Sozialabgaben-Schock: Der Staat greift tiefer in die Taschen

Zuletzt aktualisiert: 18.11.2024

Der Preis für die wichtigsten Sozialversicherungen steigt massiv an Durchschnittsverdiener aufgepasst: Die Kosten für den Sozialstaat werden in den nächsten Jahren drastisch anziehen. Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung verlangen immer höhere Beiträge, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer hälftig schultern müssen. Nach Berechnungen verschiedener Experten ist bei den Abgaben insgesamt mit einer Steigerung um rund 10 Prozent zu rechnen. Das bedeutet weniger Netto vom Brutto für Millionen Menschen in Deutschland.

Rentenpaket 2 treibt Beiträge nach oben Die größten Sprünge sind bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwarten. Um die Finanzierung der Renten für die Babyboomer-Generation langfristig abzusichern, hat die Bundesregierung ihr „Rentenpaket 2“ geschnürt. Darin vorgesehen sind mehrere Beitragsanhebungen in den kommenden Jahren:

  • Bis 2027 soll der Beitrag bei 18,6 Prozent stabil bleiben
  • Ab 2028 ist ein Anstieg auf 20 Prozent geplant
  • Bis 2035 weiterer Anstieg auf dann 22,3 Prozent

Krankenkassen mit Milliarden-Defizit – Beiträge müssen folgen Doch auch die gesetzlichen Krankenkassen kämpfen mit riesigen Finanzlöchern. Experten des Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG) gehen bis 2024 von einem Defizit in Milliardenhöhe aus. Die Folge: Der derzeitige allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent zuzüglich 1,6 Prozent Zusatzbeitrag wird wohl nicht zu halten sein. Ein Anstieg um bis zu 2 Prozentpunkte auf dann 17 Prozent wird von Fachleuten als realistisch bewertet.

Überarbeitungen bei Pflege- und Arbeitslosenversicherung Selbst die Pflege- und Arbeitslosenversicherung werden voraussichtlich nicht verschont bleiben. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen fordert angesichts mangelnder Finanzmittel ab 2025 eine Strukturreform der Pflegeversicherung. Diskutiert wird eine Beitragsanhebung auf 5,7 Prozent, aktuell liegt dieser noch bei 3,4 respektive 4 Prozent für Kinderlose.

Bei der Arbeitslosenversicherung zeichnet sich ebenfalls eine Erhöhung auf 3 Prozent bis 2035 ab, nachdem der Beitragssatz 2022 bereits auf 2,6 Prozent angehoben wurde.

Die neuen Belastungen für Arbeitnehmer im Überblick:

Krankenversicherung

  • Heute: 14,6% + 1,6% Zusatzbeitrag
  • 2030: Voraussichtlich 15,1% + 1,9% Zusatzbeitrag

Arbeitslosenversicherung

  • Heute: 2,6%
  • 2035: Möglicherweise 3%

Rentenversicherung

  • Heute: 18,6%
  • 2028: 20%
  • 2035: 22,3%

Pflegeversicherung (kinderlos)

  • Heute: 4%
  • 2030: Eventuell 5,7%

Paare mit Lohnunterschied besonders betroffen
Zusätzlich zur Mehrbelastung durch höhere Sozialbeiträge planen die Ampel-Koalition und das Finanzministerium die Abschaffung der Steuerklassen III und V. Diese wurden bislang genutzt, um bei Ehepaaren mit unterschiedlichen Gehältern die Steuerlast vorübergehend zu optimieren.

Nun soll das System vereinfacht werden – was jedoch je nach Konstellation zu einer Mehrbelastung des Haushalts führen kann. Paare mit großen Lohnunterschieden zwischen den Partnern wären die Hauptleidtragenden dieser Reform.

Konkrete Mehrkosten für Jedermann Was die Summe aller Erhöhungen für einzelne Gehaltsstufen bedeutet, zeigt folgendes Beispiel für Arbeitnehmer ohne Kinder, die in der Knappschaft versichert sind:

Bei einem Bruttogehalt von 2500 Euro im Monat steigen die heutigen Abzüge für die genannten Sozialversicherungen von insgesamt 670 Euro auf voraussichtlich 820 Euro im Jahr 2030 – ein Plus von rund 150 Euro weniger Netto im Monat.

Bei 3500 Euro Bruttogehalt erhöhen sich die Abgaben von aktuell 935 Euro auf circa 1145 Euro im Jahr 2030. Hier beträgt das monatliche Minus folglich etwa 210 Euro.

Damit Arbeitnehmer dieser Entwertung ihrer Nettolöhne entgegenwirken können, bleiben ihnen vor allem zwei Möglichkeiten: Lohnsteigerungen durchsetzen oder den Arbeitgeber wechseln. Andernfalls schrumpft die Kaufkraft weiter.

Übersicht der Mehrkosten 2023 vs. 2030 für ausgewählte Gehälter:

Bruttogehalt Abzüge 2023 Abzüge 2030 Monatliches Minus
2.500 € 670 € 820 € Circa 150 €
3.500 € 935 € 1.145 € Circa 210 €
4.500 € 1.200 € 1.470 € Circa 270 €
5.500 € 1.465 € 1.795 € Circa 330 €

Kritik von Arbeitgeberverbänden: „Mittelschicht wird ausgedünnt“ Scharfe Kritik an den geplanten Mehrbelastungen für Arbeitnehmer kommt aus Wirtschaftskreisen. Der Verband „Die jungen Unternehmer“ etwa warnt vor einer Aushöhlung der Mittelschicht. „Durch den drastischen Kostenanstieg in den Sozialversicherungen werden vor allem Arbeitnehmer aus der Mittelschicht getroffen. Der finanzielle Spielraum wird deutlich kleiner, der Aufstieg in die Oberschicht nahezu unmöglich“, moniert der Verband.

Bis 2035 könnten Sozialabgaben auf über 50 Prozent steigen Und ein Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht. Gutachten gehen davon aus, dass ohne umfassende Reformen der Gesamtbeitragssatz für die Bereiche Renten-, Kranken, Pflege- und Arbeitslosenversicherung von heute knapp 41 Prozent bis 2050 auf über 50 Prozent ansteigen könnte. Der Reformdruck für die künftigen Regierungen wächst somit Jahr für Jahr.

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