Aus Sicht der sächsischen AfD ist jede Initiative, die um den Erhalt der Demokratie im Freistaat kämpft, suspekt. Die Partei reagiert gekränkt und stellt hunderte Anfragen dazu an die Sächsische Landesregierung, stets mit der unterschwelligen Annahme, das alles wäre dann auch noch aus Steuergeldern bezahlt. Besonders ärgerte sich die gesichert rechtsextreme Partei über zwei Aktionen aus dem Landtagswahlkampf.
Die möglicherweise mit dazu beigetragen haben, dass nicht die AfD, sondern die CDU mit knappem Vorsprung Wahlsieger wurde und gleichzeitig die Sperrminorität von 33 Prozent im Landtag für die AfD nicht zustande kam.
Welchen Effekt die beiden Aktionen tatsächlich hatten, ist natürlich schwer zu ermitteln. Ziemlich vollmundig verkündete ja das Katapult-Magazin, das in Greifswald gemacht wird, am 15. Juli: „Wir gründen KATAPULT Sachsen!“ Und legte gleich richtig nach, wen man damit besonders ärgern wollte: „Die AfD könnte stärkste Kraft bei den Landtagswahlen in Sachsen werden. Wir wollen das nicht hinnehmen und das Bundesland mit einer demokratischen Zeitung überfluten. Ihr entscheidet, wie hoch die Auflage sein wird.“
Die zum Ziel genommenen 500.000 Exemplare für Sachsen wurden es wohl nicht. Am 2. August verteilte das Magazin packenweise Exemplare auch in Leipzig. Aber um eine dauerhafte Zeitungsgründung auf die Beine zu stellen, braucht man eine Menge Geld. Und da hat auch Katapult immer wieder zu kämpfen, was der Landtagsabgeordnete Thomas Kirste (AfD) dann auch genüsslich anmerkte: „Die gGmbH ist ansässig in Greifswald/Mecklenburg-Vorpommern und stand noch im September 2023 vor ihrer Insolvenz.“
Und auch den Versuch von Campact, einen AfD-Wahlsieg am 1. September in Sachsen zu verhindern, fand Kirste irgendwie inakzeptabel: „Zum Wahlkampf aktiv wurde auch der Campact e. V. aus dem niedersächsischen Verden, welcher für seine ,Strategisch wählen’-Kampagne u. a. Flyer an sächsische Haushalte verteilte.“
Kein Fördergeld? Kein Darlehen?
Und so fragte er die Staatsregierung, ob es für Katapult wie für Campact seit dem Jahr 2019 irgendwelche „Fördergelder, Darlehen oder sonstige finanzielle Leistungen“ durch den Freistaat Sachsen gab.
Eine Fragestellung, auf die Conrad Clemens, Chef der Sächsischen Staatskanzlei, nur trocken erwidern kann: „Weder die Katapult gGmbH noch der Campact e.V. beantragten oder erhielten vom Freistaat Sachsen seit 2019 bis einschließlich dem 1. Oktober 2024 Fördergelder, Darlehen oder sonstige finanzielle Leistungen. Auch die im Zusammenhang mit der Katapult gGmbH stehenden Unternehmen Katapult MV GmbH und Katapult Verlag GmbH beantragten oder erhielten vom Freistaat Sachsen seit 2019 bis einschließlich dem 1. Oktober 2024 keine Fördergelder, Darlehen oder sonstige finanzielle Leistungen.“
Was den fragenden AfD-Abgeordneten wahrscheinlich nicht zufriedenstellen wird. Denn eigentlich hätte er doch gern gesehen, dass der Staat irgendetwas gegen die beiden Institutionen unternimmt. Genau so hatte er nämlich in seiner letzten Frage gefragt: „Besitzt einer der beiden vorbemerkten Akteure eine redaktionelle Adresse bzw. eine ladungsfähige Anschrift im Zusammenhang mit der im Freistaat Sachsen geltenden Impressumspflicht nach § 6 SaechsPresseG, die sich im Freistaat Sachsen befindet?“
Wer will da wen (vor-)laden?
Von „ladungsfähig“ steht in diesem Pragrafen des Sächsischen Pressegesetzes zwar nichts. Aber wenn Kirste etwa eins der Exemplare von „Katapult Sachsen“ genauer angeschaut hätte, hätte er dort auch das (etwas klein geratene) Impressum gefunden – mit Verlagsadresse in Greifswald natürlich. Und vorladen muss die sächsische Justiz von dort auch niemanden, denn solche Presseprodukte unterliegen – wer hätte das gedacht – der vom Grundgesetz deklarierten Pressefreiheit.
Um das auch für den Abgeordneten Kirste noch einmal zu zitieren: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Conrad Clemens konnte es sich mit der Antwort also leicht machen: „Nach Kenntnis der Staatsregierung besitzen die vorbemerkten Akteure keine redaktionellen Adressen bzw. ladungsfähige Anschriften im Freistaat Sachsen im Zusammenhang mit der im Freistaat Sachsen geltenden Impressumspflicht nach § 6 des Sächsischen Gesetzes über die Presse.“
Aber wie gesagt: Da steht eben auch nichts von „ladungsfähig“. Nur, dass im Impressum „deutlich sichtbar Name oder Firma und Anschrift des Druckers und des Verlegers genannt sein“ müssen. Da weiß man dann nämlich, wer den Hut aufhat. Und kann auch Leserbriefe schreiben, wenn man das kann. Etwa zu dem Beitrag, der etliche AfD-Funktionäre am stärksten geärgert haben dürfte: „Wie die AfD über Institutionen ihre Macht festigen will“.
Wozu man übrigens auch zwei Bücher lesen kann, die in diesem Jahr erschienen: von Michael Kraske und Dirk Laabs „Angriff auf Deutschland. Die schleichende Machtergreifung der AfD“ und von Maximilian Steinbeis „Die verwundbare Demokratie. Strategien gegen die populistische Machtübernahme“.
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