Journalisten lassen sich nicht auf einem Schauwagen eines Fußballclubs herumfahren. Auch wenn sie noch so freundlich dazu eingeladen werden. Das haben viele Leute, die mit großen Kameras dicke tun, vergessen. Sie merken nicht mal mehr, wie käuflich sie sind. Und dass das, was sie da anstellen, mit Journalismus nichts mehr zu tun hat. Erstaunlich, dass man das im Jahr 2022 noch schreiben muss. Aber es ist wohl an der Zeit, genau das zu tun.
Journalisten stehen unten, wo die Musik spielt und die Leute sich drängen. Sie laufen sich die Schuhsohlen ab, fragen die Leute, laufen ihrer Nase nach. Weshalb sie auch manchmal auftauchen, wo sie keiner erwartet. Und über Dinge schreiben, die auch keiner erwartet. Ihre Grundeigenschaft ist Neugier.
Sie haben auch dann noch Fragen, wenn der Festredner fertig ist. Der Bursche mit dem Notizblock und dem kleckernden Kuli ist nie zufrieden. Nichts kennt er so gut wie das flaumweiche Gefühl, dass er das Wichtigste doch nicht gefragt hat.
Deswegen ist Journalismus eine „never ending story“. Leider. Zum Glück. Und ein gutes Stück weit die Seele unserer Gesellschaft. Zu große Worte für eine ganz kleine Arbeit?
Manchmal denkt man das. Wenn die Jacke im Regen durchgeweicht ist, die Füße wehtun oder die bulligen Kerle am Eingang schon von Weitem misstrauisch auf die Kamera schauen.
Denn auch das lernt man: Wie viele Leute auch in unser so unfertigen Gesellschaft nicht wollen, dass man erzählt und zeigt, was sie tun. Die lieber in Hinterzimmern tagen. Und auf Anfragen wochenlang nicht reagieren. Weil die Fragen so frech sind.
Und manchmal sind wir auch froh. Weil manchmal doch eine Geschichte draus wird, die zeigt, wie es ist. Ein paar solcher Geschichten haben es auch in die neue Leipziger Zeitung (LZ) geschafft, die jetzt in die Kioske und Briefkästen geht.
Eine kleine Auswahl:
Antonia Weber erzählt, wie Lok-Fußballer das Schicksal der jüdischen Familie Rotter erforschen. Die Geschichte ist Teil eines Themenblocks zur Leipziger jüdischen Geschichte und Gegenwart.
Michael Freitag erzählt vom Stand im Kampf um das einmalige Biotop am Holzberg bei Böhlitz. Eine Geschichte über ein Unternehmen, das glaubt, Naturschutz sei in Sachsen immer noch Verhandlungssache.
Er erzählt auch von der ganz und gar ehrenamtlichen Hilfe, die Leipziger/-innen rund um die Villa leisten, seit ukrainische Flüchtlinge in Leipzig ankommen. Doch steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise bedrohen dieses einmalige Safespace-Projekt.
Jan Kaefer kommentiert die sehr eigentümlichen Vorgänge bei der Pokalsieg-Feier eines Leipziger Fußballclubs.
Antonia Weber spricht mit Küf Kaufmann über die agile jüdische Gemeinde in Leipzig.
Birthe Kleemann erzählt vom Start des Modellprojekts Reparaturbonus in Leipzig.
Und ein großes Interview fehlt natürlich, weil ein Minister zögert und zaudert und wahrscheinlich jedes Wort auf die Goldwaage legt. Denn bei denen da in Leipzig kann man ja nicht wissen. Die fragen immer so Zeug, das nicht in der Pressemitteilung steht. Die geben keine Ruhe, als hätten sie Neugierwasser getrunken.
Haben wir auch. Und seine Antworten hat der neue Innenminister Sachsens, Armin Schuster, nun bis heute versprochen. Zu spät für die gedruckte Ausgabe, nie zu spät für die Online-LZ.
Die neue Leipziger Zeitung (LZ), Ausgabe 102, VÖ 27.05.2022, finden unsere Abonnenten natürlich im Briefkasten vor. Für alle anderen ist die Ausgabe an allen bekannten Verkaufsstellen erhältlich.
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