Am heutigen Montag wurde im Deutschen Bundestag der Weg freigemacht für eine neue Regierungsbildung. Wie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet, stimmte die Mehrheit der Abgeordneten in der von ihm gestellten Vertrauensfrage gegen ihn, wodurch es höchstwahrscheinlich zu Neuwahlen in 2025 kommen wird. Außerdem: Die Sächsische SPD hat dem Koalitionsvertrag für eine Minderheitsregierung mit der CDU zugestimmt. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 16. Dezember 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Vertrauen oder nicht vertrauen – das ist hier die Frage.
Alle Blicke wendeten sich am heutigen Montag nach Berlin, wo Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Vertrauensfrage stellte. Mit der mehrheitlichen „Antwort“ der Mitglieder des Bundestages gegen den Kanzler wurde somit der Weg für Neuwahlen, welche bereits für den 23. Februar 2025 vorgemerkt sind, offiziell geebnet. Nun muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier entscheiden, ob diese wie geplant stattfinden.
„Die Vertrauensfrage richte ich heute an alle Wählerinnen und Wähler. Sie lautet: Trauen wir uns zu, als starkes Land kraftvoll in unsere Zukunft zu investieren? Deshalb ist mein Ziel, die Bundestagswahl vorzuziehen – damit die Bürgerinnen und Bürger den politischen Kurs vorgeben“, erklärte Scholz sich auf der Plattform „X“ (ehemals Twitter).
„Ich weiß, [das] Vertrauen ist in den vergangenen Jahren strapaziert worden. Dass die wichtigsten Entscheidungen der Regierung fast immer mit lautem Streit verbunden waren, hat nicht geholfen. Aber Schlechtreden, Meckern oder Aufgaben, hat noch nie etwas besser gemacht“, so der Kanzler in seiner Rede vor dem Bundestag.
Reaktionen der anderen Parteien
Von den anderen Parteien erhielt der SP-ler – nicht ganz unerwartet – starken Gegenwind. Christian Lindner (FDP), den Scholz nur wenige Woche vorher aus seinem Amt als Bundesfinanzminister entlassen hatte, kritisierte Scholz‘ Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken und ließ auch an seinem ehemaligen Ministerkollegen Robert Habeck (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN), welcher die Erhöhung der Unternehmenssteuer ins Spiel brachte, nur wenig gutes Haar.
„Diese Debatte über höhere Steuern ist der Versuch, mit Neid Wahlkampf zu machen. Neid schafft keinen Arbeitsplatz. Neid schafft keinen Aufschwung. Deshalb ist es richtig, dass die Bürgerinnen und Bürger jetzt die Richtungsentscheidung am 23.02. treffen können.“
CDU-Chef und Kanzlerkandidat seiner Partei, Friedrich Merz, stimmte in den Canon mit ein und warf Scholz eine verfehlte Wirtschaftspolitik vor. Er bezeichnete den Tag der Vertrauensfrage als einen „Tag der Erleichterung“ für Deutschland und stärkte Lindner den Rücken, indem er Scholz fehlenden Respekt im Umgang mit dem FDP-Vorsitzenden vorwarf.
Bundeswirtschaftsminister Habeck beteuerte, seine Partei hätte alles dafür getan, dass die Bunderegierung weitermacht – „bis zur Selbstaufgabe“. Laut dem Grünen-Politiker werde es eine neue Bundesregierung nicht einfach haben. Habeck betonte, dass vor allem wichtig sei, dass die amtierende Regierung gewissenhaft weiterarbeiten könne, bis sich nach den Bundestagswahlen im Februar eine neue Regierung gebildet habe.
Die Linke Gruppe im Bundestag verkündete bereits vor der Abstimmung, nicht für Olaf Scholz stimmen zu wollen. „[Da] wir vor über drei Jahren Kanzler Scholz nicht zum Kanzler gewählt haben, sehen wir auch heute keine Veranlassung, ihm unser Vertrauen auszusprechen“, so Co-Vorsitzender Sören Pellmann. „Was wurde uns nicht alles miteinander versprochen, was er in dieser Wahlperiode umsetzen wollte. […] Was ist daraus geworden? Kinderarmut bekämpfen? Fehlanzeige!“
AfD-Chefin Alice Weidel warf dem noch amtierenden Kanzler vor, das Land heruntergewirtschaftet und das Sozialsystem überspannt zu haben. Deutschland brauche einen Neuanfang, so Weidel. „Freiheit & freies Unternehmertum statt Klimasozialismus, günstige & sichere Energieversorgung statt Transformations-Planwirtschaft. Vor allem aber Vernunft statt Ideologie & deutsche Interessenpolitik statt Kriegstreiberei.“
Sächsische SPD macht Weg frei für Minderheitsregierung
Auch in Sachsen ging man heute einen entscheidenden Schritt voran: Die bis zum gestrigen Sonntag gelaufene Mitgliederabstimmung der SPD zeigte ein klares Ergebnis. 78 Prozent der Teilnehmenden stimmten für den Koalitionsvertrag mit der CDU und damit zur ersten Minderheitsregierung in der Geschichte des Freistaats.
Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD), welche von ihrer Partei als Kandidatin für das Amt der Vize-Ministerpräsidentin ins Rennen geschickt wird, verkündete zu der Entscheidung: „Die SPD Sachsen hat sich klar dazu bekannt, gerade in dieser schwierigen Situation Verantwortung zu übernehmen und eine handlungsfähige Regierung für Sachsen zu schaffen. Es ist uns bewusst, dass das keine leichten Jahre werden.“
Der amtierende Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), welcher sich am Mittwoch zur Wiederwahl aufstellen lässt, bekräftigte den neuen Weg, den die Minderheitsregierung gehen wolle: „Wir wollen in Sachsen Gesetze abschaffen & Standards abbauen, um mehr Freiraum zu geben. Anstatt sich hinter dem Begriff Bürokratieabbau zu verstecken, haben wir eine ganze Liste von Punkten erarbeitet, damit die Verwaltung am Ende mit weniger Personal arbeiten kann. Das ist unser gemeinsames Verständnis für eine neue Staatsregierung.“
In den Wochen zuvor hatten SPD und CDU noch mit Vertreter*innen des BSW über eine mögliche Koalition in Sachsen gesprochen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht hatte sich aber schließlich aus den Verhandlungen zurückgezogen.
Kinder-Trio raubt Jugendliche aus
Die Leipziger Polizei berichtete heute von einem Fall, welcher sich am vergangenen Freitagnachmittag im Zentrum-Südost abspielte: Laut Behörde wurden mehrere Kinder und Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren im Bereich der Straße des 18. Oktobers von drei Kindern (9, 10 und 12) bedroht und angegriffen. Das Trio soll die Jugendlichen unter Vorhaltung eines Messers aufgefordert haben, Bargeld herauszugeben. Mehrere der Angesprochenen wurden von den Kindern außerdem geschlagen und getreten.
Alle bedrohten Personen konnten flüchten, ein 13-Jähriger alarmierte schließlich die Polizei. Die Einsatzkräfte konnten die jungen Täter stellen. Sie wurden ihren Eltern übergeben und sind aufgrund ihres Alters nicht schuldfähig.
Späti-Demo, Fakten gegen Fake News und das Technische Rathaus
Worüber die LZ heute berichtet hat:
Advent, Advent: Eine Demo für die Leipziger Spätis
Der Kreiselternrat Leipzig meldet sich zu Wort: Bildung und Kinder stärken – Gerade Jetzt!
Fakten gegen Fake News: Herbstsitzung der Sächsischen Akademie der Wissenschaften
Gastkommentar zum Technischen Rathaus in der Prager Straße 20–28: Umbau statt kompletter Neubau
Wilhelmine Schröder-Devrient: Zu ihrem 120. Geburtstag am 16. Dezember
Gutes tun: Warum der Kapitalismus dringend ein ethisches Fundament braucht
Nazi-Angriff auf Wahlhelfer*innen
Was heute außerdem wichtig war:
Nach dem Angriff mutmaßlicher Neonazis auf Wahlkämpfer*innen der SPD in Lichterfelde sitzen drei der vier Tatverdächtigen in Untersuchungshaft. Das teilte die Staatsanwaltschaft Berlin heutigen Vormittag mit. Die Tatverdächtigen hatten am Samstag am Berliner Kranoldplatz zwei SPD-Mitglieder attackiert und schwer verletzt. Unter anderem schlugen sie auf eine der Personen ein, traten mit Stiefeln in den Bauch sowie an den Kopf ihres Opfers.
Eine Schule in der Nähe von Köln wurde heute vorsorglich geschlossen, nachdem bei zwei Kindern eine neue Variante des des Mpox-Virus’ festgestellt worden war. Diese breitet sich seit Monaten in mehreren afrikanischen Ländern aus. Das Virus sei laut WHO hierzulande aber wesentlich leichter einzudämmen als beispielsweise das Coronavirus. Dennoch herrsche höchste Alarmbereitschaft.
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