Goethes Geburtstag jährt sich am 28. August in diesem Jahr zum 275. Male. Nichts Neues, aber einer eingehenderen Rückschau wert. Seine ersten drei Studienjahre (1765 bis 1768 in Leipzig) regten ihn zu dem bekannten „Mein Leipzig lob ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute“ an, nachzulesen im „Faust. Der Tragödie 1. Teil“, Szene „Auerbachs Keller in Leipzig“.

1849, zu Goethes Geburtstag, eine Werbung zur Einkehr unter dem Motto: „Ich muß Dich nur vor allen Dingen/In lustige Gesellschaft bringen“ aus Goethes „Faust“ als den „Ort, wo der unsterbliche Göthe den Stoff zu seinem ‚Faust‘ schöpfte und sich oft gütlich that, dürfte wohl seinen Verehrern zum Besuch am heutigen Tage empfohlen werden“.

Doch zunächst eine kleine Rückschau auf Goethes Leipziger Jahre 1765 bis 1768.

Goethes Leipziger Zeit

Zur Messezeit, am 3. Oktober 1765 traf der 16 Jahre junge Goethe, aus seiner Geburtsstadt Frankfurt/Main kommend, in Leipzig ein. Er fand Quartier in einem Hofgebäude der Großen Feuerkugel Neumarkt 3 und wohnte dort während seiner ganzen Leipziger Zeit.

Leipzig – nach Lessings Worten der einzige Ort Deutschlands, „wo man die ganze Welt im Kleinen“ sehen konnte. Leipzig war damals eine der modernsten Städte Deutschlands, mit seinen prachtvollen Bauten, Bürgergärten, Promenaden, seiner unterirdischen Kanalisation, nächtlichen Straßenbeleuchtung und dichtesten Verkehrsanbindung im Zeitalter der Postkutsche. Aber vor allem: durch seine drei Messen ein konkurrenzloser Mittelpunkt des europäischen Binnenhandels!

Am 19. Oktober ließ sich Goethe an der Universität für das Jurastudium immatrikulieren.

Empfehlungsbriefe und reichliche Geldmittel öffneten ihm den Zugang zur höheren Leipziger Gesellschaft. Da kümmerte sich eine Professorengattin um Goethes Äußere und seine Manieren, der Direktor der 1764 gegründeten „Zeichnungs- Malerey- und Architectur-Academie“ Adam Friedrich Oeser wurde sein wichtigster Leipziger Lehrer: Er führte Goethe in die Winckelmannsche Kunsttheorie ein und lehrte ihn das Sehen in seinen Atelierräumen auf der Pleißenburg.

Dort wurden auch Kupferstecher ausgebildet und auch Goethe erlernte die Techniken des Kupferstichs und der Radierung. Und der berühmte Buchdrucker Immanuel Breitkopf gestattete ihm die Benutzung seiner kostbaren Privatbibliothek.

Das Studium selbst langweilte Goethe bald, wichtig wurden ihm Freundschaften, zuallererst wohl mit dem elf Jahre älteren Studenten Ernst Wolfgang Behrisch, der im selben Jahr sein Studium in Leipzig begonnen hatte. Beide lernten sich in einer Pension mit Mittagstisch, einer Art Familienbetrieb des Christoph Gottlieb Schönkopf am Brühl kennen. Goethe selbst verliebte sich in Käthchen, gestand der Tochter des Wirts seine Liebe im April 1766. Ihr galt sein erster Gedichtzyklus „An Annetten“. Dieser Zyklus wird als Beginn seiner literarischen Laufbahn bezeichnet.

Hinterhof der Großen Feuerkugel um 1850. Lithographie von Adolph Werl. (Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv. Nr. 1811c).
Der Hinterhof der Großen Feuerkugel um 1850. Lithographie von Adolph Werl. (Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv. Nr. 1811c).

Zwischen Behrisch und Goethe entwickelte sich eine enge Freundschaft und ein reger Briefwechsel. Behrisch wurde eine Art literarischer Mentor für Goethe, er stellte später ein „Buch Annette“, eine Sammlung in eigenhändiger Schönschrift von vier Erzählungen und 15 Gedichten zusammen. Der Titel „An Annette“ sollte eine Erinnerung an die heftige und aussichtslose Liebe zur Anna Katharina Schönkopf sein. (In einem Goethe-Brief vom 26. April 1768 an Behrisch steht: „… wir haben uns getrennt, wir sind glücklich … wir haben mit Liebe angefangen und hören mit Freundschaft af.“)

Sein Mittagessen nahm Goethe also bei den Schönkopfs ein, aber abends war er dann gemeinsam mit Behrisch oftmals ständiger Gast in Auerbachs Hof. (Wie toll es der Studiosus Goethe in Leipzig ansonsten getrieben hat, soll hier nicht zur Debatte stehen.)

