Nach einem problematischen Tweet wurde der Leipziger Grünen-Politiker Jürgen Kasek in zweiter Instanz vor Gericht freigesprochen, die Staatsanwaltschaft geht nun dagegen vor. Die Landesinnenminister beraten mit Kanzler Scholz in Potsdam unter anderem über die Migrations- und Sicherheitspolitik. Und: Der niederländische Noch-Premier Mark Rutte soll neuer Generalsekretär der NATO werden. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 20. Juni 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Prozess gegen Jürgen Kasek: Streit um problematischen Tweet wird am Oberlandesgericht geprüft
Die öffentlich einsehbare Tischlampe im Fenster einer Leipziger Privatwohnung hatte im Januar 2023 den Leipziger Grünen-Politiker, Blogger und Aktivisten Jürgen Kasek auf den Plan gerufen: Nach einem Hinweis veröffentlichte der kürzlich abgewählte Noch-Stadtrat von Leipzig auf „X“ (ehemals: Twitter) ein Foto des Objekts, das nach seiner Meinung einen „Reichsadler mit verbotenem Keltenkreuz“ zeigte. Der strittige Gegenstand wurde nach einer Inspektion durch Polizeibeamte aber für nicht strafbar befunden.
Anders das Verhalten von Kasek, der wegen gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten vor Gericht kam: Der Tweet enthielt eine klare Adressangabe, was den Wohnungsmieter laut Anklage der Gefahr potenzieller Straftaten aussetzte.
Kasek bekam vor dem Amtsgericht eine Geldstrafe, zog vor die nächste Instanz und erzielte hier Ende letzter Woche einen Freispruch. Die Kammer am Landgericht sah einen Vorsatz Kaseks nicht als nachweisbar. Der 43-Jährige selbst hatte eingeräumt, eine solche Veröffentlichung aus heutiger Sicht nicht zu wiederholen. Zugleich wies der als provokant und streitbar bekannte Politiker jede Gewaltaffinität zurück. Zudem berief er sich darauf, in dem Tweet die sächsische Polizei markiert zu haben, damit sie der Angelegenheit nachgehe.
Wie heute die LVZ berichtet, hat die Leipziger Anklagebehörde nun Revision gegen den Freispruch eingelegt und lässt die Entscheidung damit vom Oberlandesgericht auf eventuelle Rechtsfehler prüfen. Staatsanwältin Gitty Pfeiffer hatte im Berufungsprozess unter Einbezug eines früheren Urteils 2.400 Euro Geldstrafe gefordert.
Innenministerkonferenz in Potsdam: Migrationspolitik als beherrschendes Thema
Migrationspolitik und Sicherheitsfragen sind bestimmende Themen auf der Innenministerkonferenz (IMK) in Potsdam, die am Mittwoch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) zusammentraf und noch bis zum morgigen Freitag tagt. Das Format existiert seit dem Jahr 1954.
Bestimmende Themen sind Flucht- und Migrationspolitik sowie Fragen der Sicherheit. Unter dem Vorsitz des Brandenburger Innenministers Michael Stübgen (64, CDU) wird eine mögliche Abschiebung von Gefährdern und Straftätern nach Syrien und Afghanistan diskutiert. Das ist bislang aufgrund der Gefährdungs- und Menschenrechtslage in diesen Ländern untersagt.
Nach der tödlichen Messerattacke auf einen jungen Polizeibeamten in Mannheim durch einen mutmaßlichen Islamisten aus Afghanistan Ende Mai hat die Debatte jedoch wieder an Fahrt aufgenommen. Unter anderem der Kanzler, seine Bundesinnenministerin Nancy Faeser (53, SPD) und weitere Politiker sprachen sich für Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan aus, wofür offenbar hinter den Kulissen bereits mögliche Wege geprüft werden. Angehörige von Grünen und Linken reagieren vielfach skeptisch bis ablehnend auf den Vorstoß.
Geflüchtete: Stimmungswende deutlich spürbar
Zudem üben die Länder Druck auf den Bund aus, Drittstaaten für die Durchführung von Asylverfahren zu gewinnen. Hier sind die Erwartungen aufgrund zahlreicher Hürden bislang eher gedämpft. Großbritannien, oft als Modell angeführt, plant zwar längst die zwangsweise Verbringung Asylsuchender nach Ruanda, bislang wurde der Deal mit dem ostafrikanischen Land aber nicht umgesetzt und ob es demnächst wie geplant gelingen wird, scheint zumindest fraglich.
