Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hält sich in der Debatte um den Umgang seiner CDU mit der AfD weiter nicht zurück. Nun bezeichnete er es als „Fehler“, eine Zusammenarbeit mit dem thüringischen AfD-Kreisrat Sesselmann zu verweigern. Außerdem: Die Julis Leipzig kritisieren die Grünen beim Späti-Thema und die Stadt Leipzig plant 2.000 neue Wohnungen in Heiterblick. Die LZ fasst zusammen, was am Freitag, dem 28. Juli 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Fast eine Woche lang wurde intensiv darüber diskutiert, wie die Äußerungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz hinsichtlich möglicher Kooperationen mit der AfD genau zu verstehen sind – da legt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ein Statement hin, das kaum Interpretationsspielraum offen lässt.

Der Mann ist gewählt worden

Mit diesem Satz aus einem „The Pioneer“-Interview, der sich auf den AfD-Landrat Robert Sesselmann bezieht, zitiert Spiegel Online heute den sächsischen CDU-Politiker: „Der Mann ist gewählt worden, und der größte Fehler, den man machen kann, der übrigens auch passiert, ist, überall rumzuerzählen, dass man mit ihm nicht zusammenarbeiten kann.“

Die Logik von Kretschmer: Grenzt man das Mitglied der rechtsextremen AfD aus, könne dieser eigene Fehler künftig einfach auf die anderen Parteien schieben. Wie genau sich Kretschmer eine Zusammenarbeit mit Sesselmann vorstellt, geht zumindest aus dem Text von Spiegel Online nicht hervor.

Allzu starke Reaktionen hat die Aussage des Ministerpräsidenten bislang nicht hervorgerufen. Was vielleicht damit erklärbar ist, dass sich viele gerade in den Sommerferien befinden, es ein Freitag ist und in den vergangenen Tagen schon ausführliche über das CDU-AfD-Verhältnis diskutiert wurde.

Forderungen nach neuen Ladenöffnungszeiten

Eine recht starke Reaktion gab es aber heute von den Jungen Liberalen in Leipzig auf eine Initiative der Grünen, sich für bessere Bedingungen für Spätis einzusetzen. Diese sind durch sächsische Gesetze theoretisch stark eingeschränkt, wie lange sie öffnen dürfen. Normalerweise müssten sie 22 Uhr schließen. Sachsen bietet Spätis im bundesweiten Vergleich offenbar schlechte Bedingungen. Die Grünen wollen diese Bedingungen nun ändern.

Das wiederum kritisieren die Julis in ihrer Pressemitteilung. Man selbst arbeite schon seit 2017 daran, die Bedingungen für Spätis zu verbessern. Man habe beispielsweise mehrere hundert Unterschriften für eine Reform des Ladenöffnungsgesetzes gesammelt.

Dass die Grünen das Thema ein Jahr vor der Landtagswahl für sich entdecken würden, sei „purer Hohn“ gegenüber jenen, die seit Jahren eine Reform wünschen, „während die grüne Landesregierung den Fuß auf der Bremse hatte“.

Wohngebiet in Heiterblick

Vielleicht können neue Spätis in Heiterblick ja schon von einer Reform profitieren. Jedenfalls soll dort ein neues Wohngebiet entstehen, wie die Stadt heute mitteilte. Von einem Späti ist zwar noch keine Rede, aber bei rund 50 Verkaufsstellen im Stadtgebiet sollte ja auch dort dann was möglich sein.

Geplant sind 2.000 Wohnungen für 4.000 Menschen auf Grundstücken, die überwiegend im Eigentum der Stadt Leipzig seien. Mit 1.000 Wohnungen im sozial geförderten Wohnungsbau fällt die Quote dementsprechend auch relativ hoch aus. Schnell wird das aber nicht helfen. Die Stadt rechnet nicht vor 2028 mit dem Baubeginn. Im September soll der Stadtrat den Plänen zustimmen.

Worüber die LZ heute berichtet hat: Der Ökolöwe protestiert gegen Bebauungspläne für den Zwenkauer See,

zwischen Leipzig und Döbeln sollen künftig elektrische Züge verkehren und

über aktuelle Zahlen, die zeigen, dass der Freistaat systematisch schulische Misserfolge produziert.

Was heute außerdem wichtig war: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Entlassung eines Polizisten bestätigt, nachdem dieser Beiträge aus dem rechtsradikalen Spektrum gelikt hatte. Es ging darin unter anderem um Muslime und Corona, berichtet t-online heute.

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Ich gehe fest davon aus, dass die geringen Reaktionen auf Aussagen von Kretschmer eher damit zusammenhängen, dass niemand ernsthaft was anderes erwartet hätte. Kretschmer ist nicht der Einzige oder Erste aus der CDU mit so einer Aussage und auch sonst wird der Unterschied zwischen Aussagen von CDU und AfD-ler*innen immer weniger unterscheidbarer.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU Sachsen zum Beispiel hat ein Statement veröffentlicht, in dem er sich zwar versucht von der AfD klar zu distanzieren und es trotzdem schafft, sich im gleichen Statement von einer Aussage seine Partei-Kollegin und MdB-Abgeordneten Yvonne Magwas (CDU, Vogtland) zu distanzieren, die auf Twitter ein klares Understatement abgegeben hatte ohne trotzdem gleichzeitig die Tür für den Fasching der AfD offen halten wollen.

Magwas schrieb: “Ob Ortschaftsrat oder Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal. Für Christdemokraten sind Rechtsradikale IMMER Feind!” [https://twitter.com/YvonneMagwas/status/1683196169587945472]

Voigt Sören erwidert, ohne sie in Person zu nennen: “Trotzdem muss die Debatte im Umgang mit der AfD sachlich geführt werden. Deren kommunale Räte und Abgeordnete sind in freien, geheimen und gleichen Wahlen gewählt, wie von anderen Parteien auch.
Sie deshalb alle als Rechtsradikale und damit als ‘Feinde’ zu bezeichnen, ist falsch und für uns Christdemokraten fragwürdig. So nähren wir die gern von der AfD gespielte Opferrolle und erzeugen Märtyrer. Gleiches würde auch für den Vorschlag eines Verbotsverfahrens gelten.” [https://www.zuhoerenundanpacken.de/aktuelles/2023/statement-des-vorsitzenden-der-cdu-vogtland]

Was der CDU fehlt, ist nicht nur eine klare Haltung, sondern eine ganz generelle Auseinandersetzung mit Zukunftsfragen. Welche Konsequenz eine faktische Zusammenarbeit mit der AfD hat, wird gar nicht diskutiert. Ja was passiert wohl, wenn Menschenfeinden Macht gegeben wird? Können wir uns alle gar nicht vorstellen, ja ja. Genau genommen inszeniert sich die CDU mit diesem Hinweis auf “sind doch gewählt” selbst als Opfer. Ja, ihr armen Politiker (bewusst nicht gegendert) von der CDU, ihr könnt auch nichts dafür, dass die braune, faschistische Denke immer mehr Raum gewinnt, schon klar.

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