Vor ziemlich genau einem Jahr stellten sich Menschen in lange Schlangen vors Neue Rathaus, um sich kostenlos auf Corona testen zu lassen. Heute bildete sich dort eine lange Schlange Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine geflüchtet sind.
Dort werden laut Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning verschiedene Behördenleistungen gebündelt, beispielsweise die des Amts Bürgerservice, des Referats für Migration und Integration, des Sozialamts und der Ausländerbehörde.
Unter anderem können Geflüchtete dort Hilfe bei der Wohnungssuche beanspruchen und Kindergarten- und Schulplätze für ihre Kinder oder Sozialleistungen beantragen.
Ein Beschluss des Rats der Europäischen Union gewährleistet aktuell, dass Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, in allen EU-Ländern sofortigen, vorläufigen Schutz erhalten. Anspruch auf diesen Schutz haben nicht nur ukrainische Staatsangehörige, sondern auch Personen, die einen Schutzstatus oder Daueraufenthaltsrecht in der Ukraine haben.
Das Ankommenszentrum hat von Montag bis Freitag zwischen 9 und 15 Uhr geöffnet. Die Stadt Leipzig behält sich vor, die Öffnungszeiten je nach Nachfrage anzupassen.
Hohe Nachfrage nach Unterkünften
Die Nachfrage nach Unterkünften in Leipzig seitens ukrainischer Geflüchteter ist nach wie vor sehr hoch. Stadtrat Michael Neuhaus (Die Linke) machte heute erneut auf die Möglichkeit aufmerksam, auf der eigens eingerichteten Online-Wohnungsbörse des Linxxnet Zimmer oder ganze Wohnungen vorübergehend für Menschen aus der Ukraine zur Verfügung zu stellen. „Im Linxxnet läuft noch immer das Vermittlungstelefon der Schlafplatzbörse heiß“, schrieb Neuhaus heute auf Twitter.
OB Jung mahnt zu „Pflege des sozialen Friedens“
In einer Videobotschaft wandte sich Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) heute an die Öffentlichkeit und forderte die Leipziger/-innen dazu auf, angesichts des Kriegs in der Ukraine rücksichtsvoll und vorurteilsfrei miteinander umzugehen. „Sorge macht mir aktuell, dass wir auf russische Mitbürgerinnen und Mitbürger unter uns eine Hetze erleben, die nicht in Ordnung ist“, sagt Jung in dem Video.
Als Beispiel nannte er Situationen, in denen Kinder in der Schule aufgrund ihrer russischen Herkunft gemobbt würden. Jung bittet die Menschen in Leipzig, sich ungeachtet der Herkunft einer Person um ein friedliches Miteinander zu bemühen.
Deutscher Städtetag fordert Flüchtlingsgipfel
Derweil fordert der Deutsche Städtetag heute die Durchführung eines Sondergipfels von Bund, Ländern und Kommunen angesichts der großen Zahl an aus der Ukraine nach Deutschland fliehenden Menschen. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung ist seit vergangenem Jahr Vizepräsident des Städtetages, zuvor war er zwei Jahre lang dessen Präsident.
Viele deutsche Städte bereiten sich gerade intensiv auf die Aufnahme weiterer tausender Menschen aus der Ukraine vor, erklärte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland heute. Dafür benötigten die Kommunen die Unterstützung von Bund und Ländern.
Unter anderem fordert Dedy eine Kapazitätsprognose, eine bundesweit ausgeglichene Verteilung der Geflüchteten und eine Zusage der Bundesregierung, „dass die Städte mit den finanziellen Folgen der Flüchtlingsaufnahme nicht alleingelassen werden“.
Friedenstaube am Völkerschlachtdenkmal
Am Mittwochabend erstrahlte das Leipziger Völkerschlachtdenkmal in Blau-Gelb, genauer gesagt zierte eine gelbe Friedenstaube vor blauem Hintergrund das 1913 eingeweihte Bauwerk. Die Beleuchtung des Völkerschlachtdenkmals in den ukrainischen Nationalfarben wurde von Leipziger Künstler/-innen und der Stiftung Völkerschlachtdenkmal initiiert.
Mehrere hundert Leipziger/-innen versammelten sich am Abend vor dem Völkerschlachtdenkmal, um die Kunstaktion live mitzuverfolgen. Viele zündeten Kerzen an. Wie Kollege Ralf Julke ausführt, waren während der Völkerschlacht 1813 auch ukrainische Soldaten innerhalb der russischen Truppen aktiv.
Kretschmer wirft Grünen Verantwortungslosigkeit vor
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hat die Debatte um Energieversorgung in der Bundesrepublik wieder an Fahrt aufgenommen. Auch eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke wird von einigen gefordert. Gestern dann sprachen sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Bündnis 90/Die Grünen) gegen eine Laufzeitverlängerung aus.
Sie begründeten ihre Position mit der unwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Rechnung einer möglichen Laufzeitverlängerung der drei noch ans Netz angeschlossenen deutschen AKWs Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) unterstellte Habeck und Lemke heute, dass ideologische Aspekte in ihre Entscheidung eingeflossen seien. „Man hat den Eindruck, dass bei der Abwägung dieser Entscheidung möglicherweise der Gründungsmythos der Grünen – auf keinen Fall Atomkraft – stärker gewesen ist, als jetzt des Aspekt Klimaschutz und wahrscheinlich auch der Aspekt der Versorgungssicherheit“, sagte Kretschmer heute im Morgenmagazin des ZDF.
Bundesregierung beschließt Abschaffung von Paragraf 219a
Sie ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben: Das Bundeskabinett hat heute die Abschaffung des Paragrafen 219a beschlossen, genauer gesagt einen Gesetzesentwurf des Bundesjustizministers Marco Buschmann (FDP). Der Paragraf im Strafgesetzbuch verbietet es Ärztinnen und Ärzten, öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren.
Der Gesetzesentwurf muss noch im Bundestag und im Bundesrat diskutiert werden.
Bundesregierung beruft Antiziganismusbeauftragten
Worüber die LZ heute berichtet hat: über ein angekauftes Grundstück am Connewitzer Kreuz, das noch 2022 als Grünfläche gestaltet werden soll, über den neuen Kriminalroman von Thomas Ziebula und über den Geldspendenaufruf des Leipziger Partnerschaftsvereins Ukraine-Kontakt e. V.
Was heute außerdem wichtig war: Der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler ist der erste Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung. Außerdem befindet sich die Russische Föderation laut einer Ratingagentur unmittelbar vor einer Staatspleite.
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