Hier in Leipzig erlebte Goethe einen Aufschwung des literarischen Lebens. Für geistig aufgeschlossene Studierende wie Goethe bot sich die Literatur an, als Ersatz anregender, intellektuell anspruchsvoller Gesprächsrunden, die an der Universität nicht üblich waren. Und schon damals stand in den Leipziger Buchläden die gesamte deutsche und ein Großteil der europäischen Buchproduktion schon bald nach Erscheinen der Bücher zur Verfügung.

Auch mit Leipzig als ein Zentrum bürgerlicher Musikkultur war Goethe in Verbindung getreten. Bei dem schon erwähnten Herrn Breitkopf war Goethe ein häufiger Gast. Des Hausherrn Söhne Bernhard Theodor, geb. 20.03.1749, und Christoph Gottlob, geb. 22.09.1750, kannte Goethe schon vom gemeinsamen Studium an der Leipziger Universität. An seine Schwester schrieb er einmal: „Sonntags gehe ich um 4 Uhr zu Breitkopfs und bleibe bis 8 daselbst. Die ganze Familie sieht mich gern, das weiß ich und deß wegen komme ich auch.“

Aus seinen Lebenserinnerungen erfahren wir noch mehr: „Der älteste Sohn mochte einige Jahre mehr haben als ich, ein wohl gestalteter junger Mann, der Musik ergeben und geübt: sowohl den Flügel als die Violine fertig zu behandeln. Der zweite, eine treue gute Seele, gleichfalls musikalisch, belebte nicht weniger als der älteste die Concerte, die öfters veranstaltet wurden.

Sie waren mir beide, so wie auch die Eltern und Schwestern, gewogen. Wir trieben manches gemeinschaftlich, und der älteste componirte einige meiner Lieder, die, gedruckt, seinen Namen, aber nicht den meinigen führten und wenig bekannt geworden sind.“ So weit Goethes Erinnerungen.

Die Erinnerungstafel an den Standort der Großen Feuerkugel, wo Goethe als Student wohnte. Foto: Ralf Julke
Erinnerungstafel an den Standort der Großen Feuerkugel, wo Goethe als Student wohnte. Foto: Ralf Julke

Goethesche Gedichte sind zum ersten Male, im Jahre 1769, als „Neue Lieder in Melodien gesetzt von Bernhard Theodor Breitkopf, Leipzig bey Bernhard Christoph Breitkopf und Sohn 1770“ gedruckt worden. Eine Rezension von J. A. Hiller steht in den „Wöchentlichen Nachrichten und Anmerkungen, die Musik betreffend“ (III. Anh. S. 140).

Im Sommer 1768 erlitt Goethe nach einer Erkrankung der Atemwege einen gefährlichen Blutsturz. Als er halbwegs reisefähig war, verließ er an seinem 19. Geburtstag Leipzig und kehrte nach Frankfurt/Main zurück.

Die Geburtsfeier 1849

Hier in Leipzig hatte Goethe also viele Freunde gefunden und seine Beziehungen zu ihnen waren auch in späteren Jahren nicht abgebrochen. Was liegt also näher, als eine Erinnerung an die Leipziger Goethe-Feier von 1849? Eigens dazu fand sich damals ein Komitee aus Wissenschaftlern der Universität, Beamten, Buchhändlern und Kaufleuten zusammen, um die Vorbereitung und den Ablauf der Feier, verteilt auf zwei Tage, zu organisieren.