Dagegen gab es eine Einigung beim Thema der Bezahlkarte für Geflüchtete. Zudem geht es auf der IMK um das Bürgergeld für Ukrainer, elektronische Fußfesseln und Cybermobbing. Eine offizielle Abschlusserklärung wird am Freitag erwartet.
Klar scheint: Gerade mit Blick auf geflüchtete Menschen hat sich die Stimmung längst gedreht. Der heutige Weltflüchtlingstag und Appelle zu mehr Solidarität werden das kaum ändern, unabhängig davon, was auf der IMK erreicht wird.
Er gilt als geschickter Verhandler: Niederländer Mark Rutte soll neuer NATO-Generalsekretär werden
Der nächste NATO-Generalsekretär wird aller Voraussicht nach Mark Rutte heißen. Er ist seit 2010 Premierminister der Niederlande, jetzt nur noch geschäftsführend in diesem Amt und soll auf dem NATO-Gipfel in Washington im Juli offiziell für seinen neuen Job gewählt werden. Damit beerbt der 57-Jährige den Norweger Jens Stoltenberg (65), dessen Vertrag am 1. Oktober nach fast zehn Jahren endet. Sein eigentlich schon eher geplantes Ausscheiden hatte sich verzögert, weil zunächst kein geeigneter Nachfolger zu finden war.
Als letzter Abweichler der NATO-Staaten hatte Rumänien den Widerstand gegen Mark Rutte aufgegeben, Staatspräsident Klaus Iohannis (65) zog seinen Anspruch auf den Top-Posten zurück. Zuvor hatten schon Ungarn, die Slowakei und die Türkei eingelenkt und Ruttes Ernennung zugestimmt. Die Wahl des NATO-Generalsekretärs ist bisher nur durch einhelliges Votum aller 32 Mitgliedsstaaten möglich.
Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA hatten sich bereits früh für Rutte ausgesprochen, der als erfahren und geschickt im Verhandeln gilt. Selbst mit einem Trump, so heißt es, könne er gut umgehen.
Worüber die LZ heute berichtet hat:
Millionen für defizitäre Flughafengesellschaft: Da wird Sachsens Finanzminister spendabel
Mindestens 110.000 arme Kinder im Freistaat: Die Zahl der Kinder in Armut wächst wieder
Kommentar zu einer Rede: Was war denn gemeint, Herr Friedrich Merz?
DIW-Studie: Wer wenig Einkommen hat, stirbt früher und erhält dadurch weniger Rente
Was sonst noch wichtig war:
Eskaliert es jetzt? Die Bewohnerschaft des Wohn- und Hausprojekts E97 (Eisenbahnstraße 97), wo auch die Kneipe „Goldhorn“ sowie das Ladenprojekt „Con han hop“ ansässig sind, teilte heute auf Instagram mit, dass das Dach des Hauses abgetragen wurde. Die Bewohnenden geben an, vorab keine Kenntnis davon gehabt zu haben.
Seit Wochen berichten sie und auch die Barbetreiber von mutmaßlichen Sabotageaktionen wie der Durchtrennung der Hauptleitung im Haus oder das Abbrennen von Freisitzmöbeln vor dem Gebäude. Den Hintergrund vermuten sie in der vor Monaten ins Haus geflatterte Kündigung durch den Hauseigentümer. Dagegen setzt sich die Hausgemeinschaft zur Wehr.
Laut neuester Umfrage liefern sich CDU und AfD ein Kopf-an-Kopf rennen bei der Wählerpräferenz in Sachsen. Wie immer gilt freilich: Eine Umfrage ist kein Wahlergebnis. Sachsen bestimmt am 1. September 2024 den neuen Landtag und es wird angesichts von AfD und BSW eine womöglich schwierige Koalitionsbildung erwartet.
Dramatischer Wendepunkt: Den brutalen Überfall auf eine junge Joggerin am Niederrhein vor zehn Tagen hat es offenbar nie gegeben.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (54, Grüne) ist auf Asientour, es ist auch ein Besuch in China geplant.
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