Die Polizei gab heute weitere Details zum erschütternden Vorfall von Samstag in Dresden bekannt. Am Vormittag hatte ein 40-jähriger Mann mehrere Geiseln genommen und mutmaßlich seine Mutter in ihrer Wohnung erschossen. Außerdem: Aktivist/-innen des Bündnisses „End Fossil: Occupy!“ besetzten heute (mit Ansage) das Audimax der Leipziger Universität und am Abend fanden erneut zahlreiche Demonstrationen und Protestveranstaltungen in der Innenstadt statt. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 12. Dezember 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Dresdner Täter war vorbestraft, Ermittlungen laufen
Die Polizei hat weitere Informationen im Fall um die Geiselnahme in Dresden am Samstag herausgegeben: Demnach war der 40-jährige Täter, der inzwischen verstorben ist, geringfügig vorbestraft. Der Mann war 2016 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. „Seitdem stand er weder unter Bewährung noch unter Führungsaufsicht“, so die Ermittler.
Klar sei inzwischen auch, dass die Mutter des Täters, eine 62-jährige Frau, durch einen Kopfschuss zu Tode kam. Ob sie diesen durch ihren Sohn selbst zugefügt bekam, ist noch Teil der Ermittlungen. Ebenso wie der genaue Tathergang und die Herkunft der Waffe, mit der der 40-Jährige unterwegs gewesen war. Man wisse allerdings bereits, dass diese nicht legal im Besitz des Täters gewesen war.
Der Vorfall hatte am Samstag die Landeshauptstadt erschüttert: Die Polizei hatte zunächst am Vormittag einen Anruf erhalten, in dem der Tod einer 62-jährigen Frau, der Mutter des Täters, mitgeteilt wurde. Die Frau war kurz zuvor leblos in ihrer Wohnung in Dresden-Prohlis gefunden worden.
Kurz darauf trafen Meldungen ein, wonach der 40-jährige versucht hatte, in die Redaktionsräume von Radio Dresden einzudringen. Er scheiterte an der Sicherheitsscheibe der Eingangstür. Dennoch gelang es ihm, eine männliche Geisel zu nehmen, welche sich glücklicherweise selbst befreien konnte. Der Mann hatte außerdem einen neunjährigen Jungen als Geisel genommen, ersten Informationen nach das Kind einer Bekannten.
Mit dem Jungen und der Leiterin einer Drogeriefiliale in der Altmarktgalerie, die er ebenso als Geisel nahm, hatte sich der Mann schließlich in einem Büroraum des Geschäfts eingeschlossen. Von dort aus rief er selbst die Polizei an, welche den Kontakt halten und die beiden Geiseln schließlich gegen Mittag befreien konnte. Bei dem Einsatz wurde der Täter durch Schüsse verletzt. Er verstarb kurze Zeit später.
Sächsische Weihnachtsamnestie
Wie das Sächsische Justizministerium heute bekanntgab, wurden bzw. werden 48 Strafgefangene, die im Zeitraum bis zum 5. Januar 2023 entlassen worden wären, vorzeitig aus der Haft entlassen. Die anstehenden Weihnachtsfeiertage können sie nun in Freiheit verbringen. „Weihnachtsamnestie“ wird diese Gnadenentscheidung genannt, wobei es rechtlich gesehen keine echte Amnestie (Straferlass oder Strafmilderung) ist. Im Freistaat gibt es die entsprechende Regelung seit 2020.
Die Anordnung obliegt einer strengen Prüfung. So werden im Vorfeld die Umstände untersucht, in welche Lebensumstände die Gefangenen nach ihrer Entlassung kommen. Strafgefangene, die besonders schwerwiegende Delikte begangen haben oder eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verbüßen, kommen für eine vorzeitige Entlassung nicht in Betracht.
„Ein entscheidendes Mittel für eine wirksame Resozialisierung sind positive, enge familiäre Bindungen. Gerade in Zeiten der Corona-Krise, die sich im Gefängnis auch 2022 immer wieder durch umfangreiche Besuchsbeschränkungen ausgewirkt hat, entstanden schmerzhafte Kontaktbeschränkungen zwischen den Insassen und ihren Angehörigen“, erklärte Sachsens Justizministerin Katja Meier (Bündnis90/Die Grünen) dazu.
„Für die Resozialisierung entscheidende Termine bei Behörden und Einrichtungen der Straffälligen-Hilfe, aber auch der Suchthilfe können so durch die Gefangenen ebenfalls noch rechtzeitig vor den Feiertagen wahrgenommen werden. Zusätzlich entlasten wir die Justizvollzugsanstalten und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch in diesem Corona-Jahr mit besonderem Engagement die Herausforderungen meistern mussten.“
Audimax der Universität Leipzig besetzt
Klimaaktivist/-innen des Bündnisses „End Fossil: Occupy!“ haben heute Nachmittag den größten Hörsaal der Universität Leipzig besetzt. Ihre Forderungen richten sich an die Politik und an die Universitätsleitung. Von ersterer fordern die Besetzer/-innen den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die Einführung der Übergewinnsteuer, die Vergesellschaftung von Energieversorgungskonzernen und das Einleiten der Verkehrswende.
