Wie bereits Donnerstag und Freitag drehten sich auch am Wochenende die meisten Nachrichten um den Angriffskrieg der russischen Streitkräfte auf die Ukraine. Unter anderem will die Bundesregierung Waffen an die Ukraine liefern und einige russische Banken werden vom weltweiten SWIFT-Zahlungssystem abgekoppelt. Morgen sollen sich eine ukrainische und eine russische Delegation zu Verhandlungen treffen.
In der Nacht von Freitag auf Samstag versuchten russische Truppen, in die ukrainische Hauptstadt Kiew vorzudringen, doch bisher ist es den ukrainischen Streitkräften gelungen, den Angriff abzuwehren. Nach mehreren Medienberichten werden mehrere ukrainische Städte derzeit von russischen Truppen umlagert, unter anderem Cherson, Charkiw und Berdjansk. Die Meldungen stammen aus russischen Medien und wurden bisher nicht unabhängig überprüft.
Die Fluchtbewegungen gen Westen haben sich übers Wochenende fortgesetzt. Seit heute können Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft Fernzüge der Deutschen Bahn von Polen nach Deutschland kostenlos nutzen. Auch die Österreichische Bundesbahn befördert Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, seit heute kostenlos.
Solidaritätswelle, Fassungslosigkeit und Angst in Europa und darüber hinaus
Weltweit haben am Wochenende Millionen Menschen demonstriert, um ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine auszudrücken, so zum Beispiel in Sydney, New York, London und Prag. In Estlands Hauptstadt Tallinn fand am Samstag die größte Demonstration in der Geschichte des Landes statt, mehrere zehntausend Menschen gingen dort gegen Putins Krieg auf die Straße. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich über Twitter bei den Menschen in Estland und dem estnischen Präsident Alar Karis.
In den Ländern des Baltikums beobachten die Menschen Putins Vordringen in der Ukraine mit Erschrecken. Die Grenzen der drei Länder gen Osten und Südosten stellen die NATO-Außengrenze dar. Spätestens seit der Annexion der Krim wächst auch in Estland, Lettland und Litauen die Angst vor einem Angriff russischer Truppen.
Nach der Anti-Repressions-Demonstration am Freitag fand in Leipzig am Samstagnachmittag auf dem Marktplatz eine weitere Demonstration in Solidarität mit der Ukraine statt. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden versammelten sich rund 10.000 Menschen mit Plakaten in Blau-Gelb. Auf Plakaten war unter anderem „Putin, mach dich heeme“ und „Wir beten für die Ukraine“ zu lesen.
Die größte Demonstration in der Bundesrepublik fand am Wochenende in Berlin statt, wo mehrere hunderttausend Personen unter dem Motto „Stoppt den Krieg. Frieden für die Ukraine und ganz Europa“ gegen Putins Angriff auf die Ukraine demonstrierten. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis hatte zuvor eine Demonstration mit 20.000 Menschen angemeldet – diese Teilnehmer/-innenzahl wurde zum Erstaunen und zur Freude der Veranstalter/-innen vielfach übertroffen. Einige Medien sprechen von bis zu einer halben Million Menschen, die in der Hauptstadt auf der Straße waren.
Eine Demoteilnehmerin in Berlin berichtet von „verdatterter“ Polizei, die mit einem solch großen Andrang nicht gerechnet hatte. Angemeldet war die Demo nur für den Bereich zwischen Brandenburger Tor und Großem Stern, doch der Zustrom blockierte sogar den Potsdamer Platz. Auch vor der Russischen Botschaft wurde demonstriert.
4.000 Demonstrierende in Russland festgenommen
Auch in Russland wagten sich am Wochenende zahlreiche Menschen auf die Straßen, um sich gegen Putins Aggressionen auf ukrainischem Boden auszusprechen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters wurden allein am heutigen Sonntag rund 900 Menschen bei Anti-Kriegs-Protesten in Russland festgenommen. Damit ist die Zahl der seit Beginn des russischen Angriffs festgenommenen Demonstrierenden in Russland auf über 4.000 angestiegen.
Am Samstag waren bereits mehr als 100.000 aus der Ukraine geflüchtete Menschen in Polen angekommen, auch in Berlin kamen an diesem Tag die ersten Geflüchteten an. In vielen europäischen Ländern sprießen derzeit selbstorganisierte Hilfsinitiativen aus dem Boden, die ukrainische Geflüchtete kurzfristig und unbürokratisch mit Essen, Kleidung und Unterkünften versorgen wollen.
EU will russische Staatsmedien bannen
Heute wurde bekannt, dass die Europäische Union die russischen Staatsmedien Russia Today (RT) und Sputnik in ihren Sendegebieten verbieten will. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an. Damit soll laut von der Leyen das Verbreiten von Fake News bezüglich des Krieges unterbunden werden. In den russischen Staatsmedien wird der Angriff auf die Ukraine als „Friedensmission“ dargestellt, die das Ziel habe, die Ukraine zu „entnazifizieren“ und einen „Völkermord“ zu verhindern.
