"Die Glasdecke, an die Frauen in der akademischen Welt immer wieder stoßen, muss endlich fallen." Mit diesen Worten eröffnete Ilse Nagelschmidt, Direktorin des Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung an der Universität Leipzig, am Mittwoch, 23. November, eine Ausstellung im Rahmen der Uni-Aktionswoche "Professorinnenprogramm". Die L-IZ lief vorbei und hielt an.
Im Geisteswissenschaftlichen Zentrum gegenüber der Bibliotheca Albertina sind noch bis zum 2. Dezember Porträtfotos und -bilder von Professorinnen ausgestellt. “Es geht darum, die Nachwuchswissenschaftlerinnen zu ermutigen, die akademische Laufbahn einzuschlagen. Die Ausstellung soll zeigen, dass es machbar ist”, kommentierte Uni-Rektorin Beate Schücking. Noch handle es sich zumeist um Professoren- und keine Professorinnenlaufbahnen, so Schücking.
Die Zahlen sprechen dazu eine klare Sprache: Gleiche Chancen auf dem akademischen Bildungsweg – das gilt offenbar nur bis zum Studienabschluss, genauer gesagt bis zum Bachelor-Zeugnis. “Schon bei den Masterabschlüssen sehen wir nur noch 46 Prozent weibliche Absolventen. Professuren werden nur noch zu etwa 20 Prozent an Frauen vergeben. Bei der höchsten Kategorie, den C4-Professuren, gar nur noch zu etwa zehn Prozent”, erklärt die Rektorin und verspricht, sich in ihrem Amt für ein größeres Gleichgewicht einzusetzen, dass hergestellt wird.Viel Unterstützung und viel Ignoranz seitens der Männer
Daran arbeitet auch Georg Teichert, Gleichstellungsbeauftragter der Universität. “Gleichstellungsarbeit versucht einen Kulturwandel herbeizuführen”, erläutert er. Dafür brauche es aber Instrumente. “Ich denke wir können nur über eine Quote zum Ziel kommen”, so Teichert. Davon hält Ilse Nagelschmidt nichts. “Das wäre nur aufgesetzt. Meiner Meinung nach braucht es schon früh Vorbilder.”
Die Germanistik-Professorin denkt dabei an Mentorenprogramme und Förderarbeit, die bereits in den Schulen beginnt. Ihren eigenen akademischen Weg ist sie in “Tippeltappel-Schritten” gegangen. “Als ausgebildete Lehrerin bin ich eine Seiteneinsteigerin und habe von männlichen Kollegen einerseits viel Unterstützung, andererseits auch viel Ignoranz erlebt.” Sie erinnert sich noch gut an ihre DDR-Jahre: “Obwohl wir offiziell gleichberechtigt waren, wurden immer die Männer zuerst befördert. Mich hat man oft abgetan mit der Ausrede, ich habe doch eine Kind und solle mich zuerst darum kümmern.”“Atmosphäre gegenüber Frauen nur oberflächlich gut”, sagt Professorin Anne Koenen
Geschlechter-Schauergeschichten wie diese hat auch Anne Koenen zu berichten. Die Amerikanistik-Professorin hört immer wieder von Studentinnen, die von anderen Universitäten oder Studiengängen zu ihr wechseln, dass das Klima den Frauen gegenüber sehr hart sein kann. “Eine Studentin, die zuvor Maschinenbau studiert hatte, erzählte, dass sie die einzige Frau in der Vorlesung war. Der Professor begrüßte sie mit: Ich sehe, dass ein Kommilitone heute seine Freundin mitgebracht hat.”
Koenen war früher Dekanin der philologischen Fakultät und ist mit Universitäts-Interna vertraut. “Oberflächlich ist die Atmosphäre gegenüber Frauen im akademischen Betrieb gut. Aber sobald es um Stellen und Gelder geht, wird die Gleichstellung bisher leider ignoriert”, sagt Koenen. Sie selbst hat bislang vier Frauen bis zur Habilitation, der Lehrerlaubnis an Hochschulen, betreut. “Das ist in meinem Umfeld ein Rekord aber das wird in keinster Weise durch die Universität gewürdigt.” Mit der Idee einer Quote tut auch sie sich schwer. “Derzeit betreue ich mehr Männer und wie sollte ich denn eine Quote umsetzen? Ich schaue nur nach den Leistungen.”
“Insgesamt brauchen wir eine geschlechterfreundliche Atmosphäre”, fasst Ilse Nagelschmidt zusammen. Sie wünscht sich eben gleiche Chancen für Frauen und Männer und hat hohe Erwartungen an die drei Leipziger Rektorinnen. “Dass wir mit Beate Schücking an der Universtität, Renate Lieckfeldt an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur und Anna Dimke an der Hochschule für Grafik und Buchkunst jeweils eine Frau an der Spitze haben, ist ein Glücksfall. Ich erwarte von den dreien Signale, dass sie sagen, wie das zu erreichen ist.”
Am Donnerstagabend, 24. November, kommen ab 19 Uhr die drei Rektorinnen zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion zusammen. Die Veranstaltung im Rahmen der Aktionswoche Professorinnenporgramm findet in der Windscheidstraße 51, beim Verein Frauenkultur statt.
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