Das Leipziger Tageblatt (LT) begrüßte seine Leserschar am 28. mit einem vierstrophigen Gedicht „Zu Göthe’s hundertjähriger Geburtsfeier.“

Das Leipziger Tageblatt vom 28. August 1849. Foto: Peter Uhrbach
Leipziger Tageblatt vom 28. August 1849. Foto: Peter Uhrbach

Die städtische Real- und ersten Bürgerschule begann um 8 Uhr in der Aula den Tag mit einer Festrede; das Gymnasium zu St. Nicolai und die Thomasschule folgten um 9 Uhr mit ihrer „Säcularfeier zum Andenken an Göthe durch Rede und Gesang“. Die Feier in der Aula der Leipziger Universität begann um 11 Uhr. Die Aula war zudem „durch eine von Herrn Knauer modellirte colossale Büste Göthe’s … geschmückt“.

Dem Komitee zu verdanken war auch eine Ausstellung im städtischen Museum – gezeigt wurden Büsten und Porträts Goethes, seiner nächsten Angehörigen und Leipziger Zeitgenossen, von Goetheschen Handschriften, Handzeichnungen, Radierungen und anderen Reliquien, sowie eine Übersicht der originellsten Drucke seiner Werke, eine Schau, die zuerst nur bis Mittwoch geplant, dann aber wegen des großen Zuspruchs, um einige Tage verlängert worden war.

Höhepunkt und Abschluss des ersten Tages war im Theater die Aufführung des „Egmont“, eingeleitet mit der Fest-Ouvertüre von Beethoven und einem Prolog in drei Abteilungen von Adolph Böttger mit „lebenden Bildern“ (Egmont und Klärchen, Harfenspieler und Mignon, Faust, Mephistopheles und Gretchen, Götz von Berlichingen und Tasso, Iphigenie und Orest.)

Zu gleicher Zeit veranstaltete das Schützenhaus zu Ehren Goethes ein „Extra-Concert, gegeben vom Musikchor des Director Jul. Logitzsch“. Für Herren betrug der Eintrittspreis 2½ Neugroschen (Ngr.), Damen hatten freien Zutritt. Für Herren etwas billiger und eine Stunde früher begann eine Goethe-Feier im großen Kuchengarten mit einem Extra-Konzert. Das Besondere dieses Ortes: „Von allen öffentlichen Orten Leipzigs ist der große Kuchengarten durch Goethe’s fast täglichen Besuch geweihet worden“, so eine Anzeige im LT v. 28. August 1849.

Das Gewandhaus-Konzert am zweiten Tag

Dann, am 29. August, der krönende Abschluss, das zweistündige Gewandhaus-Konzert in drei Teilen: Schlussszene des Faust von Robert Schumann; Goethesche Lieder von Mozart, Reichardt, Zelter, Beethoven, Schubert und Hauptmann; Die erste Walpurgisnacht von Mendelssohn-Bartholdy.

Der Eintritt kostete hier schon 20 Neugroschen, es sei denn, man begnügte sich und erlangte eine Sperrsitzmarke für 5 Neugroschen bei Fr. Kistner im Vorverkauf.

Das Leipziger Tageblatt würdigte am 1. September 1849 gleich auf seiner ersten Seite das Konzert mit folgender Rezension:

„Die Musik ist der Dichtkunst so innig verwandt, daß es zur unabweislichen Pflicht wurde, den großen Dichtergenius, welcher der deutschen Nation vor 100 Jahren geboren wurde, auch in den Kunsttempeln der Musik zu feiern. Im Gewandhaus geschah dies auf eine durchaus angemessene und würdige Weise, sowohl in Betreff der Wahl der aufzuführenden Stücke, als deren Ausführung.

Als große Werke wurden gegeben: die Schlußscene aus dem zweiten Theile des ‚Faust‘ von R. Schumann, und die Walpurgisnacht von Mendelssohn, zwischen beiden aber sechs Göthe’sche Lieder und resp. Balladen, componirt von Beethoven, Mozart, Franz Schubert, Reichardt, Zelter und Hauptmann. Die Solopartien hatten die Damen Mayer, Buck, Kitz, Küstner, Rößler und Schurich und die Herren Behr, Pögner, Salomon und Widemann, den Chor bildeten die Mitglieder der Singakademie mit dem Thomanerchor, die Instrumentalpartien führte das vollbesetzte Concert-Orchester aus.

Schumanns Faust, ein Werk von genialer und großartiger Conception und reich an musikalischer Schönheit, wurde trotz seiner Schwierigkeiten und verhältnißmäßig nur wenigen Proben – wenn auch nicht vollendet – aber im Ganzen doch gut executirt. Von herrlicher Wirkung war der Gesang des Pater profundus (Herr Salomon), der Chor der jüngern Engel ‚Jene Rosen‘ etc. u.a.m. Eine ausführlichere Besprechung des Werkes liegt einmal nicht in der Tendenz des Blattes, ist aber auch nach einmaligem Hören nicht genügend möglich, da Schumanns – wie Göthe’s – Schöpfungen nicht für die große Masse sind.

