlern die Möglichkeit, ihre Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Die Fotoausstellung ist Teil des Pilotprojekts “Leipziger Verlagsarchive: Reclam als Erinnerungsspeicher und Labor” im Rahmen der Forschungsförderung “Geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung” des Freistaates Sachsen. Die Studenten und Wissenschaftler des Fachbereichs Buchwissenschaft an der Universität Leipzig erforschen seit dem Wintersemester 2009/10 die vom Stuttgarter Stammverlag zur wissenschaftlichen Erschließung zurückgeführten Archivdokumente des Leipziger Parallelverlagsteils. Durch die Begleittexte zu den 25 Fototafeln mit originalem Bildmaterial erschließt sich sowohl die politische wie auch die kulturelle Dimension des Messegeschehens.Eine Vielzahl der Fotografien zeigen neben den Vertretern des Verlags auch Personen der Presse, der Parteispitze der SED und der Staatsführung der DDR – ein Indiz für die politische Bedeutung des Buchgeschäfts in der DDR. Ab den frühen 1980er Jahren sind auch Mitglieder der Bundes- und Landesregierungen der BRD auf den Bildern zu erkennen – Zeugnis des deutsch-deutschen Kulturaustausches während der Messezeit.
Doch auch die eine oder andere Anekdote haben die Leipziger Buchwissenschaftler in die Ausstellung einfließen lassen. Durch eine ausgestellte Archiv-Notiz erschließt sich beispielsweise, warum vom Messejahr 1972 keine Fotos in den Dokumentationen vieler Aussteller zu finden sind. In jenem Jahr hatte der Fotograf kurzfristig den Auftrag, die Messe und ihre Stände zu fotografieren, abgesagt und ein neuer Fotograf konnte nicht mehr engagiert werden.Eine Geschichte befasst sich mit der mangelnden Lüftung des Messegebäudes im Jahr 1949. Es ist zu lesen, dass die Aussteller von ihrer stundenlangen Arbeit in heißer stickiger Luft vollkommen entkräftet waren. Eine unerwartete Erfrischung erhielten die Reclam-Mitarbeiter hingegen im Jahr 1957. Wie ebenfalls den Begleittexten zu entnehmen ist, hielt das Dach des Messehauses dem Tauwetter nicht mehr stand. Zwei Tage lang versuchten die Mitarbeiter des Reclam-Verlags, ihren Stand mit Eimern vor dem von der Decke tropfenden Wasser zu schützen.
Am Donnerstag, 24. Mai, wurde die Ausstellung eröffnet. Bis Ende August 2012 können alle Interessierten nach Voranmeldung (protokoll@leipziger-messe.de) sowohl die Hintergrundberichte wie auch die Fotografien im Foyer des Verwaltungsgebäudes der Leipziger Messe besichtigen.
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