Am Dienstag haben sich wieder tausende Menschen in Leipzig versammelt, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Kurioserweise wurden dafür zwei verschiedene Demos angemeldet. Außerdem gibt der Leipziger AfD-Stadtrat Roland Ulbrich sein Amt am AfD-Schiedsgericht auf und die sächsische Polizei hat Bitcoins im Wert von zwei Milliarden Euro bei mutmaßlichen Ex-Betreibern eines illegalen Streaming-Portals beschlagnahmt. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 30. Januar 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Wieder Tausende gegen AfD und Rechtsextremismus in Leipzig auf der Straße

Erneut haben Tausende Menschen am Dienstagabend in Leipzig gegen Rechtsextremismus und Faschismus in Leipzig demonstriert. Das heutige Datum haben die Organisator*innen nicht zufällig ausgewählt: Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg den NSDAP-Vorsitzenden Adolf Hitler zum Reichskanzler. Kurz darauf ließ Hitler den Reichstag auflösen; die Weimarer Republik war untergegangen.

Angemeldet worden waren für den heutigen Dienstag zwei verschiedene Versammlungen: Auf dem Nikolaikirchhof versammelte sich ab 18 Uhr das Bündnis „Leipzig für alle“ unter dem Motto „Für Demokratie und Menschenrechte, gegen völkischen Nationalismus“. Zeitgleich fand wenige hundert Meter weiter auf dem Augustusplatz eine Demonstration der „Solidarischen Vernetzung Sachsen“ unter dem Motto „Sachsen organisiert sich: Für progressive und faire Politik gegen Faschismus“ statt.

„Breites Bündnis“ gar nicht so breit

Bei der Veranstaltung vor der Nikolaikirche sprachen unter anderem Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), der ehemalige Thomaskirchenpfarrer Christian Wolff (regelmäßiger Gastkommentator auf l-iz.de) und Anselm Hartinger, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. Kurz vor Beginn der Demo wurde ein Friedensgebet in der Nikolaikirche abgehalten.

Auch die ehemalige Grünen-Landtagsabgeordnete Gisela Kallenbach und Michael Kölsch von der Stiftung Friedliche Revolution traten auf der Bühne vor der Nikolaisäule ans Mikrofon.

„Um die AfD und andere rechtsextremistische Gruppierungen zurückzudrängen, ist das Engagement der Vielen notwendig“, so schrieb das Bündnis „Leipzig für alle“ in seinem Aufruf. „Das wollen wir auf der Kundgebung am 30. Januar 2024, 91 Jahre nach Beginn des Naziterrors in Deutschland, sichtbar machen. Gleichzeitig werben wir für ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis.“

So breit ist das Bündnis bisher anscheinend nicht, denn kurioserweise fand aus demselben Anlass und mit demselben Ziel heute eine weitere Demo auf dem Augustusplatz statt. Zu der großen Versammlung auf dem Augustusplatz hatte ein anderes Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisation aufgerufen, unter anderem bestehend aus der Bildungsgewerkschaft GEW, „Omas gegen Rechts“ und dem Leipziger Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“.

Nach einer Rede des sächsischen Vize-Ministerpräsidenten Wolfram Günther von den Grünen setzte sich der Demonstrationszug gegen 18:45 Uhr vom Augustusplatz aus in Bewegung mit dem Ziel, einmal um den Leipziger Innenstadtring zu laufen. Nach wenigen Metern stoppte die Polizei den Aufzug, da einige Demonstrierende Pyrotechnik gezündet hatten.

Weniger Teilnehmer*innen als erwartet?

Heute kamen dem ersten Anschein nach deutlich weniger Leute als von den Veranstalter*innen erwartet: Wie das Ordnungsamt mitteilte, hatten die Organisator*innen bei der Anmeldung der Versammlung angegeben, bis zu 10.000 Teilnehmer*innen zu erwarten. Ersten Schätzungen der Polizei zufolge waren zu der großen Versammlung, die auf dem Augustusplatz startete, zwischen 3.000 und 5.000 Menschen gekommen.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“, einer der Organisator*innen der Demonstration,  sprach dagegen 19:45 Uhr von „mehr als 10.000“ Teilnehmer*innen.

Auf dem Nikolaikirchhof versammelten sich nach Angaben eines LZ-Reporters etwa 200 Menschen.