Mendelssohns Walpurgisnacht wurde, als von öftern Aufführungen her einstudirt, sehr vorzüglich aufgeführt, und entwickelte seine mannichfaltigen vollkommen.

Mit vielem Beifall wurden die sechs Lieder und Balladen gehört. Fräulein Mayer sang: das Veilchen, comp. von Mozart, und Gretchen am Spinnrad aus Faust, comp. Von Franz Schubert; den Erlkönig, comp. von Reichardt, Herr Behr; neue Liebe neues Leben, comp. von Beethoven, Herr Widemann; der König von Thule, comp. von Zelter, Herr Pögner; Wanderers Nachtlied, das überaus schöne kleine Gedicht, von Hauptmann reizend componirt – die Mitglieder der Singakademie

. Von den genannten Sängern, welche alle Vorzügliches leisteten, dürfte Herr Pögner in jeder Beziehung der Preis zuzuerkennen sein. Nicht gering ist das Verdienst des Herrn Rietz, unter dessen tüchtiger Leitung das Ganze mit seinen vielen einzelnen Schwierigkeiten so gegeben wurde, daß es dem kunstsinnigen Gewandhauspublicum einen genußreichen Abend gewährte.“

Im Angebot aus Zeitungsanzeigen: Erinnerungen an Goethe

● Zu Goethes Jubelfeier erschien im Verlag Breitkopf & Härtel ein Bildnis Goethes, nach Ludwig Sebbers gestochen von Lazarus Gottlieb Sichling.

● Zum Göthefeste waren im Literarischen Antiquarium zu haben Goethe-Lieder von Schiller, Tieck, Uhland, Platen u. A., gesammelt von E. Ortlepp und Die Literatur der Faustsage bis zum Jahre 1848, systematisch zusammengestellt von Franz Peter.

● Zu Goethe’s 100-jähriger Geburtsfeier war bei Eduard Kretzschmar in Leipzig erschienen ein Gedicht von Adolf Böttger mit Goethe’s Porträt in Relief-Manier.

● Zur Goethefeier waren bei Julius Große, Universitätsstraße, nachstehende Schriften zu haben: „Aus Goethe’s Leben. Wahrheit und keine Dichtung“; Adolph Böttger, „Zu Goethe’s hundertjähriger Geburtsfeier“; Heinrich Döring, „Goethe in Frankfurt am Main“ und „Goethe, ein biographisches Denkmal“; ein „Goethe-Albun“ als Festgabe; „ Goethe’s Iphigenia auf Tauris“ als Festgabe; Christian Wenig, „Denkschrift zum 100jährigen Geburtsfeste Goethe’s.

● In der Burgstraße 1, bei Rauck war zu haben: Goethes Porträt, nach dem Leben gezeichnet und gestochen von Carl August Schwerdgeburth.

● Zwei Gedichte zum Andenken an Goethe waren zu haben bei Dederich, Petersstraße Nr. 40.

Und 135 Jahre später – Leipzig errichtet ihm ein Denkmal!

Ein Deutschlehrer an der Nicolaischule soll im Jahre 1879 mit der Absicht, seine Primaner nach entsprechender Unterweisung im Unterricht für den jungen Goethe zu begeistern, zum Abschluss gesagt haben: „Der junge Goethe müßte eigentlich in Leipzig ein Denkmal haben! Im Rosenthal müßte es stehen, wie das Denkmal Gellerts: eine weiße Marmorfigur auf einem roten oder grünen Piedestal, vorn der Name Goethe, zu beiden Seiten in Rococartuschen die Medaillons von Friederike Oeser und Käthchen Schönkopf! Das Ganze müßte aussehen wie eine Meißner Porzellanfigur ins Lebensgroße übersetzt!“

Diese Worte, uns überliefert im Leipziger Tageblatt (LT) vom 11. Juni 1899, bewirkten bei einem dieser Schüler in späteren Jahren, mit dem Bildhauer Carl Seffner in Verbindung zu treten, damit dieser zunächst eine kleine Denkmal-Skizze anfertigte.