Die Universität soll nach Ansicht der Aktivist/-innen bis 2030 klimaneutral werden und in jedem Studiengang Lehrveranstaltungen anbieten, die sich mit der Klimafrage und deren Lösung aus der jeweiligen Fachperspektive beschäftigen.
Die Universitätsleitung lässt die Aktivist/-innen gewähren und zeigt sich verständnisvoll und kooperativ – anders als beispielsweise letzte Woche der Kanzler der Goethe-Universität in Frankfurt/Main, der die Polizei zur Räumung herbeirief.
Die Aktivist/-innen wollen mit der Universitätsleitung verhandeln und haben sie und alle Interessierten dazu morgen Vormittag in das Audimax geladen.
Monday, Monday (baba babababaaaa)
Neben der Besetzung der Uni war Leipzig auch heute wieder Schauplatz weiterer Protestaktionen. So rief der Stadtverband der Partei DIE LINKE zur Demonstration auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz auf. Um 18 Uhr fand dort eine Kundgebung unter dem Titel „Genug ist genug!“ statt. Thema der Veranstaltung waren die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel. „Genug ist genug! Preise runter, Löhne rauf! Denn Heizen oder Duschen dürfen kein Luxus sein und eine warme Wohnung, ein voller Kühlschrank und ein sicheres Einkommen sind unser gutes Recht!“
Nicht weit entfernt, am Bayerischen Platz, startete um 18.30 Uhr eine Kundgebung unter dem Motto „Gleich schlägt’s 13:12“ anlässlich des morgigen 13. Dezembers. Die 1312 steht dabei für die entsprechenden Buchstaben im Alphabet, also ACAB, was „All cops are bastards“ bedeutet. Die heutige „Auftaktveranstaltung“ stand im Zeichen gegen Polizeigewalt, der Demonstrierende an jedem Montag ausgesetzt seien, so die Veranstaltenden.
„Neben zahlreichen repressiven und ungerechtfertigten Maßnahmen und Anzeigen kommt es auch immer wieder zu gewaltvollen Ausschreitungen von Beamt*innen. Wir wollen die Zivilgesellschaft darauf aufmerksam machen, dass Bullen, auch montags nicht durch ihre Uniform andere Rechte haben als der Rest der der Gesellschaft.“
Wir leben in keiner Diktatur
Die Organisator/-innen nehmen damit Bezug auf die seit Monaten andauernden Proteste gegen die Regierung, zu denen rechte Akteur/-innen und Personen aus dem Querdenken-Milieu regelmäßig mobilisieren. Immer wieder werden diese Veranstaltungen von starkem Gegenprotest begleitet (beispielsweise hier und hier nachzulesen). Teilnehmende des Gegenprotests berichteten immer wieder auch von gewaltsamen Übergriffen seitens der Polizei.
Auch heute hatten die inzwischen „alten Bekannten“ Annette H. und Volker Beiser zu Kundgebungen und Demonstrationen aufgerufen. Dieses Mal starteten beide Veranstaltungen am Simsonplatz vor dem Bundesverwaltungsgericht. Wie immer war das Ziel der Organisator/-innen, anschließend auf dem Leipziger Ring zu marschieren.
Entsprechender Gegenprotest wurde unter anderem von dem Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz“ (LnP) mobilisiert. „22 ist nicht 89, wir leben in keiner Diktatur“ lautete der Titel der Kundgebung an der Runden Ecke. „Wenn sich nun jede Woche in Leipzig Menschen versammeln, die mit Rechtsradikalen die Werte von 1989 missbrauchen, müssen wir ein deutliches STOPP vermitteln!“
22 ist nicht 89 – wir leben in keiner Diktatur!
1989 kostete es Mut, für elementare Menschenrechte auf die Straße zu gehen. Meinungsfreiheit und freie Wahlen waren fern der Realität. Der Herbst 89 brachte den Aufbruch.
Wenn sich nun jede Woche in Leipzig… #le1212 [1/2] pic.twitter.com/DYc0lCpEEn
— Leipzig nimmt Platz (@platznehmen) December 9, 2022
Kleiner Nachtrag zur Demo vorm Conne Island
Am gestrigen Sonntag fand im Conne Island ein Vortrag mit dem Titel „Die neue Pseudolinke“ statt. Weil laut Kritiker/-innen unter diesem Titel auch Sexarbeiter/-innen-feindliche Thesen verbreitet werden sollten, wurde parallel zur Veranstaltung Gegenprotest vor den Toren des Clubs angemeldet.