Zuletzt waren am 21. Januar bis zu 70.000 Menschen in Leipzig gegen Rechtsextremismus und die AfD auf die Straße gegangen. Anlass der anhaltenden bundesweiten Proteste ist eine Anfang Januar veröffentlichte Recherche des Netzwerks Correctiv über ein Geheimtreffen von Spitzen-Politiker*innen der AfD, Mitgliedern der Werteunion, Unternehmer*innen und (weiteren) Neonazis im November in Potsdam.

Sächsischer AfD-Politiker Ulbrich gibt Prestige-Posten auf

Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete und Leipziger Stadtrat Roland Ulbrich hat seinen Posten als Vizepräsident des Bundesschiedsgerichts der AfD aufgegeben. Das teilte die Partei am Dienstag mit.

Am Montag war bekanntgeworden, dass die sächsische AfD ein Parteiausschlussverfahren gegen Ulbrich beantragt hatte. Hintergrund ist ein Eilbeschluss des Schiedsgerichts auf Grundlage des sogenannten Reichsbürgergesetzes von 1935. Das heute nicht mehr existierende Gesetz sprach Reichsbürger*innen jüdischen Glaubens die Staatsangehörigkeit ab.

Dass Ulbrich das prestigeträchtige Amt des Bundesschiedsgerichts-Vize seiner Partei aufgibt, lässt darauf schließen, dass ihm viel daran gelegen ist, das AfD-Parteibuch zu behalten.

AfD-Fraktions- und Parteichef Jörg Urban bezeichnet die Causa Ulbrich als „Einzelfall“. Die sächsische AfD wird vom Landesamt für zuständigen Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft.

Polizei Sachsen beschlagnahmt Riesensumme an Bitcoins bei mutmaßlichen Ex-Betreibern von Movie2k.to

Die sächsischen Behörden sprechen von der „umfangreichsten Sicherung von Bitcoins durch Strafverfolgungsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland“: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden, das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen und die Steuerfahndung des Finanzamtes Leipzig II haben fast 50.000 Bitcoins bei mutmaßlichen Ex-Betreibern einer illegalen Video-On-Demand-Website beschlagnahmt. Das entspricht etwa zwei Milliarden Euro.

Ermittelt wird gegen zwei Männer im Alter von 37 und 40 Jahren. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden verdächtigt das Duo, über Jahre hinweg das illegale Streaming-Portal Movie2k.to betrieben zu haben. In den frühen 2010er Jahren war die Plattform eine der bekanntesten Adressen im deutschsprachigen Raum, um an Raubkopien von Filmen zu gelangen.

Die Beschuldigten und ihre mutmaßlichen Komplizen sollen mit der illegalen Website vor allem durch Werbung Millionen verdient haben, die sie anschließend „reingewaschen“ und in Bitcoins umgewandelt haben sollen.

Nach Angaben der Ermittlungsbehörden überwies einer der Beschuldigten die knapp 50.000 Bitcoins auf mehrere Wallets, die vom Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt wurden. Das kooperative Verhalten des Beschuldigten legt nahe, dass die Behörden den Männern ein Entgegenkommen im anstehenden Strafverfahren angeboten haben könnten.

Was mit der sichergestellten Summe passieren wird, ist noch unklar. Es ist nicht das erste Mal, dass die Generalstaatsanwaltschaft Dresden Bitcoins von einem mutmaßlichen Verantwortlichen der Website Movie2k.to sicherstellt. Bereits 2020 wurde eine größere Summe der Kryptowährung beschlagnahmt.

Worüber die LZ heute außerdem berichtet hat:

Der Stadtrat tagte: Welche Bildungsangebote zu Antisemitismus und Rassismus gibt es für Kinder und Jugendliche?

Der Stadtrat tagte: Förderung für die Sanierung leerstehender Wohnungen steigt 2024 + Video

Der Stadtrat tagte: Verkehrskonzept an der Grundschule Tauchaer Straße genügt der Ratsversammlung noch nicht + Video

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Eine Frage der sozialen Gerechtigkeit: Tempo 30 in der Wolfgang-Heinze-Straße erst 2026?

Was heute noch wichtig war: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten deutscher Flughäfen zum Warnstreik aufgerufen. Am Donnerstag wird der Flugverkehr an vielen Airports im Bundesgebiet deshalb stark eingeschränkt sein.

Auch am Flughafen Leipzig-Halle soll die Arbeit niedergelegt werden – hier haben die Beschäftigten der Mitteldeutschen Flughafen AG bereits von Sonntag auf Montag gestreikt, weshalb viele Flüge ausfallen.

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