Weihnachtsgeschenke für Kinder in unserem Zeitreise-Jahr: Ein Beinkleid, ein Taschentuch, zwei Schreibbücher, für Mädchen ein wollenes Kleid. Gemeckert wird nicht, die Arbeiterkinder sind froh, dass sie überhaupt etwas bekommen. Einem Stammtisch sei Dank. Ein Handarbeiter bekommt auch etwas: Zwei Jahre Gefängnis für den Diebstahl einer Taschenuhr. In Leutzsch zieht sich derweil der verdiente Ortsvorsteher Otto Schmiedt zurück, während Redakteur Otto Hübler vor hungrigen und dreisten Unholden im Jünglingsalter warnt.
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Man beachte die Ortsbezeichnungen: „Am Dienstage wurde in Leipzig ein hier wohnhafter Handarbeiter verhaftet, weil derselbe einem am Thomaskirchhof in Leipzig wohnenden Markthelfer aus dessen Wohnung eine Taschenuhr gestohlen hatte. Der Handarbeiter nutzte die Wohnung während der Markthelfer im Krankenhaus lag.“ Die Distanz zwischen Lindenau und Leipzig scheint für die Zeitgenossen immer noch groß gewesen zu sein. Der Handarbeiter wird übrigens zwei Wochen später zu „8 Monaten Gefängnis und zwei Jahren Ehrverlust“ verurteilt. Das bedeutet, er durfte in der Zeit weder wählen, noch gewählt werden, noch öffentliche Ämter ausüben. Wird ihn wenig gestört haben, das Wochenblatt kommentiert dennoch: „eine ziemlich empfindliche Strafe.“
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Christbescherung in einem Arbeiterviertel anno 1885:
„Die diesjährige Christbescherung für würdige Arme durch den Stammtisch zum Kreuz Nr. 51 fand am Abend des 28. Dezember d. J. (sic!) d. J. im großen Saale des Gasthofes zu Plagwitz statt“, berichtet das Wochenblatt. Nach diversen christlichen Weihnachtsliedern und verschiedenen „Deklamationen“ der Kinder traten die Kinder an einen Tisch „der die um einen mächtigen Christbaum gruppierten Geschenke trug, die schon lange von der Kinderschar mit verlangenden Blicken betrachtet worden waren.“ Und hier ein Einblick in die Geschenkeliste: „Die Knaben erhielten je ein Beinkleid, ein Hemd, ein Taschentuch, 2 Schreibbücher, einen Bleistift und einen Federhalter und die Mädchen je ein wollenes Kleid, ein Hemd und ein Taschentuch und die Schreibutensilien gleich den Knaben.“ Die elf älteren Personen, denen beschert wurde, erhielten eine „ansehnliche Summe baren Geldes“ und Feuerungsmaterial „welches dem Verein durch mehrere hiesige Firmen in anerkennenswerter Weise unentgeltlich zu diesem Zwecke zur Verfügung gestellt worden war.“
Im Landwaisenhaus, was seit 1856 in der heutigen Leutzscher Landwaisenhausstraße stand, fiel die Bescherung ernährungsreicher aus. Die Kinder erhielten je eine Stolle, Pfefferkuchen, Nüsse, Äpfel, aber auch Bekleidungsgegenstände und Strickgarn. Ermöglicht wurde die Bescherung durch Frau von Friesen und dem Bäckermeister Herrn Böhme.
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Zum Jahresende ist in Leutzsch der langjährige Leiter des Gemeindewesens, der Gemeindevorstand Otto Schmiedt zurückgetreten. Sein Nachfolger, der weniger bekannte Friedrich Theodor Uhlig, sollte der erste Berufs-Gemeindevorstand von Leutzsch werden. Seine Inauguration soll von allen Gemeindemitgliedern mit einem Festmahl am 4. Januar im Restaurant „Zum Auenschlösschen“ gefeiert werden. „Da man in allen Schichten der Bevölkerung unseres Ortes mit dem Übergang der Leitung des hiesigen Gemeindewesens in die Hand eines Berufs-Gemeindevorstandes große Hoffnungen für das Wohl unseres aufstrebenden Ortes verbindet, so dürfte die Teilnahme unserer Bevölkerung an dem für unsere Gemeinde hochwichtigen Tag eine allgemeine sein. Jeder, der kommen möge, solle dem Wirt vorher Bescheid sagen“, wird im Wochenblatt gefordert. Nach Otto Schmiedt wird später zur Anerkennung seiner Verdienste eine Straße benannt.
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Am 5. Januar klagt und jubiliert Redakteur Otto Hübler zugleich: „Auch von verschiedenen Lesern unseres Blattes dürfte es als großer Nachteil empfunden worden sein, dass uns seit Jahr und Tag die Schätze des Museums zu Leipzig nicht zugänglich sind.“ Unklar bleibt, warum das so war. Allerdings wendet sich nun alles fast zum Guten: „Sie werden es daher mit uns mit Freuden begrüßen, dass im sogenannten Keilschen Hause, Leipzig, Löhrs Platz Nummer 4, jetzt vom Besitzer des Grundstückes Räume zur Verfügung gestellt worden sind, in denen wenigstens ein Teil der Gemälde der reichen Sammlung täglich unentgeltlich in Augenschein genommen werden können.“
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Unsitten in der Vergangenheit. Otto Hübler dachte, das bei ihm vor der Haustür war ein Einzelfall. Aber am Neujahrstag traten Jugendliche in Gruppen zu dritt oder viert offenbar vor mehrere Türen und gratulierten. „Daß es denselben natürlich hierbei nicht auf Darbringung wirklich ernst gemeinter Wünsche ankommt, brauchen wir wohl nicht erst nachzuweisen“, erbost sich Hübler in seiner Zeitung. Stattdessen wollten die Jugendlichen etwas anderes. „Die Unsitte resultiert unserer Ansicht nach lediglich vielmehr aus dem nicht scharf genug zu bekämpfenden Hange, die Mittel zur Befriedigung von Gelüsten nach Näschereien usw. in die Hand zu bekommen.“ Hübler verwehrt sich gegen solch jugendliche Forderungen. „Wir empfehlen den Polizeibehörden unserer Orte bei der Wiederkehr des Neujahrstages ein recht aufmerksames Auge auf die von Haus zu Haus ziehenden jugendlichen Bettlerscharen zu haben.“
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