LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 69, seit 19. Juli im HandelDer Deutsche Presserat hat der Leipziger Volkszeitung im Juni einen Hinweis wegen Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht erteilt. Anlass war ein Bericht über Fachkräftemangel im Friseurgewerbe.
Anfang April berichtete Lokalredakteur Andreas Tappert über die Nöte der Friseurmeisterin Saskia Jagemann. Viele ausgebildete Friseure bezögen Hartz IV, während die Branche nach Fachkräften suche. „Seit mehreren Jahren bekomme ich jeden Monat fünf bis zehn Vermittlungsvorschläge vom Arbeitsamt, aber es stellt sich nie einer der angekündigten Arbeitslosen vor“, beschwerte sich die Mittdreißigerin, die die Salons einer regionalen Kette managt. Schuld sei ein hausgemachter Fachkräftemangel. „Wer arbeiten könnte, aber es trotzdem nicht tut, sollte nicht endlos mit Steuermitteln alimentiert werden“, lässt sie sich zitieren.
Die Suche nach ausländischen Fachkräften sei nicht nötig. Man müsse nur die „eigenen Leute“ in Arbeit bringen. Auf Kosten anderer zu leben, sei asozial.
Tappert ließ diese Äußerungen unkommentiert. Zu Wort kommen die Handwerkskammer, die Arbeitsagentur, die Friseur-Innung – und das Mittelstandsforum für Deutschland (MfD). Diesem gehörten „Unternehmer vieler Branchen“ an, so Tappert. Was der Journalist verschwiegen hat: Die Vereinigung steht der AfD nahe. Dies ist kein Geheimnis. Eine einfache Google-Recherche lässt die Verbindungen offensichtlich werden. Und: Friseurmeisterin Jagemann nahm im April an einem Stammtisch des MfD teil. Hat ausgerechnet der LVZ-Reporter, der die Leipziger AfD journalistisch begleitet, diesen Zusammenhang übersehen?
LVZ formuliert Vorwürfe
Der Autor dieses Beitrags hatte die LVZ-Veröffentlichung dem Presserat zur Prüfung vorgelegt. Dieser erteilte der LVZ einen Hinweis. Die Entscheidung liegt der LEIPZIGER ZEITUNG vor. Die darin zitierte Stellungnahme der Kollegen vom Peterssteinweg lässt tief blicken. Die AfD sei nicht erwähnt worden, da der Fachkräftemangel in allen Parteien ein Thema sei. Angesichts der politischen Ausrichtung der L-IZ.de handele es sich aus LVZ-Sicht um einen Versuch, den Presserat im Sinne eigener politischer Meinungen und Überzeugungen gegen einen missliebigen Konkurrenten zu instrumentalisieren.
Den Vorwurf der mangelnden Sorgfaltspflicht wies die LVZ zurück. Das Thema sei von Jagemann an die Lokalredaktion herangetragen worden. Zum Vorwurf, beim MfD handele es sich um eine AfD-nahe Organisation, erklärte Tappert: „Nach meinen Recherchen ist dies eine unzutreffende Behauptung.“ Er habe sowohl beim MfD selbst als auch bei der Leipziger AfD nachgefragt.
Der Presserat teilte diese Einschätzung nicht
„Dass der MfD der AfD nahesteht, lässt sich (…) bereits bei einer einfachen Recherche zum MfD feststellen.“ Den Hintergrund von Organisationen zu prüfen, denen in der eigenen Berichterstattung ein öffentliches Forum geboten werden soll, gehöre zur journalistischen Sorgfaltspflicht der Redaktion. Sei eine Parteinähe feststellbar, so sei dies den Lesern offenzulegen. Außerdem hätte die LVZ ihren Lesern mitteilen sollen, dass die Friseurin das Thema für den Artikel an die Redaktion herangetragen habe.
Weiterhin bemängelte der Presserat, dass die LVZ ihren Lesern die statistische Grundlage für die Behauptung, viele ausgebildete Friseure bezögen Arbeitslosengeld II, vorenthalten habe. Deshalb erteilte der Beschwerdeausschuss einstimmig einen Hinweis. Die LVZ ließ die Entscheidung unbeeindruckt. Tapperts Artikel war bei Redaktionsschluss in unveränderter Form in der Onlineausgabe abrufbar.
Die Antwort von LVZ-Lokalchef Björn Meine auf eine weitere, begleitende L-IZ-Anfrage zum Thema
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Was linkser Journalismus mit Faust Zwo zu tun hat
Leipziger Zeitung Nr. 69, seit Freitag, 19. Juli 2019 im Handel: Frei nach Schiller: Die Gedanken sind nicht frei, wenn Einer nicht den Mut zur Freiheit hat
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