Vorbereitet im Winter 1897/98 von 14 namhaften Persönlichkeiten im Hinblick auf den bevorstehenden 150-jährigen Geburtstag Goethes mit dem Datum „Leipzig, im März 1898“, erging ein Aufruf in 500 Exemplaren an Adessaten mit erwartbarer Unterstützung für die Errichtung eines Goethe-Denkmals.

Aus diesem Dokument seien hier nur einige Sätze zitiert: „Der Gedanke liegt so nahe und ist so glücklich und anmuthend, daß er wohl keiner Empfehlung bedarf. Die bloße Vorstellung, die herrliche Jünglingsgestalt des Dichters in der schmucken Rococotracht in einem glänzend weißen Marmorbilde auf grünem Rasen unter den mächtigen alten Bäumen am Schwanenteich oder in einem lauschigen Waldwinkel des Rosenthals aufgestellt zu sehen, hat so viel Reizendes, daß sie gewiß jeder sich gern verwirklicht denkt; die Ausführung des Gedankens würde unsere Stadt um ein öffentliches Kunstwerk von eigenthümlichster Schönheit und Bedeutung bereichern.“

Trotz aller Eindringlichkeit brachte der Aufruf statt der erforderlichen 30.000 nur 10.000 Mark Spendengelder ein. Aber weder die Unterzeichner des Aufrufs noch der Bildhauer ließen sich vom Misserfolg des Aufrufs entmutigen. Carl Seffner trat nun mit einem größeren Entwurf an die Öffentlichkeit – seine Vorstellungen wurden jetzt allgemein bekannt. Und gesammelt wurde auch weiter. So floss der Reinertag einer Vorfeier zu Goethes Geburtstag, veranstaltet am 20. Juni 1899 in der Alberthalle von der studentischen Vereinigung „Leipziger Finkenschaft“ in die Sammelkasse für das Denkmal.

Das fertige, auf dem Naschmarkt mit einem Kostenaufwand in Höhe von 44.000 Mark errichtete Goethe-Denkmal wurde schließlich am 28. Juni 1903 eingeweiht.

„Unser Goethedenkmal ist nicht ganz so ausgeführt worden, wie es in dem Aufruf von 1898 gedacht war. Von einer Marmorfigur hat man aus triftigen Gründen abgesehen, ebenso von einer Aufstellung im Grünen. Die Hauptfigur ist aus Bronze gegossen, das Denkmal so aufgestellt, daß der Dichter nach dem Hause blickt, an dessen Fenstern er so manchesmal mit Behrisch gesessen und ‚die Vorübergehenden rezensirt hat hat, nach Auerbachs Hof. Im übrigen aber entspricht das Denkmal genau der Vorstellung, die der Aufruf von 1898 enthält“, schrieb das LT am Tag der Einweihung.

Zur Feier der Enthüllung des Goethedenkmals wurde im Alten Theater Goethes „Torquato Tasso“ aufgeführt, „für eine Goethefeier immer das in erster Linie in Betracht kommende Stück; denn kein Drama Goethes hat einen so starken persönlichen Ton wie Tasso, so abgeklärt seine ganze Diktion ist.

Weder aus dem Faust noch aus Clavigo vernehmen wir hinter dem Reden, Fühlen und Handeln der auftretenden Personen so eindringlich Goethes eigenes Wesen wie aus Tasso, und nirgends ist die ganze geistige Atmosphäre eines Goetheschen Stückes zugleich in dem Maße, gesteigert allerdings und idealisiert, die geistige Atmosphäre des Goetheschen Freundeskreises einer bestimmten Zeit wie im Tasso“, hieß es einleitend in der ausführlichen LVZ-Rezension schon am folgenden Tage.

Aus dem Dresdner Jounal

Den eigentlichen Verlauf des Ereignisses erfährt man nur aus dem Dresdner Journal vom 29. Juni 1903: „Mitten im alten Leipzig, auf dem an lokalen und geschichtlichen Erinnerungen so reichen Naschmarkte, hat das Goethe-Denkmal seine Aufstellung gefunden. Bei prächtigstem Sommerwetter wurde es gestern feierlich enthüllt.