Wir wollen weniger auf die Inhalte der gegensätzlichen Ansichten eingehen, da wir selbst dem Vortrag nicht lauschten. Vielmehr waren wir über Twitter darauf aufmerksam geworden, dass es am Rande der Veranstaltung zu Übergriffen auf Teilnehmende vonseiten der Demonstrierenden gekommen sein soll.
Ich wurde geschubst und hab einen Ellenbogen in die Rippen bekommen (beim Reingehen) inklusive "schäm dich" Rufe. Abeim Verlassen haben mich 20 Menschen in die Mitte genommen. Mir geht es gut, die Situation war aber max bedrohlich
— Frau Marie 🐦 (@Frollein_VogelV) December 11, 2022
So war auf einem Account die Rede davon: „Ich wurde geschubst und hab einen Ellenbogen in die Rippen bekommen (beim Reingehen) inklusive “schäm dich” Rufe. Abeim Verlassen haben mich 20 Menschen in die Mitte genommen. Mir geht es gut, die Situation war aber max bedrohlich (Rechtschreibung übernommen)“.
Nachgefragt bei der Leipziger Polizei, äußerte sich deren Sprecher Olaf Hoppe gegenüber der LZ gegensätzlich: „Den Einsatzkräften unseres Reviers Leipzig-Südost und der Inspektion Zentrale Dienste wurden vor Ort keine Auseinandersetzungen, wie […] geschildert, bekannt.“ Zwar sei nicht komplett auszuschließen, dass es einen Übergriff gegeben hat, weil beispielsweise zu einem späteren Zeitpunkt noch Anzeigen erstattet werden können, eine größere Dimension, wie die Hinweise auf Twitter durchaus eingeordnet werden könnten, werde jedoch ausgeschlossen.
Worüber die LZ heute berichtet hat:
2023, was kommt: Fördermittel für Ringheiligtum auf dem Mutzschener Berg
Steigende Energiekosten: Linke-Antrag auf bezahlbares Grundkontingent so nicht umsetzbar
Kassensturz: Irre Zahlen von Haushalten, die am Ende des Monats von ihren Ersparnissen leben
Connewitz als Museum? Linke beantragt Baumpflanzungen für die Simildenstraße
Außerdem gibt es noch einen ausführlicheren Artikel zur heutigen Besetzung der Leipziger Universität von unserer Kollegin Luise Mosig, die vor Ort war:
„End Fossil“-Aktivist/-innen besetzen Uni Leipzig
Was heute außerdem wichtig war: Heute vor sieben Jahren, am 12. Dezember 2015, wurde in Paris das Klimaabkommen unterzeichnet. 195 Vertragsparteien bekannten sich an diesem Tag dazu, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Auch gut ein Jahr, nachdem der Vorfall aufgeflogen war, sind die Ermittlungen gegen Mitglieder der Chat-Gruppe „Dresden Offline Vernetzung“ noch nicht abgeschlossen. In der Chatgruppe auf dem Messengerdienst Telegram tauschten sich die Mitglieder über Mordpläne an Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) aus. Gegen acht von zehn Beschuldigten wird noch immer ermittelt. Das liege zum Teil auch an der schieren Datenmenge, die aufgewertet werden müsse. Die Freie Presse berichtete heute darüber.
Was morgen wichtig wird: Morgen ist, wie bereits oben erwähnt, der sogenannte ACAB-Tag. Dieser wird von linken Kreisen begleitet mit einer Demo unter dem Motto „Verdächtig rechte Cops: 1 Beruf – 1000 Einzelfälle“, welche um 19 Uhr am Johannisplatz startet.
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Es gibt 2 Kommentare
Na das Hausrecht greift ja immer 🙂
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Lustig, wie die anwesenden Studenten sofort, wirklich direkt nach dem Einmarsch in den Hörsaal, fast alle ihre Plätze verließen und raus gingen. Konnte man gestern im MDR gut sehen, wie zeitgleich beides passierte.
“Die junge Generation fordert…” usw. hat mich an die zweifelhafte Aussage zum innerörtlichen Tempo 30 “die Kommunen fordern endlich…” erinnert, die dann doch bloß 100 von 10.000 waren. So schnell war die Kulisse weg für die “Transpis”.
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Und dass man heute lieber Beschwerden twittert, statt ne Anzeige zu machen, scheint eine weitere Kuriosität des Zeitgeistes zu sein. “Aber ich hab es doch bei Twitter reingestellt, wieso liest das Keiner?” 😀
Da sich bisher noch keiner zum gestrigen Demogeschehen geäußert , meldet sich hier der erst kürzlich zensierte Klimaleugner.
Wer 1989 auf dem Ring gelaufen ist, die Demo und Gegendemo verfolgt hat, insbesondere die Biographien der Redner kennt und die Redebeiträge der Gegendemo an der Runden Ecke gehört hat, wird objektiv in die Lage versetzt, sich ein objektives Bild zum Thema zu machen. Ich hoffe ich habe diplomatisch genug formuliert, oder greift schon wieder das Hausrecht…