Am Sonntagnachmittag meldeten mehrere Medien, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Atomstreitkräfte seines Landes in Alarmbereitschaft versetzt hat. Als Begründung gaben die russischen Behörden die Wirtschaftssanktionen und das „aggressive Verhalten“ der NATO an.
Linken-Politikerin startet Wohnungsbörse für Geflüchtete
In Leipzig hat die Linken-Landtagsabgeordnete und Stadträtin Juliane Nagel auf der Website des Linxxnet (Stadtteilbüro der Linkspartei in Connewitz) eine Plattform eingerichtet, auf der Zimmer und Wohnungen für ukrainische Geflüchtete angeboten werden können. Bis Sonntagabend wurden bereits rund 50 Gesuche eingestellt. „Wir haben Schlafmöglichkeiten für mindestens fünf Personen“, schreibt etwa eine Person und bietet im gleichen Zuge Essen und Trinken an. „Gerne melden! We stay together“.
Währenddessen in Leipzig: „Spaziergang“ gegen „Corona-Diktatur“
Während in der Ukraine Menschen vor einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg fliehen und in Russland Menschen ihr Leben riskieren, weil sie ihre Meinung auf der Straße kundtun, wähnen sich hierzulande immer noch einige Menschen in einer „Corona-Diktatur“ und gehen deshalb ebenfalls auf die Straße.
Aus dem „Querdenken“-Spektrum hatte es erneut Aufrufe gegeben, sich am Samstagnachmittag zu einem „Spaziergang“ zu versammeln. Treffpunkt ist mittlerweile nicht mehr das Gebiet rund um das Völkerschlachtdenkmal, sondern die Innenstadt. Diesmal sollte der Richard-Wagner-Platz der Startpunkt sein.
Tatsächlich fanden sich dort etwa 25 Personen ein, darunter der ehemalige NPD-Funktionär Volker B., der im vergangenen Jahr die Demonstrationen der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ organisiert hatte. Begleitet von der Polizei, aber ohne Banner und Parolen, liefen die „Querdenker“ auf dem Fußweg Richtung Neues Rathaus. Auf dem Weg dorthin wurden sie von der Polizei aufgehalten.
Etwa zehn Personen setzten daraufhin ihren „Spaziergang“ durch die Innenstadt fort. Die Polizei folgte ihnen und wurde dabei wiederum von etwa 20 Linken verfolgt – für Außenstehende wohl ein merkwürdiger Anblick. Kurz vor dem Markt stoppte die Polizei die „Querdenker“, um offenbar deren Personalien aufzunehmen. In der am Sonntag verschickten Pressemitteilung wurde das Geschehen nicht erwähnt.
Novavax kommt als fünfter Corona-Impfstoff zum Einsatz
Abseits vom Krieg in Europa bleibt die Coronakrise eine Herausforderung. Am Wochenende wurde in den ersten deutschen Bundesländern erstmals der Totimpfstoff Novavax verabreicht. Er kam unter anderem bereits in Hamburg, Schleswig-Holstein und im Saarland zum Einsatz. Bevorzugt soll Personal aus dem Gesundheitswesen mit Novavax gegen COVID-19 immunisiert werden, da ab Mitte März in diesem Wirtschaftsbereich die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt.
In Sachsen soll der Impfstoff Novavax am Montag (28. Februar) verfügbar sein. Auch hier werden vorrangig Beschäftigte des Gesundheitswesens immunisiert. Ob Impfwillige in die Priorisierung fallen, wird im Buchungsprozess des Online-Impfportals abgefragt.
Bundeswehr soll aufgerüstet werden
Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat: über neue Ausstellungen des Museums der bildenden Künste, über den Krieg in der Ukraine, wie sächsische Sportvereine die Corona-Pandemie zu spüren bekommen und über eine 62-jährige Frau aus Sachsen, die wegen Mordes an ihrem Mann 15 Jahre im Chemnitzer Frauengefängnis verbracht hat
Was am Wochenende außerdem wichtig war: In einer Sondersitzung des Bundestags am heutigen Sonntag applaudierten die Abgeordneten dem ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, minutenlang. Ex-Bundespräsident Joachim Gauck umarmte Melnyk herzlich. Bundeskanzler Scholz kündigte in seiner Rede an, der Bundeswehr 100 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellen zu wollen.
Er betonte angesichts der Ereignisse in der Ukraine die Wichtigkeit, in die Sicherheit Deutschlands zu investieren. Die Mehrheit der heute im Reichstagsgebäude gehaltenen Reden ordnete Putins Angriff auf die Ukraine als Zerstörung des europäischen Friedens, als Völkerrechtsbruch und Symbol für Putins Unberechenbarkeit ein.
Laut des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen sind Stand Sonntagabend rund 368.000 Menschen aus der Ukraine auf der Flucht vor dem Krieg.
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