Die Mitglieder des Denkmalskomitees, Vertreter der Reichs-, Staats- und städtischen Behörden sowie der Universität Leipzig nahmen daran teil; besonders farbenreich wurde die Enthüllungsfeier durch die Beteiligung der Vertreter sämtlicher studentischer Korporationen und Vereine mit ihren Fahnen. Gesang des Thomanersängerchores leitete den feierlichen Akt ein, dann hielt der Vorsitzende des Denkmalskomitees Hr. Oberbürgermeister Justizrat Dr. Tröndlin die Weiherede.

Das Denkmal, so führte der Hr. Redner u. a. aus, stelle, von Prof. Seffners Meisterhand geschaffen, Goethe als Studenten dar, der drei Jahre, vom 19. Oktober 1765 ab, hier studierte und hier Wandlungen erfuhr, die für sein ganzes künftiges Leben von Bedeutung waren. Der Gedanke, das Denkmal zu errichten, habe in allen Kreisen Leipzig freudigste Aufnahme gefunden, ebenso der Denkmalsentwurf. Am Schlusse der mit lebendigstem Beifall aufgenommenen Ansprache fiel die Hülle des Denkmals.

An diesem legte namens der Universität deren Rektor, Hr. Geh. Rat Prof. Dr. Wach, unter einer Ansprache einen mächtigen Lorbeerkranz mit Schleife nieder. Gesang des ‚Gaudeamus igitur‘ beendigte die Feier, der auch zwei Vertreterinnen der Familie Schönkopf, Helene und Marie Schönkopf, beiwohnten. –

Das Denkmal, das 5½ m hoch ist, zeigt auf einem Sockel von rötlich poliertem Meißner Granit die 2,60 m hohe Bronzefigur des Leipziger Studenten Goethe, eine schlanke, leicht und elastisch dahinschreitende Gestalt, den Kopf mit der hohen Stirn etwas erhoben, das große Auge schwärmerisch sinnend in die Weite gerichtet. Die Rechte hält ein halbaufgeschlagenes Buch, die Linke den Dreispitz.

Der 19-jährige Musensohn, der hier um einige Jahre älter erscheint, macht in der schmucken Rokokotracht der damaligen Zeit, in Kniehosen, reichgeblümter Weste, langem Rock, Spitzenjabot und Haarbeutel einen graziösen, galanten Eindruck. Dabei hat es Prof. Karl Seffner, dem wir das kunstvollendete Denkmal verdanken, verstanden, die ganze Hoheit des Geistes, die Schönheit der Seele, die Poesie, die in jeder Faser des Jünglings lebte, kurz, wie Oberbürgermeister Tröndlin hervorhob, den Genius schon in dem tändelnden Studenten anzudeuten.

Die Vorderseite des Sockels trägt die Inschrift: ‚Johann Wolfgang Goethe‘ , die Rückseite den Vermerk: ‚Student in Leipzig 1765 bis 1768‘. Die beiden anderen Seiten zeigen in Sterzinger Marmor die feingemeißelten Porträtmedaillons von Käthchen Schönkopf und Friederike Oeser. Inmitten von Lindenbäumen und altertümlichen Gebäuden, die noch heute dasselbe Aussehen haben, wie zu Goethes Zeit, schaut die Statue direkt nach den gegenüberliegenden bekannten Goethe-Stätten Auerbachs Keller und Auerbachs Hof – ein lebendiges Bild in stimmungsvollem, historisch getreuen Rahmen.“

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Man darf sich nicht das Paris 2024 vorstellen, sondern das Paris des späten 18. Jahrhunderts, wenn man das Zitat halbwegs sinnvoll einordnen möchte. Das Paris des späten Barock und Absolutismus war DER Moloch Europas und entsprechend abfällig ist diese Bemerkung. Goethe hat mit Leipzig sehr gehadert – insbesondere mit der kleinbürgerlichen Bevölkerung.
Das Zitat stammt auch nicht von Goethe. Es sagt der versoffene Frosch im Auerbachs Keller – und auch hier gibt man sich sehr viel Mühe den Kontext zu ignorieren. Man macht sich da gerade sehr lustig über die Leipziger*innen als dann noch der Spruch kommt.
https://taz.de/Mein-Leipzig-lob-ich-mir/!5295250/
Hausmann hat erst ab 1853 das Paris geschaffen, dass wir heute kennen und von dem wir uns mit dem Zitat geehrt fühlen. Zuvor gab es dort nur kleine enge Gassen, die Luft stand, keine (funktionierende) Kanalisation.

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